Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Corona muss in den Wahlkampf
Die Pandemie wird den Herbst dominieren – und sollte daher jetzt Thema sein.
Im Restaurant sitzen, bummeln, ins Museum gehen, Kaffee trinken, die Seele in Parks und die Beine am Wasser baumeln lassen – der Sommer war herrlich. Allen Masken zum Trotz. Im politischen Berlin nahm die Zahl der Präsenztermine wieder zu, Kanzler- und andere Kandidaten konnten live und vor Ort beobachtet werden, was der politischen Berichterstattung guttut. Es geht alles wieder seinen gewohnten Gang. Und doch überschattet die bange Frage „Wie wird das alles weitergehen?“den Spätsommer. Pläne werden geschmiedet, stets versehen mit dem Zusatz: Wenn es denn möglich ist. Dieses Fragezeichen ergibt sich mit Blick auf rasant steigende Infektionszahlen und R-werte. Und hier liegt der Knackpunkt, auch im Wahlkampf. Es gibt eine Waffe gegen die Pandemie in diesem Herbst. Es gibt einen Impfstoff, zugelassen und kostenlos für alle ab zwölf Jahren aufwärts.
Es ist die Aufgabe der Politik, diesen Impfstoff an die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung zu bringen. Warum wird im Wahlkampf eigentlich so wenig darüber diskutiert? Alle versprechen, dass es keinen Lockdown mehr geben wird – muss man dann nicht auch denen, die sich nicht impfen lassen wollen, entgegenhalten, dass auf sie der Druck bewusst zunehmen wird? Natürlich kann Deutschland eine hohe Anzahl von Kranken bestmöglich behandeln und zum Alltag übergehen. Wenn aber eine große Zahl derjenigen, die sich nicht impfen lassen, doch früher oder später erkrankt – wie soll es dann weitergehen? Wir reden über viele Millionen Menschen. Die Grünen-kandidatin tat am Wochenende nun einen ersten vorsichtigen Schritt. Es könne dazu kommen, dass man „über die Frage weiterer Impfpflichten in einzelnen Berufsgruppen“sprechen müsse, sagte Annalena Baerbock. Es ist sehr zu hoffen, dass die Moderatoren der drei Tv-debatten, in denen sich die Bewerberin und die Bewerber ums Kanzleramt live miteinander messen, die Pandemie und ihre Lösung zum großen Thema machen. Beim Thema Impfen muss jeder Farbe bekennen.
Unsere Autorin ist Leiterin des Berliner Parlamentsbüros. Sie wechselt sich hier mit ihrem Stellvertreter Jan Drebes und Elisabeth Niejahr, der Geschäftsführerin der Hertie-stiftung, ab.