Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Seehofer hält eine Warnpflicht für notwendig
Nach der Flutkatastrophe im Juli herrscht – unabhängig von der Schuldfrage – Einigkeit darüber, dass Verbesserungen dringend nötig sind.
BERLIN Nach einer Sondersitzung des Innenausschusses im Bundestag hat sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für klarere Vorgaben und einheitliche Regeln beim Katastrophenschutz ausgesprochen. Es sei wichtig, dass bei einem Schadensereignis der höchsten Gefahrenstufe „eine Warnung der Bevölkerung ausgelöst werden muss und nicht nur kann“, sagte der Csu-politiker am Donnerstag in Berlin. Nordrhein-westfalens
Innenminister Herbert Reul (CDU), der zu der nicht-öffentlichen Sondersitzung per Video zugeschaltet war, sagte nach Angaben von Teilnehmern, er sehe unter anderem Verbesserungsbedarf bei der Vernetzung von Hochwasser- und Katastrophenschutz sowie bei der Einbindung ziviler Helfer.
Der Ausschuss war zu der Sondersitzung zusammengekommen, um über die Folgen der schweren Hochwasserkatastrophe in NRW und Rheinland-pfalz Mitte Juli zu beraten. Roger Lewentz (SPD), Innenminister von Rheinland-pfalz, habe im Ausschuss eine dramatische Bilanz für sein Land vorgelegt, berichteten Teilnehmer: 134 Tote (von insgesamt 183), 766 Verletzte, 8800 zerstörte Häuser, 75 zerstörte Brücken, 62 davon vollständig.
Nach der Katastrophe wurde schnell Kritik am Warnsystem laut. Konkrete Angaben zu seiner eigenen Rolle während des Unwetters am 14. Juli machte Lewentz am Donnerstag nicht. Laut Teilnehmern der Sitzung verwies der SPDPolitiker auf eine mögliche Untersuchung der Ereignisse im Landtag von Rheinland-pfalz sowie auf die laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und ein weiteres Mitglied des Krisenstabs. Der Katastrophenalarm soll im Landkreis Ahrweiler erst sehr spät ausgelöst worden sein.
Seehofer forderte angesichts dessen wieder einen stärkeren Fokus auf Sirenen. Diese müssten überall verfügbar sein, so der Csu-politiker. Der Bund hatte vor der Flutkatastrophe ein Förderprogramm von 88 Millionen Euro bewilligt. Seehofer rechnet nun mit höheren Kosten. Reul und Lewentz waren jedoch einig, an dem Prinzip, dass die Lage im Katastrophenfall in den Gemeinden vor Ort eingeschätzt wird, nicht rütteln zu wollen.
Kritik am Auftritt der Innenminister kam vom innenpolitischen Sprecher der Fdp-fraktion, Konstantin Kuhle. Er sagte: „Angesichts der hohen Anzahl an Todesopfern und bei zunehmenden Extremwetterereignissen in Deutschland dürfen sich
Bund und Länder nicht weiter dagegen stemmen, grundsätzlich über die föderale Aufgabenverteilung beim Thema Katastrophenschutz nachzudenken.“
Enttäuscht zeigte sich auch Ausschussmitglied Canan Bayram. „Die Sitzung des Innenausschusses war insgesamt wenig ergiebig“, sagte die aus Nettetal am Niederrhein stammende Grünen-politikerin. Das Thema der Elementarversicherungspflicht beispielsweise werde die nächste Bundesregierung beschäftigen müssen, so Bayram.