Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Prozess um Martyrium eines Siebenjährigen
In Wuppertal steht ein Mann vor Gericht, der den Sohn seiner Freundin furchtbar gequält haben soll.
DÜSSELDORF/ WUPPERTAL Er soll den Kopf eines Kindes mit der Schranktür eingeklemmt haben. Nachts soll er den damals Siebenjährigen stundenlang an ein Geländer gefesselt und gezwungen haben, sein Erbrochenes zu essen. Schläge mit Gürtel und Zollstock, eiskalte Duschen – was die Anklage einem heute 40-jährigen Solinger vorwirft, war schon beim bloßen Zuhören schwer zu ertragen.
Minutenlang reihte die Staatsanwältin einen Vorwurf an den nächsten – die Straftaten sollen sich 2017 in Wohnungen in Solingen und Düsseldorf zugetragen haben. Damals sei der Angeklagte mit der Mutter des Opfers liiert gewesen, im Haushalt soll auch noch eine Tochter der Frau gelebt haben. Die Misshandlungen sollen sich über Monate hingezogen und darin gegipfelt haben, dass der Stiefvater den Kopf des Jungen ins Toilettenbecken gedrückt und die Wc-spülung betätigt habe.
Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, hat der mittlerweile Elfjährige ein furchtbares Martyrium hinter sich. Da der Angeklagte die Taten größtenteils bestreitet, wird der Junge als Zeuge gehört werden müssen. Das scheint der Stiefvater ihm auch nicht ersparen zu wollen, der 40-Jährige suchte vor Gericht Schutz hinter seiner eigenen, tränenreichen Einlassung. Immer wieder griff der Mann zum Taschentuch, als es um die unerträglichen Dinge ging, die er dem Sohn seiner
Lebensgefährtin angetan haben soll.
Er habe wegen einer Gastritis einmal die Toilette länger besetzt und dem Jungen deshalb gesagt, er solle in einen Messbecher urinieren. Das sei alles gewesen, keine Rede davon, dass das Kind den Urin habe trinken müssen. Auch gebe es die Videos nicht, auf denen er angeblich einige der Taten gefilmt haben soll. Nur die Sache mit den Gürtelschlägen räumte er ein, um dann erneut in Tränen auszubrechen. Er sei streng und diszipliniert mit dem Jungen gewesen, und dieser sei sogar in der Schule gelobt worden wegen seiner Rechenkünste. Zuvor soll der 40-Jährige aber laut Anklage den Siebenjährigen zuhause mit Aufgabenzetteln traktiert haben. Am Ende der Aussage wieder Tränen, er habe sich allein gelassen und mit den Kindern der Lebensgefährtin überfordert gefühlt.
Sollte auch nur ein Teil dessen stimmen, was der Angeklagte dem Gericht über die Familiensituation berichtete, wirft das auch kein gutes Licht auf die Mutter. Ständig habe es Ärger mit deren Sohn gegeben, weil der Kinder in der Schule und auf der Straße verprügelt habe. Der Angeklagte selbst habe nach eigener Aussage inmitten der Streitigkeiten das Jugendamt informieren wollen, was die Frau mit den Worten „Mir kommt kein Amt ins Haus“verhindert habe. Was sich in dem am Wuppertaler Landgericht verhandelten Fall wie abgespielt hat, muss nun die Beweisaufnahme klären, die bis in den September dauern soll.