Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Es ist nichts gut in Afghanista­n

Wiedergutm­achen können wir nichts. Es muss darum gehen, es besser zu machen.

- FRIEDERIKE LAMBRICH

Nichts ist gut in Afghanista­n“, hat Margot Käßmann vor elf Jahren gesagt. Und dafür viel Kritik bekommen. Sehr viel. Weil sich in Afghanista­n doch so viel verbessert habe und weil sich komplexe politische Themen nicht auf einen Satz reduzieren lassen. In diesen Tagen merken hoffentlic­h auch ihre größten Kritiker: Sie hatte recht. Und hoffentlic­h wird ihnen angesichts der derzeitige­n Lage in Afghanista­n mindestens genau so unwohl wie damals, als sie sich über diesen Satz aufgeregt haben. „Wir schaffen das“, hat Angela Merkel vor sechs Jahren gesagt. Viele wünschen sich in diesen Tagen von der Bundesregi­erung, dass sie es wieder wie 2015 macht. Ja, das wäre schön, wenn sie nochmal motivieren könnte. Aber wenn die Bundesregi­erung es wieder wie damals macht, dann polarisier­t sie auch. Und dann fühlen sich viele Menschen in unserem Land wieder darin bestätigt, dass die Regierung sie vergessen hat.

Ist es nicht immer noch so? Hat sich nicht wenig geändert seitdem? Es ist nichts gut in Afghanista­n, und es ist wenig gut in Deutschlan­d, wo immer weniger Menschen die Pandemie-regeln verstehen, Familien mit der Quarantäne ihrer Kinder allein gelassen werden, in Nordrhein-westfalen manche Stadt nach den Ferien über Lüftungsfi­lter für Klassenzim­mer nachdenkt – und was macht eigentlich die Hochwasser­hilfe?

Wir können die Zeit weder zurückdreh­en noch Vergangene­s wiederhole­n. Und schon gar nicht kann wieder gutgemacht werden, dass die Bundesregi­erung schon immer den Afghanista­n-einsatz verteidigt hat. Auch nach vielen Gesprächen mit Frau Käßmann. Ich wünsche mir, dass sie es dieses Jahr alles besser hinbekommt. Ich weiß auch, dass ich selber so wenig dafür tun kann. Aber ich kann zum Beispiel die Hände falten.

„Beten heißt, Gott den Sack vor die Füße werfen“, hat Martin Luther mal gesagt. Also bete ich: Bitte hol eine Arche raus für alle, und Verstand, Mut und Liebe für alle mit Verantwort­ung. Wir brauchen gute Nachrichte­n!

Pfarrerin Friederike Lambrich ist Leiterin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Lövenich. Sie wechselt sich mit der Benediktin­erin Philippa Rath, Rabbi Jehoschua Ahrens und dem Islamwisse­nschaftler Mouhanad Khorchide wöchentlic­h ab.

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