Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Es ist nichts gut in Afghanistan
Wiedergutmachen können wir nichts. Es muss darum gehen, es besser zu machen.
Nichts ist gut in Afghanistan“, hat Margot Käßmann vor elf Jahren gesagt. Und dafür viel Kritik bekommen. Sehr viel. Weil sich in Afghanistan doch so viel verbessert habe und weil sich komplexe politische Themen nicht auf einen Satz reduzieren lassen. In diesen Tagen merken hoffentlich auch ihre größten Kritiker: Sie hatte recht. Und hoffentlich wird ihnen angesichts der derzeitigen Lage in Afghanistan mindestens genau so unwohl wie damals, als sie sich über diesen Satz aufgeregt haben. „Wir schaffen das“, hat Angela Merkel vor sechs Jahren gesagt. Viele wünschen sich in diesen Tagen von der Bundesregierung, dass sie es wieder wie 2015 macht. Ja, das wäre schön, wenn sie nochmal motivieren könnte. Aber wenn die Bundesregierung es wieder wie damals macht, dann polarisiert sie auch. Und dann fühlen sich viele Menschen in unserem Land wieder darin bestätigt, dass die Regierung sie vergessen hat.
Ist es nicht immer noch so? Hat sich nicht wenig geändert seitdem? Es ist nichts gut in Afghanistan, und es ist wenig gut in Deutschland, wo immer weniger Menschen die Pandemie-regeln verstehen, Familien mit der Quarantäne ihrer Kinder allein gelassen werden, in Nordrhein-westfalen manche Stadt nach den Ferien über Lüftungsfilter für Klassenzimmer nachdenkt – und was macht eigentlich die Hochwasserhilfe?
Wir können die Zeit weder zurückdrehen noch Vergangenes wiederholen. Und schon gar nicht kann wieder gutgemacht werden, dass die Bundesregierung schon immer den Afghanistan-einsatz verteidigt hat. Auch nach vielen Gesprächen mit Frau Käßmann. Ich wünsche mir, dass sie es dieses Jahr alles besser hinbekommt. Ich weiß auch, dass ich selber so wenig dafür tun kann. Aber ich kann zum Beispiel die Hände falten.
„Beten heißt, Gott den Sack vor die Füße werfen“, hat Martin Luther mal gesagt. Also bete ich: Bitte hol eine Arche raus für alle, und Verstand, Mut und Liebe für alle mit Verantwortung. Wir brauchen gute Nachrichten!
Pfarrerin Friederike Lambrich ist Leiterin der Evangelischen Kirchengemeinde Lövenich. Sie wechselt sich mit der Benediktinerin Philippa Rath, Rabbi Jehoschua Ahrens und dem Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide wöchentlich ab.