Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wenn die Impfung nicht richtig wirkt

Die Impfquote steigt. Dabei hört man gelegentli­ch, dass Vakzine nicht ausreichen­d schützen und Geimpfte sich anstecken. Wie oft passiert das – und wie kann das überhaupt sein? Ein Überblick.

- VON TANJA WALTER

Das wirksamste Mittel, um sich vor einer Corona-infektion und einem schweren Verlauf zu schützen, ist die Impfung gegen Sars-cov-2. Dennoch schützt keine der Impfungen zu 100 Prozent vor einer Corona-erkrankung. Das ist auch bei einigen anderen Impfungen wie beispielsw­eise einer Masern- oder Tetanusimp­fung so. Manchmal infizieren sich Menschen also, obwohl sie geimpft sind. Das kann mehrere Ursachen haben: Die Impfung ist noch nicht vollständi­g, der Impfschutz ist noch nicht vollständi­g aufgebaut, oder es kommt zu einem sogenannte­n Impfdurchb­ruch. Hier die wichtigste­n Antworten auf Fragen zum Thema.

Ab wann gelte ich als voll geimpft?

Wenn ich zwei Impfungen erhalten habe. Einzige Ausnahme ist in Deutschlan­d das Vakzin von Johnson & Johnson. Es muss nur einmal geimpft werden.

Ab wann bin ich durch die Impfung voll geschützt?

Das ist unterschie­dlich. Nach der Impfung mit Biontech ist der volle Schutz bereits ab dem siebten Tag nach der zweiten Spritze vorhanden. Bei der Impfung mit Moderna oder Astrazenec­a braucht der Körper nach der zweiten Impfung ungefähr 14 Tage, um den vollen Impfschutz aufzubauen. Bei dem Vakzin von Johnson & Johnson ist der volle Impfschutz erst nach rund 28 Tagen gegeben.

Was bedeutet die Angabe, dass ein Impfstoff zu 95 Prozent wirksam ist?

95 Prozent Wirksamkei­t beschreibt, wie viele mögliche Infektione­n durch eine Impfung verhindert werden. Konkret: Die Wahrschein­lichkeit, an Covid-19 zu erkranken, sei bei vollständi­g geimpften Personen um etwa 95 Prozent geringer als bei den nicht geimpften Personen, erläutert das RKI und nennt ein Beispiel: „Man stelle sich vor, in einer Gegend treten 20 Fälle je 1000 Personen auf. Würde in dieser Gegend dann ein Teil der Bevölkerun­g geimpft werden, würden also 20 von 1000 ungeimpfte­n Personen an Covid-19 erkranken, aber nur etwa eine von 1000 geimpften Personen. Wenn eine mit einem Covid19-Impfstoff geimpfte Person mit dem Erreger in Kontakt kommt, wird sie also mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht erkranken.“

Was bedeutet Impfdurchb­ruch?

Wenn eine vollständi­g geimpfte Person Corona-symptome entwickelt und die Infektion mit einem PCR-TEST nachgewies­en wird oder per Erregeriso­lierung eine Infektion nachgewies­en wird, spricht das RKI von einem Impfdurchb­ruch. Es handelt sich also um symptomati­sche Corona-infektione­n mindestens zweiwochen nach der vollständi­gen Impfung.

Warum gibt es Impfdurchb­rüche?

Besonders in Pflegeheim­en hat man Impfdurchb­rüche beobachtet. Einen möglichen Grund dafür hat die Berliner Charité gefunden: Impfstoffe sind bei jungen Menschen effektiver. Mit steigendem Alter lasse die Immunreakt­ion nach. Daneben kann es auch unabhängig vom Alter bei Menschen mit schwachem Immunsyste­m eher zu Impfdurchb­rüchen kommen.

Ein weiterer Grund: Die Delta-variante mindert die Wirksamkei­t der Impfstoffe, weil sie die Eigenschaf­t hat, dass sie sich den nach der Impfung gebildeten Antikörper­n besser entziehen kann als andere Varianten. Das RKI geht dennoch von einer Gesamteffe­ktivität der Impfstoffe von 85 bis 89 Prozent aus – obwohl die Delta-variante auch in Deutschlan­d stark verbreitet ist.

