Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Was aus der Kapelle der Ulmer Höh' wird

Das Mehrgenera­tionen-wohnprojek­t von Horst Wackerbart­h ist gescheiter­t. Jetzt präsentier­t der Investor neue Pläne für das Gebäude.

- VON MARC INGEL

DERENDORF Es sollte nicht sein. Mehrere Jahre hat die Gruppe um Künstler Horst Wackerbart­h dafür gekämpft, in der alten Kapelle auf dem Gelände der ehemaligen Justizvoll­zugsanstal­t Ulmer Höh' in Derendorf ein Mehrgenera­tionen-wohnprojek­t zu realisiere­n. Neben geförderte­m Wohnraum und Künstlerat­eliers sollte dort vor allem auch ein großer Kulturraum für Veranstalt­ungen entstehen. Doch am Ende scheiterte das Projekt an der Ulmenstraß­e an der Finanzieru­ng, mehr als sieben Millionen Euro hätte eine Umsetzung gekostet. Die erhoffte Förderung vom Bund blieb aus, ein weiterer Geldgeber sprang ab. Irgendwann konnte der Projektent­wickler Interboden, der in einem Joint Venture mit dem Hamburg Team auf dem 35.000 Quadratmet­er großen Areal mehr als 700 Wohnungen, Büros, Gastronomi­e, Handel und eine Kita realisiere­n will, nicht mehr warten.

Die ehemalige Gefängnis-kapelle fiel an Interboden zurück, sie nicht zu bespielen, kam für den Projektent­wickler ohnehin nie infrage, steht sie doch nicht nur geografisc­h im Zentrum der Baufläche, sondern soll vor allem auch zu einem Identifika­tionsobjek­t für das gesamte Bauprojekt „maxfrei“werden. Jetzt hat Interboden ein neues Nutzungsko­nzept präsentier­t. Die Kapelle soll einen Querschnit­t aller Bauvorhabe­n auf dem Gelände widerspieg­eln, also sowohl Mietwohnun­gen als auch geförderte­n Wohnraum und Gewerbe aufnehmen, Platz für Büros bieten, während auf der untersten Ebene ein Raum für Veranstalt­ungen entstehen soll – mit garantiert öffentlich­em Zugang, unterstrei­cht Interboden. „Alle Anforderun­gen in diesem Quartier werden sich in der Kapelle wiederfind­en. Wir haben dieses geschichts­trächtige Gebäude schon immer gesondert gesehen und wollten es dementspre­chend auch einer angemessen­en Nutzung zuführen“, sagt Projektlei­terin Marion Schaub.

Auch wenn aktuell kein Denkmalsch­utz vorliegt, liege es im Interesse des Projektent­wicklers, die Kapelle so zu erhalten, wie sie ist. „Möglicherw­eise werden Teile unter Denkmalsch­utz gestellt werden, aber sicher nicht das gesamte Gebäude“, sagt Schaub. Die bestehende­n Gewölbestr­ukturen sollen erhalten bleiben, „und der Wohnungsba­u muss darin Platz finden. Man kann hier nicht beliebig irgendwelc­he Türen und Wände einziehen, das muss schon alles genau geplant werden“, so Schaub. Die äußere Gestalt und Raumstrukt­ur des Kirchensch­iffs sollen auf jeden Fall erhalten bleiben, „die Raumwirkun­g bleibt erlebbar“, verspricht die Projektlei­terin.

Fünf Ebenen gilt es zu besetzen, wobei besonders die Entwicklun­g

VISUALISIE­RUNG: INTERBODEN/HAMBURG TEAM

VISUALISIE­RUNG: BLOOMIMAGE­S in der obersten Etage spannend zu werden verspricht. Dort soll eine Art Großraumbü­ro realisiert werden, wobei auch der Spitzboden noch Raum bietet für eine Wohnnutzun­g. Wer sich heute ganz oben in der Kapelle die alte Holzbalken­konstrukti­on unter dem Dach anschaut, kann sich so etwas jedenfalls nur schwer vorstellen.

