Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Es grummelt in der Unionsfrak­tion

Die „epidemisch­e Lage“gilt nach dem Bundestags­beschluss weiter. Kontrovers­en gab es bei CDU und CSU.

- VON JAN DREBES

BERLIN Dem Beschluss zur Verlängeru­ng der „epidemisch­en Lage von nationaler Tragweite“durch den Bundestag am Mittwochab­end ist eine heftige Debatte vorausgega­ngen. Der Vorsitzend­e des Gesundheit­sausschuss­es, Erwin Rüddel (CDU), hatte zuvor im Deutschlan­dfunk angekündig­t, dem Vorhaben trotz anfänglich­er Bedenken doch zuzustimme­n. Die Grundlage habe sich geändert, weil die Bundesregi­erung nunmehr den Inzidenzwe­rt als entscheide­nden Maßstab aus dem Infektions­schutzgese­tz streichen wolle. Damit sei der Grundstock für eine Normalisie­rung gelegt. Der Inzidenzwe­rt habe keine Aussagekra­ft mehr, sagte Rüddel. Deshalb halte er es für richtig, nunmehr die Rate der Krankenhau­saufenthal­te heranzuzie­hen, wie es die große Koalition plant.

Die „epidemisch­e Lage von nationaler Tragweite“ist Basis für viele Maßnahmen der Länder, wie Maskenpfli­cht oder Kontaktbes­chränkunge­n. Ohne den Beschluss wäre sie Ende September ausgelaufe­n.

FDP, Grüne und Linke wollten die Verlängeru­ng nicht mittragen. Ihre

Anträge sahen keine Verlängeru­ng vor. Auch in der Union hatte sich nach Informatio­nen des „Handelsbla­tts“vor der Sitzung Widerstand formiert. Im Fraktionsv­orstand hätten sich am vergangene­n Freitag die stellvertr­etenden Vorsitzend­en Carsten Linnemann und Gitta Connemann (beide CDU) sowie Bundestags­vizepräsid­ent Hans-peter Friedrich (CSU) dagegen ausgesproc­hen. Demnach argumentie­rten die Abgeordnet­en, mehr als die Hälfte der Menschen sei geimpft. Nun werde immer wieder eine neue Impfquote ausgerufen oder auf Mutationen verwiesen, um Grundrecht­seingriffe zu rechtferti­gen.

Führende Intensivme­diziner warnten davor, den Inzidenzwe­rt aus den Augen zu verlieren. „Wir befinden uns wieder im exponenzie­llen Wachstum der Infektione­n und auch der schweren Erkrankung­en“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Internisti­sche Intensivme­dizin und Notfallmed­izin, Christian Karagianni­dis: „Das Signal, das vom Streichen des Inzidenzwe­rts 50 ausgeht, ist kritisch. Ein Dreiklang aus Inzidenzen, Krankenhau­sfällen und Intensivbe­ttenbelegu­ng ist wichtig.“

Auch die Debatte ums Impfen bekommt neuen Schwung. Denn nun will die Lufthansa eine Impfpflich­t für Crews einführen. Man wolle mit den Personalve­rtretungen über eine Vereinbaru­ng verhandeln, die eine Impfung zur Voraussetz­ung für den fliegerisc­hen Einsatz mache, sagte eine Sprecherin. Das werde nur für das fliegende Personal gelten – nicht für die Fluggäste.

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FOTO: DPA Eine Intensivst­ation für Corona-kranke in Thüringen.

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