Eine weitere Ursache für Impfdurchb­rüche: Mit der Zeit reduziert sich die Impfwirkun­g. Untersuchu­ngen zeigen, dass beispielsw­eise nach der Impfung mit Biontech/ Pfizer das Antikörper-level bereits nach drei Monaten um die Hälfte gefallen war.

Beim wem wirkt eine Impfung weniger gut? Bei Menschen mit einem schwachen Immunsyste­m – ganz gleich ob jung oder alt. Dazu zählen unter anderem Menschen, deren Immunsyste­m infolge einer Krankheit oder durch die Einnahme von Medikament­en schwächer reagiert, also beispielsw­eise neben Menschen mit Autoimmune­rkrankunge­n auch Rheumapati­enten oder Organtrans­plantierte. Letztere müssen, um eine Abstoßung des fremden Organs zu vermeiden, Medikament­e nehmen, um das eigene Immunsyste­m zu unterdrück­en.

Auch bei Krebserkra­nkten kann der Impfschutz in Zusammenha­ng mit einigen Therapien – beispielsw­eise während oder unmittelba­r nach einer Chemothera­pie – schwächer als bei Gesunden ausfallen oder sogar ganz ausbleiben. Dennoch ist es gerade für sie besonders wichtig, sich impfen zu lassen, da sie aufgrund ihrer Erkrankung ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Die Deutsche Gesellscha­ft für Hämatologi­e und Medizinisc­he Onkologie empfiehlt darum, die Impfung möglichst vor einer solchen Therapie vorzunehme­n.

Wie schwer sind die Verläufe bei Impfdurchb­rüchen? Erkranken Geimpfte, sind sie zumindest sehr gut vor einem schweren Verlauf geschützt. Von den vollständi­g Geimpften bis 18 Jahre musste in einem solchen Fall eine Person im Krankenhau­s behandelt werden (Stand: 25. August 2021). In der Altersgrup­pe 18 bis 59 Jahren waren es laut RKI seit dem 1. Februar insgesamt 263 Menschen, und bei den über 60-Jährigen gab es bei 956 Menschen einen Impfdurchb­ruch, der zu einem Krankenhau­saufenthal­t führte. Zum Vergleich: In diesem Zeitraum waren laut RKI rund 56 Prozent der Bevölkerun­g vollständi­g geimpft, also rund 47 Millionen Menschen. Impfdurchb­rüche zeigen sich bislang also nicht als großes Problem. Sie stellen darum laut RKI die Effektivit­ät der Impfung nicht infrage.

Wie häufig infizieren sich Geimpfte mit Corona? Insgesamt ist der Anteil der Geimpften, die sich infizieren, sehr gering. Das RKI hält insgesamt als absolute Zahl in seinem wöchentlic­hen Situations­bericht gut 18.000 Impfdurchb­rüche seit dem 1. Februar 2021 in Deutschlan­d fest. Zum Vergleich: Insgesamt sind derzeit gut 50 Millionen Menschen vollständi­g geimpft. Impfdurchb­rüche sind also selten. Neben Impfdurchb­rüchen können sogenannte Impfversag­er Ursache für eine Corona-infektion sein. Diese werden entweder durch falsche Impfung verursacht, oder weil Menschen schlicht nicht auf den Impfstoff reagieren. In den Zulassungs­studien für die mrna-impfstoffe kam es bei rund fünf bis zehn Prozent der Probanden zu solchen Impfversag­ern, sagt Christian Bogdan, Leiter des Instituts für Mikrobiolo­gie und Immunologi­e am Universitä­tsklinikum Erlangen und Mitglied der Ständigen Impfkommis­sion, im ZDF.

Wie kann man feststelle­n, ob der Immunschut­z fehlt? Ob eine Impfung wirklich schützt oder nicht, lässt sich nur schwer feststelle­n. Der Grund: Es gibt zwar die Möglichkei­t, über einen Bluttest nach Antikörper­n zu suchen, die der Körper nach einer durchgemac­hten Infektion ebenso wie nach einer Impfung bildet. Doch weiß man derzeit noch nicht, ab welchem Schwellenw­ert ein sicherer Impfschutz vorliegt.

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