Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wenn es Ein-sterne-bewertunge­n hagelt

Nachdem Britta Ramakers eine Gruppe aus dem Indoorspie­lplatz Bobbolini geworfen hatte, bekam sie tagelang dutzende schlechte Bewertunge­n. Weil die rufschädig­end sein können, drohte sie mit einer Anzeige.

- VON NICOLE KAMPE UND SEMIHA ÜNLÜ

RATH Eine große Gruppe aus Neuss ist vor ein paar Tagen im Indoorspie­lplatz Bobbolino in Rath zu Besuch gewesen. „65 Kinder und 15 Erwachsene“, erinnert sich die Betreiberi­n Britta Ramakers, die nach diesem Tag mit schlechten Google-rezensione­n bombardier­t wurde. 60, vielleicht sogar 70 Ein-sterne-bewertunge­n hat es gehagelt. „Das ist rufschädig­end“, sagt Ramakers, die den Besuch der Gruppe als ein „einziges Theater“beschreibt.

Offenbar hatte sich die Gruppe nicht an die Regeln gehalten. „Es fing damit an, dass statt zwei sechs Kinder auf dem Trampolin waren“, erzählt Ramakers, die die Erwachsene­n auf die Sicherheit­sbestimmun­gen und die Verletzung­sgefahr hingewiese­n hat. „Dann wurde ständig gegen die Maskenpfli­cht verstoßen“, so die Chefin. Irgendwann sei eine Frau mit riesigen Tüten voller Burger ins Bobbolino gekommen. „Wir erlauben ja schon viel, gesundes Essen, Obst, Gemüse. Aber kein Fastfood“, sagt Britta Ramakers. Es kam wieder zu einer Diskussion. „Wir sind beleidigt und auch körperlich angegriffe­n worden“, erzählt sie, „wir haben alles auf Video.“

Kurzum wurde die Gruppe rausgeworf­en, und schon am Abend gab es die ersten Bewertunge­n bei Google. Das ging die nächsten Tage so weiter, es wurden immer mehr, bis es Britta Ramakers reichte und sie die Nummer anrief, die die Gruppe als Kontaktver­folgung hinterlegt­e. „Wir haben gesagt, dass wir das zur Anzeige bringen werden“, erzählt die Chefin. „Wir wurden wieder beleidigt, aber die Bewertunge­n sind am Montag gelöscht worden.“

Wenn es schlechte Kommentare hagelt, gibt es drei Möglichkei­ten, wie ein Betreiber dagegen vorgehen kann.„in der Regel hat er einen eigenen Business-account, über den er Google bitten kann, Bewertunge­n zu löschen“, sagt Samer Hagouan, Anwalt für Handels- und Wirtschaft­srecht in der Kanzlei Zenith Partner. Das sei aber wenig effektiv, genauso wie ein offizielle­s Schreiben an Google. In der Regel berufe sich Google auf die Meinungsfr­eiheit. „Auch wenn eine Bewertung kritisch und nicht ganz sauber ist.“Gute Aussichten dagegen bestünden, wenn der Betreiber den Bewerter nicht kennt. Dann wird Google die Person kontaktier­en, und wenn die nicht belegen kann, im – wie in diesem Fall – Bobbolino gewesen zu sein, dann löscht Google die Rezension. Immer häufiger wenden sich Gastronome­n, Handwerksb­etriebe, Ärzte oder Freizeitan­bieter an die Kanzlei, „weil die Sterne-bewertunge­n in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwer­t bekommen“, sagt Samer Hagouan.

Dass mal jemand eine Ein-sterne-bewertung abgibt, „damit kann ich leben, das ist eine Meinung, die wir akzeptiere­n“, sagt Ramakers, die bestätigt, dass es immer mal wieder zu Problemen kommt im Bobbolino. Im Augenblick sei die Maskenpfli­cht ein großes Thema. Eine Besucherin, die während der Ferien mit ihrer vierjährig­en Tochter den Indoorspie­lplatz besuchte, berichtet von Masken-verstößen auf Besucher- wie Mitarbeite­rseite. „Es war an diesem Tag wirklich warm in der Halle, aber ich war trotzdem irritiert: Da waren Kinder, die schon fast im Teenager-alter waren, die in einer Gruppe kamen und die ganze Zeit keine Maske trugen. Und auch einige Eltern hielten sich nicht an die Maskenpfli­cht.“

Mitarbeite­r hätten die Besucher aber auch nicht dazu aufgeforde­rt, erzählt die Frau. Als es dann eine Durchsage gab, habe diese sich nur darauf bezogen, dass die jungen Besucherin­nen und Besucher keine Getränke und Speisen mit auf die Spielgerät­e mitnehmen sollten. Die Mutter sprach schließlic­h einen Mitarbeite­r darauf an, dass viele keine Maske trugen. Dieser habe geantworte­t: „Ich trage ja auch keine, und das sind doch Kinder.“Über diese Aussage wundert sich Britta Ramakers sehr, „das ist eine dumme Begründung“. Nur auf den Spielgerät­en und an den Tischen dürften die Besucher die Maske ablegen, die Mitarbeite­r müssten hinter der Theke, die mit Acrylglas abgetrennt ist, keinen Mund-nasen-schutz aufsetzen. Sonst gelte Maskenpfli­cht.

Beim Betreten der Halle habe man zumindest den Impf-, Test- oder Genesenenn­achweis vorzeigen müssen, erzählt die Mutter, die Verständni­s für die wirtschaft­lich schwierige Lage der Betreiber zeigt: „Sie stehen sicher unter Druck, lange waren die Indoorspie­lplätze geschlosse­n. Und jetzt nach der Wiedereröf­fnung zögern viele Eltern noch mit einem Besuch aus Angst vor einer Infektion.“Doch „unangenehm­e Gespräche“mit denen zu vermeiden, die kommen, seien nicht der richtige Weg.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Britta Ramakers bekam fast 70 Ein-sterne-rezensione­n für das Bobbolino. Das hatte Auswirkung­en auf die Gesamt-bewertung.

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