Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Vodafone gibt das Homeoffice frei
Auch im Café oder im Ausland darf gearbeitet werden. Das Büro soll jedoch gleichzeitig ein Ort für persönliche Begegnungen bleiben.
Die Beschäftigten können ab 1. Oktober auch im Ausland oder im Café arbeiten. Doch auch das Büro soll noch einen Zweck erfüllen.
DÜSSELDORF Die 16.000 Mitarbeiter von Vodafone Deutschland können ab 1. Oktober frei über ihren Arbeitsort entscheiden. CEO Hannes Ametsreiter informierte die Angestellten gemeinsam mit dem Betriebsrat am Montag in einem Videocall über die neue Regelung. Quoten für eine Präsenzpflicht im Büro gibt es künftig nicht mehr. Bis zur Pandemie war maximal 50 Prozent Homeoffice erlaubt. Wie unsere Redaktion exklusiv erfuhr, werden die Arbeitnehmer nun frei entscheiden können, wie viel Zeit sie im Büro oder an einem anderen Arbeitsort verbringen wollen.
„Wir müssen begreifen, dass Teamgeist und Produktivität nicht an einen Ort gebunden sind, sondern an eine Einstellung. Und dass Motivation nur dort entsteht, wo Vertrauen und freies Denken gelebt werden“, sagt Ametsreiter. Offizielle Anmelde- oder Freigabeprozesse sind nicht vorgesehen, eine – auch kurzfristig von Woche zu Woche mögliche – formlose Absprache mit Team und Leitung über den Arbeitsort sollen ausreichen. Das Homeoffice muss keineswegs Zuhause eingerichtet sein, auch ein Café ist als Arbeitsort denkbar. Lediglich an Vorgaben zum Datenschutz müssen sich dann die Mitarbeiter halten. An 20 Tagen pro Jahr kann sogar aus dem Eu-ausland gearbeitet werden.
Ametsreiter betont, dass das Konzept „im Schulterschluss“mit dem Betriebsrat und auf Grundlage von Umfragen in der Mitarbeiterschaft entwickelt worden sei. Die Ergebnisse hätten sehr deutlich gezeigt, dass mehr Flexibilität und Möglichkeiten für Homeoffice gewünscht seien. „Für uns zählt der Mensch mit seinen Bedürfnissen. Um ihn dreht sich unsere flexible, digitale und zeitgerechte Arbeitswelt“, sagt Hannes Ametsreiter. Vodafone, das bereits vor Jahren auf weitreichende Homeoffice-regelungen setzte, sieht sich weiterhin als Vorreiter. So will sich der Konzern mit Sitz in Düsseldorf, wo es rund 5000 Angestellte gibt, nicht zuletzt als attraktiver Arbeitgeber präsentieren.
Als Abschied von den Büros an den Standorten des Unternehmens will Vodafone sein Modell „Full Flex Office“allerdings nicht verstehen. So hätten die Umfragen auch ergeben, dass der persönliche Austausch unter den Kollegen sehr wichtig sei. Auch der Campus in Düsseldorf soll deshalb keinesfalls aufgegeben werden. Durch Umbauten soll die Vielzahl von Einzelschreibtischen zum Teil durch Elemente wie mehr Sitzecken oder Kreativräume ohne Konferenztisch ersetzt werden.
Die Leitung eines Teams soll möglichst einvernehmliche Lösungen mit den Kollegen anstreben, in begrenztem Maße sind im Konfliktfall auch Vorgaben für Präsenzzeiten möglich, etwa für besondere Veranstaltungen oder einen festen Tag pro Woche. Zur Herausforderung wird für die Teams, wenn sich ein Teil für mehr, ein anderer für weniger Bürozeit im Unternehmen entscheiden sollte. Mehr hybride Formen des Austauschs werden aus Sicht von Vodafone nötig sein, wodurch etwa in einem Meeting die Kollegen aus dem Homeoffice der Runde im Büro zugeschaltet werden.
Ausgenommen von der Freiheit zum Homeoffice sind lediglich Arbeiten, die an bestimmte Orte gebunden sind, was etwa für Mitarbeiter in den Shops oder Techniker, die zu Reparaturen ausrücken müssen, gilt.
Für alle anderen kündigt Vodafone Investitionen für die Ausstattung des Arbeitsplatzes daheim an. Inklusivleistungen sind neben dem Laptop eine Tastatur samt Maus, ein Monitor sowie ein ergonomischer Bürostuhl. Und: Vodafone finanziert den Internetanschluss zu Hause ab Oktober komplett.
Die Verträge mit den Mitarbeitern müssen laut Vodafone nicht neu geschlossen werden, da der Dienstsitz bleibe. Der Versicherungsschutz fürs Homeoffice (Unfall) gilt nun ohne zeitliche und räumliche Einschränkungen auch fürs Private.
Doch wie sind im Homeoffice eigentlich noch Karrieresprünge möglich? Und wie muss sich Führung auf die veränderten Arbeitsbedingungen einstellen? Als Antwort auf diese Fragen bietet Vodafone nun Schulungsprogramme an. Ein Jahr lang werden sich Führungskräfte mit dem Thema „Führungskultur beim flexiblen Arbeiten“auseinandersetzen.
Für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter bietet das Unternehmen nicht nur Rabatte für Sportanbieter, sondern mit der Initiative „Be kind to yourself“auch konkrete Hilfestellung für das Selbstmanagement.