Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Was aus der Kapelle der Ulmer Höh' wird
Das Mehrgenerationen-wohnprojekt von Horst Wackerbarth ist gescheitert. Jetzt präsentiert der Investor neue Pläne für das Gebäude.
DERENDORF Es sollte nicht sein. Mehrere Jahre hat die Gruppe um Künstler Horst Wackerbarth dafür gekämpft, in der alten Kapelle auf dem Gelände der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Ulmer Höh' in Derendorf ein Mehrgenerationen-wohnprojekt zu realisieren. Neben gefördertem Wohnraum und Künstlerateliers sollte dort vor allem auch ein großer Kulturraum für Veranstaltungen entstehen. Doch am Ende scheiterte das Projekt an der Ulmenstraße an der Finanzierung, mehr als sieben Millionen Euro hätte eine Umsetzung gekostet. Die erhoffte Förderung vom Bund blieb aus, ein weiterer Geldgeber sprang ab. Irgendwann konnte der Projektentwickler Interboden, der in einem Joint Venture mit dem Hamburg Team auf dem 35.000 Quadratmeter großen Areal mehr als 700 Wohnungen, Büros, Gastronomie, Handel und eine Kita realisieren will, nicht mehr warten.
Die ehemalige Gefängnis-kapelle fiel an Interboden zurück, sie nicht zu bespielen, kam für den Projektentwickler ohnehin nie infrage, steht sie doch nicht nur geografisch im Zentrum der Baufläche, sondern soll vor allem auch zu einem Identifikationsobjekt für das gesamte Bauprojekt „maxfrei“werden. Jetzt hat Interboden ein neues Nutzungskonzept präsentiert. Die Kapelle soll einen Querschnitt aller Bauvorhaben auf dem Gelände widerspiegeln, also sowohl Mietwohnungen als auch geförderten Wohnraum und Gewerbe aufnehmen, Platz für Büros bieten, während auf der untersten Ebene ein Raum für Veranstaltungen entstehen soll – mit garantiert öffentlichem Zugang, unterstreicht Interboden. „Alle Anforderungen in diesem Quartier werden sich in der Kapelle wiederfinden. Wir haben dieses geschichtsträchtige Gebäude schon immer gesondert gesehen und wollten es dementsprechend auch einer angemessenen Nutzung zuführen“, sagt Projektleiterin Marion Schaub.
Auch wenn aktuell kein Denkmalschutz vorliegt, liege es im Interesse des Projektentwicklers, die Kapelle so zu erhalten, wie sie ist. „Möglicherweise werden Teile unter Denkmalschutz gestellt werden, aber sicher nicht das gesamte Gebäude“, sagt Schaub. Die bestehenden Gewölbestrukturen sollen erhalten bleiben, „und der Wohnungsbau muss darin Platz finden. Man kann hier nicht beliebig irgendwelche Türen und Wände einziehen, das muss schon alles genau geplant werden“, so Schaub. Die äußere Gestalt und Raumstruktur des Kirchenschiffs sollen auf jeden Fall erhalten bleiben, „die Raumwirkung bleibt erlebbar“, verspricht die Projektleiterin.
Fünf Ebenen gilt es zu besetzen, wobei besonders die Entwicklung
VISUALISIERUNG: INTERBODEN/HAMBURG TEAM
VISUALISIERUNG: BLOOMIMAGES in der obersten Etage spannend zu werden verspricht. Dort soll eine Art Großraumbüro realisiert werden, wobei auch der Spitzboden noch Raum bietet für eine Wohnnutzung. Wer sich heute ganz oben in der Kapelle die alte Holzbalkenkonstruktion unter dem Dach anschaut, kann sich so etwas jedenfalls nur schwer vorstellen.
Interboden will sich darüber hinaus bemühen, Dinge von historischem Wert wie Schilder oder alte Türen zu erhalten und nach Möglichkeit gar in den Umbau zu integrieren. „Wir sind uns des besonderen Auftrags, den wir hier erhalten haben, bewusst“, betont Schaub. Aufgrund der Insellage der Kapelle soll mit dem Bau zeitnah begonnen werden, „wir wollen noch Ende des Jahres den Bauantrag einreichen“, sagt Marion Schaub.
Insgesamt geht sie inzwischen von einer Fertigstellung des Quartiers Ende 2024/Anfang 2025 aus, das lange Warten auf die Baugenehmigungen hätten den Fahrplan etwas durcheinander gebracht. Neben dem geplanten Wohnraum ist Interboden besonders stolz auf das Konzept für die 168 vollmöblierten Studentenapartments mit einer Größe von 24 Quadratmetern inklusive eigenem Badezimmer. Sie erhalten ein eigenes Farbkonzept, zudem trägt jedes Apartment anstelle einer neutralen Nummer den Namen eines Nobelpreisträgers.
Die festgelegte Miethöhe beträgt 257 Euro zuzüglich Nebenkosten. Es soll eine eigene Fahrradgarage mit mehr als 200 Stellplätzen geben. Außerdem soll die Maxfrei-studenten-app modernsten Ansprüchen der Kommunikation genügen, etwa Raum- und Waschmaschinenbuchung oder Türöffnung via Handy ermöglichen. Die Studenten sollen ihre Unterkunft auch selbst verwalten und die Bewohner selber aussuchen. Sie sollen zudem als Verein eigene Einnahmen generieren und das Geld für die Gemeinschaft ausgeben können, für Anschaffungen oder auch eine Party. Es soll einen Kinoraum und eine Gemeinschaftsküche geben. Im Innenhof sind Hängematten und Slacklines vorgesehen. Gewünscht ist zudem, dass sich je nach Interesse Sportoder Kulturgruppen bilden können.
Insgesamt sollen auf dem Gelände der ehemaligen Ulmer Höh' mehr als 700 Wohnungen entstehen, die sich in rund 200 freifinanzierte und circa 350 geförderte Wohnungen sowie die 168 geförderten Studentenapartments aufteilen. Hinzu kommen 15.400 Quadratmeter Gewerbefläche für Büro, Einzelhandel und Gastronomie. Das Projekt „maxfrei“(der Name ist eine Anspielung an die maximale Freiheit, die man in dem neuen Quartier im Gegensatz zur ursprünglichen Nutzung genießt) ist in insgesamt vier Baufelder unterteilt.