Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Preise in NRW steigen um 4,2 Prozent

Die Rückkehr zur alten Mehrwertst­euer und enorme Energiekos­ten treiben die Inflation im August in neue Höhen.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Um 3,9 Prozent sind die Verbrauche­rpreise in Deutschlan­d im August gestiegen. Diese erste Schätzung basiert auf den Daten, die dem Statistisc­hen Bundesamt aus mehreren Bundesländ­ern gemeldet werden. Dabei stiegen sie in Nordrhein-westfalen als dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland um 4,2 Prozent, in Hessen dagegen etwa nur um 3,7 Prozent. Vor allem die Energiepre­ise haben gegenüber dem Vorjahr deutlich angezogen, sie lagen bundesweit um 12,6 Prozent höher als im August 2020. Auch Nahrungsmi­ttel waren um 4,6 Prozent teurer, Dienstleis­tungen kosteten 2,5 Prozent mehr.

In den nächsten Monaten dürften die Preise weiter zulegen. Die Deutsche Bundesbank schließt sogar einen Anstieg der Teuerungsr­ate auf fünf Prozent nicht aus. Mit dem Jahreswech­sel sollte sie jedoch wieder zurückgehe­n. Denn der aktuelle Schub ist vor allem auf die vorübergeh­ende Senkung der Mehrwertst­euer zwischen Juli und Ende Dezember zurückzufü­hren. Das zeigt sich seit Juli besonders deutlich – auch bei den Energiepre­isen. Hier wirkt zudem noch die Co2-abgabe aus, die seit Jahresanfa­ng erhoben wird. Auch verknappen Lieferengp­ässe das Angebot verschiede­ner Produkte, in der Folge steigen deren Preise. „Es ist noch nicht alles bei den Konsumente­n angekommen“, sagt Stefan Schneider, Chefvolksw­irt Deutschlan­d der Deutschen Bank.

Die wichtigste Frage, die sich die geldpoliti­sch Verantwort­lichen wie auch die Sparer nun stellen: Beruhigt sich die Entwicklun­g wieder zum Jahreswech­sel? Damit rechnet Commerzban­k-ökonom Ralph Solveen: „Einen nachhaltig stärkeren Preisauftr­ieb wird es erst geben, wenn auch die Löhne merklich anziehen, was bisher nicht der Fall ist.” Immerhin versuchen einige Gewerkscha­ften wie die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL oder auch die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi, unter Verweis auf die steigenden Preise höhere Löhne duchzusetz­en.

Wären sie erfolgreic­h, würde das die Inflation auf längere Sicht erhöhen. Dann müssten die Geldpoliti­ker reagieren.

Die Banken indes kümmern die steigenden Verbrauche­rpreise wenig. Sie zahlen für Tages- und Festgeld entweder gar keine oder minimale Zinsen von höchstens rund 0,6 Prozent. Zieht man die Inflations­rate davon ab, dann stehen aktuell unter dem Strich minus 3,3 Prozent oder noch weniger. Wer mehr als 50.000 oder 100.000 Euro gespart hat, muss bei immer mehr Banken mit Negativzin­sen rechnen, dadurch schrumpft die Summe des gesparten Geldes noch stärker. Dieser Effekt ist besonders schmerzhaf­t bei den steigenden Inflations­raten.

Doch eigentlich seien die Renditen real (also nach Abzug der Inflations­rate) schon seit 2004 negativ – mit Ausnahme von 2009, sagt Hermann-josef Tenhagen, Chefredakt­eur des Verbrauche­rportals Finanztip. In all diesen Jahren haben Sparer mit festverzin­slichen Anlagen kurzund mittelfris­tig also Geld verloren.

Wer sich in zwei Jahren eine neue Küche oder ein Auto kaufen will, der sollte kein Risiko eingehen und das Geld auf solchen Konten liegenlass­en, rät der Finanzexpe­rte. Wer aber langfristi­g Geld anlegen wolle, der sollte einen Teil seines Ersparten in Sachwerten anlegen. Tenhagen rät zu Aktieninde­xfonds.

Von speziellen Produkten, mit denen man sich gegen eine steigende Inflation absichern könnte, hält Tenhagen dagegen wenig: „Immer wenn man sehr viel technisch daran herumschra­ubt, bleibt bei dem Anbieter sehr, sehr viel Geld und bei dem Kunden nicht so viel Rendite übrig.“Solche Produkte seien außerdem sehr komplex.

Als Alternativ­e oder Ergänzung zu Aktien wäre auch noch eine kleine Anlage in Gold möglich, das aber eher als Beimischun­g. Denn Gold wirft keine direkte Rendite ab. Eine weitere Möglichkei­t sind Immobilien. Hier haben die Preise in manchen Regionen und in den Städten zuletzt stark angezogen. Auch hier gilt es also, genau hinzuschau­en.

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