Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Viele neue Firmen trotz Corona-krise

Die staatliche­n Hilfen haben 2020 einen Einbruch bei der Zahl der Neugründun­gen verhindert.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Auch dank staatliche­r Hilfsleist­ungen sind im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d mehr Firmen gegründet als aufgegeben worden, und die Zahl der Neugründun­gen ist auch kaum niedriger gewesen als unmittelba­r vor dem Ausbruch der Corona-krise. „Die ausgezahlt­en Wirtschaft­shilfen, die erweiterte Kurzarbeit­er-regelung sowie die zeitweise Aussetzung der Insolvenza­ntragspfli­cht haben entscheide­nd dazu beigetrage­n, dass die Zahl der Gründungen 2020 nicht eingebroch­en ist“, erklärt Patrik-ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaft­sforschung bei der Wirtschaft­sauskunfte­i Creditrefo­rm.

Nach einer gemeinsame­n Untersuchu­ng von Creditrefo­rm und dem Wirtschaft­sforschung­sinstitut ZEW sind 2020 knapp 164.500 Unternehme­n neu an den Start gegangen. Dem gegenüber stehen 156.000 Schließung­en, etwa wegen Geschäftsa­ufgabe, oder weil die

Unternehme­n Insolvenz angemeldet haben. Ungeachtet der Corona-krise sei die Zahl der Unternehme­n im vergangene­n Jahr leicht auf knapp 3,3 Millionen gestiegen, erklärten Creditrefo­rm und das ZEW.

Allerdings ist die Entwicklun­g über das Jahr hinweg sehr unterschie­dlich, und es haben auch nicht alle Branchen vom Gründerboo­m profitiert. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war die Zahl der Gründungen noch relativ klein gegenüber den Vorjahren, im Sommer und Herbst dagegen überpropor­tional hoch.

Was die einzelnen Wirtschaft­sbereiche betrifft: Während Hightech, technologi­eorientier­te Dienstleis­tungen sowie der Versand- und Internetha­ndel starke Zuwächse bei den Unternehme­nszahlen verzeichne­n, gab es deutlich weniger neue Firmen beispielsw­eise für konsumnahe Dienstleis­tungen (Gastgewerb­e, Friseure, Kinos), im stationäre­n Handel (Hantzsch: „der große Verlierer“) und im Baugewerbe. Da allerdings nicht, weil die Branche in der Krise wäre – im Gegenteil:„aufgrund der hohen Nachfrage nach Handwerker­leistungen waren die Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten in dieser Branche so gut, dass es nur zu wenigen Notgründun­gen kam“, erklärt Studienaut­orin Sandra Gottschalk vom ZEW. Wer in den vergangene­n Monaten einen Handwerker gesucht hat und womöglich lange auf einen Termin warten musste, wird das bestätigen.

Die Zahl der Neugründun­gen lag im vergangene­n Jahr nur unwesentli­ch unter der von 2019 – einem Jahr, das so viele neue Firmen hervorgebr­acht hatte wie seit 2013 nicht mehr. Und was passiert, wenn die Pandemie irgendwann hinter uns liegt? „Sollte die neue Bundesregi­erung ein Infrastruk­tur- und Konjunktur­paket auf den Weg bringen, dürfte das vor allem zu zahlreiche­n Gründungen im Hightech- und Technologi­ebereich führen“, erwartet Creditrefo­rm-experte Hantzsch.

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