Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Eine Entschuldigung wäre angebracht
Es war im April dieses Jahres, als Angela Merkel zu einer der stärksten rhetorischen Waffen einer Regierungschefin griff: Die Bundeskanzlerin bat bei den Bürgerinnen und Bürgern um Entschuldigung. Vorausgegangen waren eine missglückte Ministerpräsidentenkonferenz und der Beschluss einer sogenannten Osterruhe zur Bekämpfung der Corona-pandemie. Nun steht das Desaster in Afghanistan, ein Weltereignis, wahrlich in keinem Verhältnis zu einer national verpatzten Lockdown-idee. Die Entschuldigung, sie kam damals gut an, wäre aber politisch betrachtet nicht nötig gewesen.
Bei der Frage, warum deutsche Behörden und Ministerien nicht schon früher damit begonnen haben, eine größere Zahl an Ortskräften aus Afghanistan auszufliegen, geht es um viel mehr. Diese Fehleinschätzung wird aller Voraussicht nach Menschenleben kosten. Die Kanzlerin verteidigte im Bundestag die späte Entscheidung der Bundesregierung zur Evakuierung vieler Ortskräfte. „Hinterher, im Nachhinein alles genau zu wissen und exakt vorherzusehen, das ist relativ mühelos“, sagte Merkel. Doch die Entscheidung habe in der damaligen Situation getroffen werden müssen, erlaubte sie sich eine „persönliche Anmerkung“.
Nun, stimmt. Das gilt aber für viele politische, gerade außenpolitische Entscheidungen. Merkels Erklärung ist sehr universell. Man mag argumentieren, dass man stärker auf die afghanische Regierung und ihre Truppen gesetzt hatte. Wohl wahr. Aber die Zerstrittenheit der Ministerien hierzulande war der entscheidende Hemmschuh. Die deutsche Bilanz des gesamten Einsatzes ist ernüchternd: 59 tote Soldaten, hohe Kosten, falsche Versprechen. Auf der Haben-seite vielleicht eine stabilere Sicherheitslage über Jahre hinweg. Für all dies hätte die Kanzlerin in diesem Dilemma um Entschuldigung bitten können – und müssen. BERICHT DIE PERSÖNLICHE SEITE DES DEBAKELS, POLITIK