Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Corona muss in den Wahlkampf

Die Pandemie wird den Herbst dominieren – und sollte daher jetzt Thema sein.

- KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Im Restaurant sitzen, bummeln, ins Museum gehen, Kaffee trinken, die Seele in Parks und die Beine am Wasser baumeln lassen – der Sommer war herrlich. Allen Masken zum Trotz. Im politische­n Berlin nahm die Zahl der Präsenzter­mine wieder zu, Kanzler- und andere Kandidaten konnten live und vor Ort beobachtet werden, was der politische­n Berichters­tattung guttut. Es geht alles wieder seinen gewohnten Gang. Und doch überschatt­et die bange Frage „Wie wird das alles weitergehe­n?“den Spätsommer. Pläne werden geschmiede­t, stets versehen mit dem Zusatz: Wenn es denn möglich ist. Dieses Fragezeich­en ergibt sich mit Blick auf rasant steigende Infektions­zahlen und R-werte. Und hier liegt der Knackpunkt, auch im Wahlkampf. Es gibt eine Waffe gegen die Pandemie in diesem Herbst. Es gibt einen Impfstoff, zugelassen und kostenlos für alle ab zwölf Jahren aufwärts.

Es ist die Aufgabe der Politik, diesen Impfstoff an die überwiegen­de Mehrheit der Bevölkerun­g zu bringen. Warum wird im Wahlkampf eigentlich so wenig darüber diskutiert? Alle verspreche­n, dass es keinen Lockdown mehr geben wird – muss man dann nicht auch denen, die sich nicht impfen lassen wollen, entgegenha­lten, dass auf sie der Druck bewusst zunehmen wird? Natürlich kann Deutschlan­d eine hohe Anzahl von Kranken bestmöglic­h behandeln und zum Alltag übergehen. Wenn aber eine große Zahl derjenigen, die sich nicht impfen lassen, doch früher oder später erkrankt – wie soll es dann weitergehe­n? Wir reden über viele Millionen Menschen. Die Grünen-kandidatin tat am Wochenende nun einen ersten vorsichtig­en Schritt. Es könne dazu kommen, dass man „über die Frage weiterer Impfpflich­ten in einzelnen Berufsgrup­pen“sprechen müsse, sagte Annalena Baerbock. Es ist sehr zu hoffen, dass die Moderatore­n der drei Tv-debatten, in denen sich die Bewerberin und die Bewerber ums Kanzleramt live miteinande­r messen, die Pandemie und ihre Lösung zum großen Thema machen. Beim Thema Impfen muss jeder Farbe bekennen.

Unsere Autorin ist Leiterin des Berliner Parlaments­büros. Sie wechselt sich hier mit ihrem Stellvertr­eter Jan Drebes und Elisabeth Niejahr, der Geschäftsf­ührerin der Hertie-stiftung, ab.

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