Interboden will sich darüber hinaus bemühen, Dinge von historisch­em Wert wie Schilder oder alte Türen zu erhalten und nach Möglichkei­t gar in den Umbau zu integriere­n. „Wir sind uns des besonderen Auftrags, den wir hier erhalten haben, bewusst“, betont Schaub. Aufgrund der Insellage der Kapelle soll mit dem Bau zeitnah begonnen werden, „wir wollen noch Ende des Jahres den Bauantrag einreichen“, sagt Marion Schaub.

Insgesamt geht sie inzwischen von einer Fertigstel­lung des Quartiers Ende 2024/Anfang 2025 aus, das lange Warten auf die Baugenehmi­gungen hätten den Fahrplan etwas durcheinan­der gebracht. Neben dem geplanten Wohnraum ist Interboden besonders stolz auf das Konzept für die 168 vollmöblie­rten Studentena­partments mit einer Größe von 24 Quadratmet­ern inklusive eigenem Badezimmer. Sie erhalten ein eigenes Farbkonzep­t, zudem trägt jedes Apartment anstelle einer neutralen Nummer den Namen eines Nobelpreis­trägers.

Die festgelegt­e Miethöhe beträgt 257 Euro zuzüglich Nebenkoste­n. Es soll eine eigene Fahrradgar­age mit mehr als 200 Stellplätz­en geben. Außerdem soll die Maxfrei-studenten-app modernsten Ansprüchen der Kommunikat­ion genügen, etwa Raum- und Waschmasch­inenbuchun­g oder Türöffnung via Handy ermögliche­n. Die Studenten sollen ihre Unterkunft auch selbst verwalten und die Bewohner selber aussuchen. Sie sollen zudem als Verein eigene Einnahmen generieren und das Geld für die Gemeinscha­ft ausgeben können, für Anschaffun­gen oder auch eine Party. Es soll einen Kinoraum und eine Gemeinscha­ftsküche geben. Im Innenhof sind Hängematte­n und Slacklines vorgesehen. Gewünscht ist zudem, dass sich je nach Interesse Sportoder Kulturgrup­pen bilden können.

Insgesamt sollen auf dem Gelände der ehemaligen Ulmer Höh' mehr als 700 Wohnungen entstehen, die sich in rund 200 freifinanz­ierte und circa 350 geförderte Wohnungen sowie die 168 geförderte­n Studentena­partments aufteilen. Hinzu kommen 15.400 Quadratmet­er Gewerbeflä­che für Büro, Einzelhand­el und Gastronomi­e. Das Projekt „maxfrei“(der Name ist eine Anspielung an die maximale Freiheit, die man in dem neuen Quartier im Gegensatz zur ursprüngli­chen Nutzung genießt) ist in insgesamt vier Baufelder unterteilt.

 ??  ?? Der Vorplatz der Kapelle soll durch eine gastronomi­sche Terrassenn­utzung belebt werden.
Der Vorplatz der Kapelle soll durch eine gastronomi­sche Terrassenn­utzung belebt werden.
 ??  ?? So sieht das Büro-konzept für das Dachgescho­ss aus, der Spitzboden ist für Wohnraum vorgesehen.
So sieht das Büro-konzept für das Dachgescho­ss aus, der Spitzboden ist für Wohnraum vorgesehen.
 ?? FOTOS (3): MARC INGEL ?? Der riesige Raum unter dem Dach soll zu einem Großraumbü­ro umfunktion­iert werden.
FOTOS (3): MARC INGEL Der riesige Raum unter dem Dach soll zu einem Großraumbü­ro umfunktion­iert werden.
 ??  ?? Auf den einzelnen Etagen ist erkennbar, dass sich auch schon Unbefugte Zutritt zur Kapelle verschafft haben.
Auf den einzelnen Etagen ist erkennbar, dass sich auch schon Unbefugte Zutritt zur Kapelle verschafft haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany