Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die blaue Blume erblüht in Frankfurt

Mitte September eröffnet das weltweit einzige Museum, das sich ganz der Epoche der Romantik verschrieb­en hat.

- VON RENATE KORTHEUER-SCHÜRING

FRANKFURT Es ist ein Haus, das seinesglei­chen sucht: Das neue Deutsche Romantik-museum ist weltweit das einzige, das sich der Romantik als Epoche widmet. Und der Wert seiner bisher im Keller des GoetheHaus­es verwahrten Schätze – darunter Handschrif­ten von Novalis, Brentano und Eichendorf­f – ist kaum zu beziffern. Nun sollen sie endlich präsentier­t werden. Nach fünfjährig­er Bauzeit und pandemiebe­dingten Verzögerun­gen öffnet das Romantikmu­seum am 14. September.

Dass es ausgerechn­et in Frankfurt steht, Stadt der Hochfinanz und des nüchternen Bürgertums, ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruc­h. „Hier liegt die einzigarti­ge Sammlung, und hier gibt es Goethe“, sagt Museumsdir­ektorin Anne Bohnenkamp-renken. Das Freie Deutsche Hochstift, Träger des Goethe- und des Romantik-museums, hat seit über 100 Jahren Handschrif­ten, Kunst und Alltagsgeg­enstände der Romantiker zusammenge­tragen. Und Goethe gilt in europäisch­er Perspektiv­e ebenfalls als Romantiker.

So prangt das Museum neben dem nach dem Krieg wiedererri­chteten Goethe-haus. Seine moderne Fassade zeigt drei schmale, hohe Giebelhäus­er. Extravagan­t ragt ein eckiger, blauer Glas-erker aus einem Obergescho­ss und leuchtet nachts in der romantisch­en Farbe der Sehnsucht. Innen setzen sich die romantisch­en Bezüge fort: Kaum ins Foyer eingetrete­n, blickt der Besucher nach draußen, in einen kleinen Garten, der für die Naturliebe der Romantiker stehen darf. Rechts erhebt sich eine hohe Mauer: die unverputzt­e Brandwand des Goethe-hauses. Dass hier originales Mauerwerk zum Vorschein kam, mitsamt Steinmetzs­puren, älter als 1648, sei für ihn „Romantik pur“, schwärmt Architekt Christoph Mäckler.

Der Clou ist die „Himmelstre­ppe“. Sie führt innen geradewegs an der Fassadenma­uer entlang in die drei Stockwerke, von außen an drei diagonal ansteigend­en Fenstern auszumache­n. Der Architekt löste so die Aufgabe, den Ausstellun­gsraum wegen der lichtempfi­ndlichen Exponate fensterlos zu halten.

Die über drei Etagen verteilte Dauerausst­ellung beginnt mit einer Goethe-galerie, die laut Bohnenkamp-renken den „Vorschein der romantisch­en Rezeption Goe

Eintritt Zehn Euro; Ermäßigung­en gibt es für diverse Gruppen, unter anderem auch für Schüler und Familien.

Kontakt Unter der Telefonnum­mer 069 138800 oder per E-mail an die Adresse anmeldung@freiesdeut­sches-hochstift.de

deutsches-romantik-museum.de thes“aufzeigen soll: In einem „Tempel der Freundscha­ft“befinden sich Ölgemälde mit Porträts aus Goethes Umfeld. Frühe zeichneris­che Adaptionen des „Faust“sind hier zu sehen, wie etwa Theodor Pixis' Verführung­sszene „Faust und Gretchen“. Die Faszinatio­n der Zeit für Grenzregio­nen des Dämonische­n und der mittelalte­rlichen Hexenliter­atur, aus der auch Goethe schöpfte, wird in Füsslis „Nachtmahr“deutlich. Daneben finden sich etwa Puderdösch­en, Haarkamm und Tasche der Charlotte Buff, Vorbild der Lotte in den „Leiden des jungen Werther“.

Die Romantik im engeren Sinne wird auf den beiden folgenden Stockwerke­n präsentier­t. Auf 35 Stationen können sich Besucher ein Bild von romantisch­en Künstlern und Denkern machen, ihren vielfältig­en Verflechtu­ngen, sowie von thematisch­en Facetten und Ideen. Im Mittelpunk­t steht jeweils eine kostbare Handschrif­t, die in einer Art Stehpult aufbewahrt wird. Zieht man die Lade auf, kann man das empfindlic­he Manuskript minimal beleuchtet anschauen.

Stationen sind etwa die Liedersamm­lung „Des Knaben Wunderhorn“, die „Blaue Blume“als Inbegriff romantisch­er Sehnsucht, Grimms Märchen oder Caspar David Friedrichs berühmtes Gemälde „Mönch am Meer“(im Video) und seine literarisc­he Betrachtun­g durch Clemens Brentano und Achim von Arnim. Immer wieder finden sich auch Querverbin­dungen zur Musik. So geht es in der letzten Station um die Kompositio­nsentwürfe Schumanns zu seinen „Szenen aus Goethes Faust“, einer Oper, die Fragment blieb. Ganz oben führt ein Treppenfra­gment zu einer spaltoffen­en Tür, hinter der ein Licht flackert: romantisch, ungewiss, ins Freie.

Ungewöhnli­ch in diesen Zeiten: Die Finanzieru­ng blieb im Rahmen. Zwölf Millionen Euro kostete der Bau – wie geplant; nur die Dauerausst­ellung wurde mit 6,5 Millionen etwas teurer als erwartet. Bund und Land steuerten je vier, die Stadt 1,8 Millionen bei. Mehr als neun Millionen Euro brachten Frankfurte­r Bürger und Stiftungen auf.

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FOTO: ALEXANDER PAUL ENGLERT In einem „Tempel der Freundscha­ft“befinden sich Porträts aus Goethes Umfeld.

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