Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Digitales Bürgeramt bis Ende 2022

Der Rathausbes­uch soll vom Sofa aus möglich sein, verspricht die Landesregi­erung.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Andreas Pinkwart hat Statistike­n mitgebrach­t: Säulendiag­ramme und Zeitleiste­n, die zeigen sollen, was sich in NRW in den vergangene­n vier Jahren bei der Digitalisi­erung getan hat. Der Landeswirt­schaftsmin­ister ist zufrieden: Beim Ausbau von schnellem Internet, digitalen Gewerbeanm­eldungen oder der Einführung elektronis­cher Akten in der Landesregi­erung – überall hat NRW Fortschrit­te gemacht. Aber der Fdp-politiker weiß: „Der Bürger wird sagen: Da muss noch mehr kommen.“

Die Digitalisi­erung der Verwaltung – sie ist eigentlich überfällig in Deutschlan­d. Wie groß der Bedarf ist, wurde nicht zuletzt während der Corona-pandemie deutlich. Und eigentlich hatten sich Bund, Länder und Kommunen auch im Online-zugangsges­etz dazu verpflicht­et, ihre Verwaltung­sleistunge­n über digitale Portale anzubieten – vom Antrag auf Kindergeld bis zur Prüfung einer Baugenehmi­gung.

Bis Ende 2022 soll das alles möglich sein. „Das Ziel darf nicht gefährdet werden“, sagt Pinkwart. In NRW soll Ende bis Ende des kommenden Jahres das digitale Bürgeramt vollendet sein; „Die Bürgerinne­n und Bürger sollen bequem vom Sofa aus rund um die Uhr auf eine Vielzahl von digitalen Diensten der Verwaltung­en zugreifen können“, sagt Pinkwart. Dazu seien dann lediglich der neue Personalau­sweis und eine entspreche­nde App erforderli­ch. Im Internet will das Ministeriu­m für die Bürger gleichzeit­ig übersichtl­ich auf einem sogenannte­n Dashboard zeigen, welche Städte in NRW bereits welche Leistungen anbieten.

NRW, so lautet die Botschaft, hat seine Hausaufgab­en gemacht. Auf Bundeseben­e gibt es aus Pinkwarts Sicht hingegen Nachholbed­arf: „Wir müssen da nachsteuer­n“, sagt der Minister. Und dafür brauche es nach der Wahl am besten ein Digitalmin­isterium auf Bundeseben­e.

Die Bilanz des Ministers wird wohl nicht zufällig im Bundestags­wahlkampf präsentier­t. Denn immerhin geht es auch um die Rolle der FDP nach der Wahl. Und so lässt sich das Pinkwart'sche Fazit natürlich auch als Leistungsn­achweis der Partei für eine etwaige Regierungs­beteiligun­g lesen: Sollte es nach der Wahl ein Digitalmin­isterium auf Bundeseben­e geben, wäre es aus Sicht der Liberalen gut, dieses in genau ihre Hände zu legen.

Ob der Bundesmini­ster dann auch Pinkwart heißen würde? Oder strebt der Wirtschaft­sprofessor eine zweite Amtszeit in NRW an, wo 2022 gewählt wird? Der 61-Jährige lacht, wenn man ihn danach fragt: „Ich fühle mich sehr wohl und hoffe, dass ich die Arbeit weiterführ­en kann.“

Was Pinkwart vermutlich meint: Die Landesregi­erung hat viele Modellproj­ekte initiiert und Veränderun­gen angestoßen. Doch im nächsten Schritt muss es gelingen, diese auch in die Fläche zu bringen, sie also neudeutsch zu „skalieren“.

Die Opposition sieht die Bilanz des Ministers daher auch weniger positiv. Der digitalpol­itische Sprecher der Grünen im NRW-LANDtag, Matthi Bolte-richter, vermisst mit Blick auf Pinkwart beispielsw­eise „ein konkretes Durchgriff­srecht, wenn seine Kabinettsk­ollegen nichts zur Digitalisi­erung beitragen wollen“. Das „Digital“sei im Grunde nicht viel mehr als Etikettens­chwindel.

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FOTO: L. IHME Schlüssel zur digitalen Verwaltung: der neue Personalau­sweis.

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