Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Die Deutschen sind bei uns willkommen“

GREG HANDS Der britische Handelsmin­ister über mehr Freiheiten im Personenve­rkehr mit der EU und seine ganz persönlich­e Beziehung zu NRW.

- MARTIN KESSLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Minister, was empfinden Sie als „very british“in Nordrhein-westfalen?

HANDS Alles.

Oh, geht es auch konkreter?

HANDS Das fängt bei der Gründung des Landes 1946 an und hört beim 75. Geburtstag vor ein paar Tagen noch längst nicht auf. Ich habe mich gefreut, als Vertreter der britischen Regierung an den Feierlichk­eiten teilnehmen zu dürfen und mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Ministerpr­äsident Armin Laschet zu reden. Beide sind ausgesproc­hen pro-britisch.

Hat Großbritan­nien das Bindestric­h-land geprägt?

HANDS Das kann man wohl sagen – und auch umgekehrt sind viele Einflüsse aus Nordrhein-westfalen in Großbritan­nien sichtbar. Die Rheinarmee im Land war ein wichtiges Bindeglied. Ich selbst war als Luftwaffen­kadett einmal in Wildenrath bei Mönchengla­dbach zu Besuch. Die britische Popkultur wurde in NRW schnell heimisch, die wirtschaft­lichen und technologi­schen Beziehunge­n sind sehr eng.

Die Briten haben den Deutschen Demokratie und Europa beigebrach­t. Jetzt hat Ihr Land die EU verlassen. Ein schwerer Fehler? HANDS Die Frage ist entschiede­n, ich selbst war für einen Verbleib. Aber der Brexit hat den guten Beziehunge­n zwischen beiden Ländern nicht geschadet. Und der Handel, der kurzzeitig eingebroch­en war, hat sich gut erholt.

Die Wirtschaft hier macht sich trotzdem große Sorgen. Zeichnen Sie nicht ein zu positives Bild? HANDS Es bleibt noch viel zu tun, richtig. Wir arbeiten gerade an einer neuen Handelsstr­ategie und machen uns Gedanken darüber, wie wir Hinderniss­e beseitigen können – im beiderseit­igen Interesse. Auch die deutsche Seite unternimmt hier einiges. Mit Nrw-wirtschaft­sminister Pinkwart haben wir eine Zusammenar­beit bei erneuerbar­en Energien und der Wasserstof­ftechnolog­ie vereinbart. Aber noch einmal: Allein im Juni hat sich der Handel zwischen Großbritan­nien und Deutschlan­d um ungefähr elf Prozent gegenüber 2020 verbessert. Und Sie dürfen nicht vergessen, dass vor allem die Corona-pandemie die Wirtschaft in der ganzen Welt und damit auch die deutsch-britischen Handelsbez­iehungen stark beeinträch­tigt hat.

Ab Oktober gibt es Einfuhrkon­trollen an der Grenze. Können denn Personen aus Deutschlan­d weiterhin frei nach Großbritan­nien einund ausreisen?

HANDS Die Beziehunge­n Großbritan­niens zur Welt werden nach nationalen Interessen gestaltet. Dass Menschen aus Deutschlan­d sich so frei wie möglich in Großbritan­nien bewegen können, liegt in unserem Interesse. Und in diese Richtung gestalten wir auch das neue Einwanderu­ngsrecht.

Können Sie Freizügigk­eit garantiere­n?

HANDS Es gibt eine große Bereitscha­ft, Menschen aus der EU – gerade auch aus Deutschlan­d – unter den neuen Umständen bei uns arbeiten und wohnen zu lassen. Aber Großbritan­nien bestimmt die Regeln. Eine völlige Freizügigk­eit gibt es nach den neuen Verträgen nicht mehr. Das ist der Unterschie­d zu früher. Ich gehe aber davon aus, dass unsere Zusammenar­beit und das Miteinande­r in Zukunft noch enger werden als bisher – trotz Brexit.

Ist nicht gerade der Personenve­rkehr über die Grenze besonders wichtig?

HANDS Die Begegnunge­n der Menschen – egal ob wirtschaft­lich, touristisc­h oder kulturell – sind entscheide­nd. Zurzeit sind sie noch immer vor allem durch die Corona-pandemie gestört. Aber das wird sich bessern. Die Deutschen sind willkommen in Großbritan­nien. Und ich glaube, umgekehrt auch.

Der nächste Bundeskanz­ler könnte aus NRW kommen. Sehen Sie darin einen Vorteil?

HANDS Wer die neue Bundesregi­erung stellt, ist allein Sache der deutschen Wählerinne­n und Wähler. Ich kenne Herrn Ministerpr­äsidenten Laschet persönlich gut, und ein Bundeskanz­ler Laschet würde sicher den Austausch neu beleben. Aber auch die beiden anderen Kandidaten Olaf Scholz und Annalena Baerbock schätzen eine enge Partnersch­aft zwischen uns. Ich mache mir keine Sorgen wegen des Wahlausgan­gs. Egal wie es kommt, es bleibt noch einiges zu tun.

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FOTO: IMAGO Minister Greg Hands.

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