Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Viele neue Firmen trotz Corona-krise
Die staatlichen Hilfen haben 2020 einen Einbruch bei der Zahl der Neugründungen verhindert.
DÜSSELDORF Auch dank staatlicher Hilfsleistungen sind im vergangenen Jahr in Deutschland mehr Firmen gegründet als aufgegeben worden, und die Zahl der Neugründungen ist auch kaum niedriger gewesen als unmittelbar vor dem Ausbruch der Corona-krise. „Die ausgezahlten Wirtschaftshilfen, die erweiterte Kurzarbeiter-regelung sowie die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Zahl der Gründungen 2020 nicht eingebrochen ist“, erklärt Patrik-ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.
Nach einer gemeinsamen Untersuchung von Creditreform und dem Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW sind 2020 knapp 164.500 Unternehmen neu an den Start gegangen. Dem gegenüber stehen 156.000 Schließungen, etwa wegen Geschäftsaufgabe, oder weil die
Unternehmen Insolvenz angemeldet haben. Ungeachtet der Corona-krise sei die Zahl der Unternehmen im vergangenen Jahr leicht auf knapp 3,3 Millionen gestiegen, erklärten Creditreform und das ZEW.
Allerdings ist die Entwicklung über das Jahr hinweg sehr unterschiedlich, und es haben auch nicht alle Branchen vom Gründerboom profitiert. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war die Zahl der Gründungen noch relativ klein gegenüber den Vorjahren, im Sommer und Herbst dagegen überproportional hoch.
Was die einzelnen Wirtschaftsbereiche betrifft: Während Hightech, technologieorientierte Dienstleistungen sowie der Versand- und Internethandel starke Zuwächse bei den Unternehmenszahlen verzeichnen, gab es deutlich weniger neue Firmen beispielsweise für konsumnahe Dienstleistungen (Gastgewerbe, Friseure, Kinos), im stationären Handel (Hantzsch: „der große Verlierer“) und im Baugewerbe. Da allerdings nicht, weil die Branche in der Krise wäre – im Gegenteil:„aufgrund der hohen Nachfrage nach Handwerkerleistungen waren die Beschäftigungsmöglichkeiten in dieser Branche so gut, dass es nur zu wenigen Notgründungen kam“, erklärt Studienautorin Sandra Gottschalk vom ZEW. Wer in den vergangenen Monaten einen Handwerker gesucht hat und womöglich lange auf einen Termin warten musste, wird das bestätigen.
Die Zahl der Neugründungen lag im vergangenen Jahr nur unwesentlich unter der von 2019 – einem Jahr, das so viele neue Firmen hervorgebracht hatte wie seit 2013 nicht mehr. Und was passiert, wenn die Pandemie irgendwann hinter uns liegt? „Sollte die neue Bundesregierung ein Infrastruktur- und Konjunkturpaket auf den Weg bringen, dürfte das vor allem zu zahlreichen Gründungen im Hightech- und Technologiebereich führen“, erwartet Creditreform-experte Hantzsch.