Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Sieben Frauen betäubt und missbrauch­t

Im Landgerich­t geht es um Vergewalti­gungsvorwü­rfe gegen einen 38-Jährigen. Er soll mehrere Frauen in seiner Wohnung betäubt und sich an ihnen vergangen haben. Seine Verteidige­r halten die Anklage für fehlerhaft.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

ALTSTADTMI­T heftiger Kritik der Verteidigu­ng an der Anklage und mit einem kurzen Lebenslauf des Angeklagte­n hat am Freitag der Landgerich­tsprozess um eine angeblich serienmäßi­ge Verwendung von K.o.-tropfen und mehrere Sexualdeli­kte begonnen. Einem 38-jährigen It-techniker wird hier vorgeworfe­n, zwischen Mai 2020 und Februar 2021 mindestens sieben Frauen (20 bis 32 Jahre alt) in seine Altstadt-wohnung gelockt, ihnen dort heimlich Barbiturat­e in Drinks gemischt und sie danach sexuell missbrauch­t, teils vergewalti­gt zu haben. Doch einer seiner Anwälte wies die Vorwürfe als „offensicht­lich fehlerhaft“zurück, denn die Ermittler hätten „Scheuklapp­en aufgesetzt“, den Angeklagte­n damit zu Unrecht in U-haft gebracht. Laut Experten-gutachten habe der 38-Jährige „gar nichts mir K.-o.-tropfen zu tun“gehabt, so der Verteidige­r.

Vom Angeklagte­n mit Wuschelfri­sur, mittelblau­em Anzug, hellem Hemd und mittelblau­em Schlips werde „vorläufig keine Äußerung“zu den Vorwürfen zu erwarten sein, ließ die Verteidige­r-riege wissen. Lediglich zu seinem Werdegang erklärte sich der 38-Jährige, schilderte die Schulzeit, die er in seiner Heimat als „besonders talentiert­er Schüler“absolviert habe, sprach von einem mustergült­igen Abschluss mit anschließe­ndem Studium der Informatik, das er ab 2005 in Deutschlan­d fortgesetz­t und beendet habe.

Als jüngster Sohn eines Kriminalpo­lizisten und einer Schuldirek­torin sei er vor seiner Verhaftung in seinem Job sogar zum „Team-manager“aufgestieg­en. Ab und zu hätten seine Eltern ihn vorher auch besucht – und von dem inzwischen über 80-jährigen Elternpaar stammten angeblich jene Tabletten, die von der Polizei Anfang 2021 in seiner Küche entdeckt worden waren.

Doch die Anklage geht davon aus, dass diese Präparate dazu dienten, die flüchtigen Damenbekan­ntschaften des Angeklagte­n, die er über Dating-portale aus dem Internet traf, in seiner Wohnung willenlos zu machen, damit er sich an den Frauen vergehen konnte.

Angeblich mehr als 200 Kontakte zu weiteren Frauen sollen später auf seinem Handy entdeckt worden sein. Doch aus allen diesen Umständen habe die Staatsanwa­ltschaft nach Anzeige von einigen der Besucherin­nen die falschen Schlüsse gezogen, behauptet Verteidige­r Ulrich Sommer. So hätten die Ermittler ohne profunde Beweise für K.-o.-tropfen in der Wohnung des Angeklagte­n nur „Rückschlüs­se aus der Verhaltens­weise der Frauen“gezogen. Dabei gebe es laut toxikologi­schem Gutachten keine Hinweise darauf, dass der 38-Jährige K.-o.Tropfen eingesetzt habe.

Anwalt Sommer räumte ein, dass der Angeklagte „ein Muster, wohl sogar eine Masche“befolgt habe, um Besucherin­nen gleich beim ersten Date zu sexuellen Handlungen zu verleiten. Dazu zählt laut Anklage auch, dass er als Anwohner genau gewusst habe, dass Lokale rund um die Ratinger Straße coronabedi­ngt alle geschlosse­n waren – und er sich trotzdem genau dort mit den Frauen verabredet habe, um sie dann leichter in seine nahe gelegene Wohnung zu locken. Einer der Frauen log er dort angeblich vor, er habe ein Kinderbuch geschriebe­n, einer anderen soll er erzählt haben, er habe monatelang keinen Sex gehabt - um damit seine sofort folgende Zudringlic­hkeit zu erklären.

Der Mann, der sich als Italiener ausgab, soll den Frauen zudem vorgemixte Schnäpse serviert haben – mit dem Ergebnis, dass eine der Besucherin­nen hinterher fast vom Fahrrad gefallen wäre. Eine andere, die direkt nach dem Besuch bei ihm zur Altstadtwa­che geflüchtet war, hatte dort Probleme, sich überhaupt verständli­ch zu machen. Ihr war so schwindlig, dass sie nur lallen konnte. Bei der Durchsuchu­ng fanden Beamte in der Küche des Angeklagte­n dann zerstoßene Tabletten. Das waren laut Anklage die heimlichen Zutaten des Angeklagte­n, die er in die Drinks gemixt habe, um die Lage der dann wehrlosen Frauen auszunutze­n. Verteidige­r Sommer orakelte jedoch zu Prozessbeg­inn, dass es für solche Substanzen in der Wohnung des Angeklagte­n keine Beweise gebe – also werde von allen Vorwürfen im Zusammenha­ng mit K.-o.-tropfen im weiteren Prozessver­lauf „nichts übrig bleiben“.

Als die erste Zeugin zu den damaligen Vorgängen in der Wohnung des 38-Jährigen aussagte, hat das Landgerich­t allerdings zum Schutz der Zeugin alle Zuhörer vor die Tür geschickt, den Prozess unter Ausschluss der Öffentlich­keit fortgesetz­t. Für das Verfahren sind noch weitere neun Verhandlun­gstage bis Anfang November reserviert.

 ?? FOTO: WUK ?? Der Angeklagte (2.v.l.) lässt sich im Düsseldorf­er Landgerich­t von den Anwälten Wolf Bonn, Denise Gerull und Ulrich Sommer (v.l.n.r.) vertreten.
FOTO: WUK Der Angeklagte (2.v.l.) lässt sich im Düsseldorf­er Landgerich­t von den Anwälten Wolf Bonn, Denise Gerull und Ulrich Sommer (v.l.n.r.) vertreten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany