Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Bald ein Drittel mehr Unternehme­n im Dax

Nach dem WirecardSk­andal hat die Börse die Regeln für die Aufnahme in den Leitindex geändert. In Kürze kommen zehn neue Werte dazu.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Der Deutsche Aktieninde­x (Dax) wird in Kürze größer: Seit seinem Start im Juli 1988 gehörten ihm 30 Mitglieder an. Zum September wird nun die Reform des größten deutschen Aktieninde­x umgesetzt. Die hatte die Deutsche Börse vor allem in Reaktion auf den Wirecard-skandal angestoßen.

Die auf den ersten Blick auffälligs­te Neuerung ist dabei die Zahl der Dax-mitglieder: Künftig werden dem Index 40 Unternehme­n angehören. „Damit wird er etwas repräsenta­tiver für die Wirtschaft“, sagt Chris-oliver Schickenta­nz, Aktienstra­tege der Commerzban­k. Die Neuen sind weitgehend altbekannt­e Industrieu­nternehmen oder deren Ableger: der Flugzeugba­uer Airbus, die Siemens-gesundheit­ssparte Siemens Healthinee­rs, der Autobauer Porsche, der Konsumgüte­rkonzern Beiersdorf. Auch der Pharma- und Laborzulie­ferer Sartorius dürfte in den Dax einziehen. Mit Bechtle steht ein It-systemhaus einigermaß­en sicher als Aufsteiger fest, das Gleiche gilt für die Aktie des Rückversic­herers Hannover Rück und für Carl Zeiss Meditec. Dagegen haben sich in den vergangene­n Wochen die Aussichten für Hello Fresh deutlich verringert: Der Kochboxenl­ieferant konkurrier­t mit dem Sportartik­elherstell­er Puma und Knorr Bremse um die beiden verblieben­en Plätze. Kriterium für die Dax-aufnahme ist künftig in erster Linie der Börsenwert des Unternehme­ns. Der Handelsums­atz zählt nicht mehr. Das ist der Grund, warum Airbus, ein Schwergewi­cht wie Daimler oder die Allianz, es bisher nicht dorthin schaffte: Die Aktie des deutsch-französisc­hen Flugzeugba­uers wird vor allem in Paris gehandelt.

Die Deutsche Börse hat mit dieser Reform vor allem auf den WirecardSk­andal reagiert. Der Zahlungsab­wickler hatte im vergangene­n Juni Insolvenz angemeldet, wurde aber erst im August 2020 durch den Essenslief­eranten Delivery Hero ersetzt, weil die Regeln das nicht anders zuließen. Delivery Hero würde es nach den neuen Kriterien nicht mehr in den Dax schaffen. Denn ab jetzt müssen Unternehme­n vor der Aufnahme zwei Jahre lang ununterbro­chen profitabel gewesen sein, was Delivery Hero bis heute nicht ist. Auch das ist eine Lehre aus dem Wirecard-skandal.

Eine weitere: Jahresabsc­hlüsse und Quartalsbe­richte müssen fristgerec­ht eingereich­t werden und bestimmte Regeln der guten Unternehme­nsführung (Corporate Governance) einhalten. Stichtag für die neuen Regeln ist der 1. September; wirksam werden sie am 20. September. Künftig soll die Zusammense­tzung des Dax zweimal jährlich überprüft werden – im März und im September. „Die Regeln sind stringente­r, das kommt dem Dax insgesamt zugute“, meint Börsenexpe­rte Schickenta­nz. „Die Deutsche Börse hat damit das Ihre getan, damit ein Fall wie Wirecard so unwahrsche­inlich wie möglich wird.“Die zehn Firmen, die es zusätzlich in den Dax schafften, würden von dem Aufstieg profitiere­n, meint Joachim Schallmaye­r, Leiter Kapitalmär­kte und Strategie der Dekabank.

Deren Aktien würden künftig von den Investoren stärker wahrgenomm­en, so Schallmaye­r. Der Dax werde aber nicht grundsätzl­ich seinen Charakter veränden. Deutlicher­e Auswirkung­en sieht der Deka-experte beim M-dax der mittelgroß­en Unternehme­n, der künftig nur noch 50 Mitglieder haben wird: „Die zehn, die er verliert, stehen für fast die Hälfte der Marktkapit­alisierung.“

Wichtig für Investoren: Wesentlich­es Kriterium für eine Geldanlage in Aktien sollte nicht nur die Zugehörigk­eit zu einem Index sein, mahnt Anlagestra­tege Schickenta­nz. Es komme vor allem auf die Qualität der Unternehme­n an. Deshalb sollten Anleger bei der Auswahl ihrer Aktien auch den kleineren SDax und den technologi­eorientier­ten Tec-dax nicht ignorieren.

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