Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Ich sehe, dass es Spitz auf Knopf steht“

WOLFGANG SCHÄUBLE (CDU) Mehr Autorität geht nicht: Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (78) fordert angesichts der Umfragen von der Union jetzt Disziplin und volle Unterstütz­ung für Armin Laschet.

- HAGEN STRAUSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Schäuble, wenn Sie an den Wahltag am 26. September denken, beschleich­t Sie dann ein ungutes Gefühl?

SCHÄUBLE Ich lese auch Meinungsum­fragen. Ich sehe, dass es Spitz auf Knopf steht. Aber dann kämpft man. Jetzt müssen wir in der Union uns um unseren Kanzlerkan­didaten scharen, ihn unterstütz­en und ihn nicht durch Sticheleie­n schwächen. Wir müssen erklären, warum er der richtige Kanzler für Deutschlan­d ist.

Das könnte schwierig werden. In einer ersten Umfrage liegt die SPD bereits vorne.

SCHÄUBLE Es gibt schönere und weniger schöne Umfragen. Aber im Wahlkampf sollte man nicht nur auf Umfragen schauen. Wir haben mit unserem Programm und unserem Kandidaten das beste Angebot für die nächsten vier Jahre. Und bei der Union passt der Kandidat auch zum Parteiprog­ramm.

Was meinen Sie denn konkret? SCHÄUBLE Armin Laschet polarisier­t nicht, sondern führt. Wenn ich mir die aufgeregte­n Zeiten anschaue, in denen sich innerhalb von Tagen der Hype gerade in den sozialen Netzwerken ändern kann, dann braucht es so jemanden. Dann muss man unaufgereg­t erklären, dass mehr Klimaschut­z nur mit einer leistungsf­ähigen Wirtschaft funktionie­rt. Das eine ist Bedingung für das andere. Dann muss man auch nicht über Steuerhöhu­ngen reden, sondern über Innovation. Unser Land braucht jemanden, der nicht ausgrenzt, sondern möglichst viele einbindet und zusammenfü­hrt. Dass er das kann, beweist unser Kandidat als starker Ministerpr­äsident in Nordrhein-westfalen.

Was Sie skizzieren, nennt CSU

Chef Markus Söder Schlafwage­n, mit dem man nicht ins Kanzleramt kommt. Braucht Armin Laschet mehr Wumms?

SCHÄUBLE Die Deutsche Bahn hat doch ihre Schlafwage­n schon lange ausgemuste­rt. Im Ernst: Es braucht keinen Wumms, sondern Solidität und klare Kante in der Sache. Die Lage des Landes und der Welt ist ernst: Der Westen ist gerade in Afghanista­n gescheiter­t; es ist in diesem Zusammenha­ng übrigens eine gute Nachricht, dass sich mit der Wehrbeauft­ragten jetzt auch eine prominente Sozialdemo­kratin dafür ausspricht, zur Sicherheit unserer Soldaten die Bundeswehr für ihre gefährlich­en Einsätze mit bewaffnete­n Drohnen auszustatt­en. Die SPD verweigert das bislang. Wir haben darüber hinaus im eigenen Land eine Flutkatast­rophe erlebt, die wir uns so nicht hätten vorstellen können. Und auch die Pandemie ist eine Erfahrung, die wir noch nie gemacht haben. Wir benötigen jetzt eine Politik, die das Ganze im Blick behält und überzeugen­de Lösungen anbietet. Dafür stehen die Union und ihr Kandidat.

Müssen Sie dann nicht zumindest Markus Söder aufrufen, seine Grätschen zu unterlasse­n?

SCHÄUBLE Markus Söder kennt meine Meinung. Auf dem Weg zur Entscheidu­ng in Sachen Kanzlerkan­didatur hat jede und jeder in der Union demokratis­ch für seine Überzeugun­g gekämpft. Sie wissen, ich bin mit Friedrich Merz befreundet. Und ich habe für ihn damals als Parteichef geworben. Aber die CDU hat anders votiert. Ich halte mich an die Prinzipien der Demokratie. Wenn CDU und CSU entschiede­n haben, muss man die Entscheidu­ng gemeinsam vertreten.

Spielen Sie auf Forderunge­n nach einem Wechsel des Kanzlerkan­didaten an?

SCHÄUBLE Ich halte die Forderung für ganz falsch. Die Union hat mit Abstand das beste Angebot. Das müssen wir im Wahlkampf geschlosse­n klarmachen.

Welche Strategie braucht die Union jetzt im Wahlkampf?

SCHÄUBLE Wir müssen den Menschen die Wahrheit sagen: Die Zeiten sind schwierig. Es gibt viele Probleme im Land, die wir bewältigen müssen und werden. Zugleich sehe ich außenpolit­ische Herausford­erungen, die wir nur in den Griff bekommen, wenn wir Europa einiger und handlungsf­ähiger machen; wenn wir das atlantisch­e Bündnis stärken und die Lehren aus unserem Scheitern in Afghanista­n ziehen. Unsere Stärke als Union ist, dass wir nicht nur ein Thema anpacken, sondern dass wir ein breites Angebot für alle Themen haben. Das unterschei­det uns von den anderen.

Mit wem wollen Sie denn die Vorhaben nach der Wahl umsetzen? SCHÄUBLE Wir machen jetzt Wahlkampf. Unser Ziel muss sein, mit möglichst großem Abstand stärkste Fraktion zu werden. Danach werden wir mit den anderen demokratis­chen Parteien reden.

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