Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Wenn die Impfung nicht richtig wirkt
Die Impfquote steigt. Dabei hört man gelegentlich, dass Vakzine nicht ausreichend schützen und Geimpfte sich anstecken. Wie oft passiert das – und wie kann das überhaupt sein? Ein Überblick.
Das wirksamste Mittel, um sich vor einer Corona-infektion und einem schweren Verlauf zu schützen, ist die Impfung gegen Sars-cov-2. Dennoch schützt keine der Impfungen zu 100 Prozent vor einer Corona-erkrankung. Das ist auch bei einigen anderen Impfungen wie beispielsweise einer Masern- oder Tetanusimpfung so. Manchmal infizieren sich Menschen also, obwohl sie geimpft sind. Das kann mehrere Ursachen haben: Die Impfung ist noch nicht vollständig, der Impfschutz ist noch nicht vollständig aufgebaut, oder es kommt zu einem sogenannten Impfdurchbruch. Hier die wichtigsten Antworten auf Fragen zum Thema.
Ab wann gelte ich als voll geimpft?
Wenn ich zwei Impfungen erhalten habe. Einzige Ausnahme ist in Deutschland das Vakzin von Johnson & Johnson. Es muss nur einmal geimpft werden.
Ab wann bin ich durch die Impfung voll geschützt?
Das ist unterschiedlich. Nach der Impfung mit Biontech ist der volle Schutz bereits ab dem siebten Tag nach der zweiten Spritze vorhanden. Bei der Impfung mit Moderna oder Astrazeneca braucht der Körper nach der zweiten Impfung ungefähr 14 Tage, um den vollen Impfschutz aufzubauen. Bei dem Vakzin von Johnson & Johnson ist der volle Impfschutz erst nach rund 28 Tagen gegeben.
Was bedeutet die Angabe, dass ein Impfstoff zu 95 Prozent wirksam ist?
95 Prozent Wirksamkeit beschreibt, wie viele mögliche Infektionen durch eine Impfung verhindert werden. Konkret: Die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken, sei bei vollständig geimpften Personen um etwa 95 Prozent geringer als bei den nicht geimpften Personen, erläutert das RKI und nennt ein Beispiel: „Man stelle sich vor, in einer Gegend treten 20 Fälle je 1000 Personen auf. Würde in dieser Gegend dann ein Teil der Bevölkerung geimpft werden, würden also 20 von 1000 ungeimpften Personen an Covid-19 erkranken, aber nur etwa eine von 1000 geimpften Personen. Wenn eine mit einem Covid19-Impfstoff geimpfte Person mit dem Erreger in Kontakt kommt, wird sie also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erkranken.“
Was bedeutet Impfdurchbruch?
Wenn eine vollständig geimpfte Person Corona-symptome entwickelt und die Infektion mit einem PCR-TEST nachgewiesen wird oder per Erregerisolierung eine Infektion nachgewiesen wird, spricht das RKI von einem Impfdurchbruch. Es handelt sich also um symptomatische Corona-infektionen mindestens zweiwochen nach der vollständigen Impfung.
Warum gibt es Impfdurchbrüche?
Besonders in Pflegeheimen hat man Impfdurchbrüche beobachtet. Einen möglichen Grund dafür hat die Berliner Charité gefunden: Impfstoffe sind bei jungen Menschen effektiver. Mit steigendem Alter lasse die Immunreaktion nach. Daneben kann es auch unabhängig vom Alter bei Menschen mit schwachem Immunsystem eher zu Impfdurchbrüchen kommen.
Ein weiterer Grund: Die Delta-variante mindert die Wirksamkeit der Impfstoffe, weil sie die Eigenschaft hat, dass sie sich den nach der Impfung gebildeten Antikörpern besser entziehen kann als andere Varianten. Das RKI geht dennoch von einer Gesamteffektivität der Impfstoffe von 85 bis 89 Prozent aus – obwohl die Delta-variante auch in Deutschland stark verbreitet ist.
Eine weitere Ursache für Impfdurchbrüche: Mit der Zeit reduziert sich die Impfwirkung. Untersuchungen zeigen, dass beispielsweise nach der Impfung mit Biontech/ Pfizer das Antikörper-level bereits nach drei Monaten um die Hälfte gefallen war.
Beim wem wirkt eine Impfung weniger gut? Bei Menschen mit einem schwachen Immunsystem – ganz gleich ob jung oder alt. Dazu zählen unter anderem Menschen, deren Immunsystem infolge einer Krankheit oder durch die Einnahme von Medikamenten schwächer reagiert, also beispielsweise neben Menschen mit Autoimmunerkrankungen auch Rheumapatienten oder Organtransplantierte. Letztere müssen, um eine Abstoßung des fremden Organs zu vermeiden, Medikamente nehmen, um das eigene Immunsystem zu unterdrücken.
Auch bei Krebserkrankten kann der Impfschutz in Zusammenhang mit einigen Therapien – beispielsweise während oder unmittelbar nach einer Chemotherapie – schwächer als bei Gesunden ausfallen oder sogar ganz ausbleiben. Dennoch ist es gerade für sie besonders wichtig, sich impfen zu lassen, da sie aufgrund ihrer Erkrankung ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie empfiehlt darum, die Impfung möglichst vor einer solchen Therapie vorzunehmen.
Wie schwer sind die Verläufe bei Impfdurchbrüchen? Erkranken Geimpfte, sind sie zumindest sehr gut vor einem schweren Verlauf geschützt. Von den vollständig Geimpften bis 18 Jahre musste in einem solchen Fall eine Person im Krankenhaus behandelt werden (Stand: 25. August 2021). In der Altersgruppe 18 bis 59 Jahren waren es laut RKI seit dem 1. Februar insgesamt 263 Menschen, und bei den über 60-Jährigen gab es bei 956 Menschen einen Impfdurchbruch, der zu einem Krankenhausaufenthalt führte. Zum Vergleich: In diesem Zeitraum waren laut RKI rund 56 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, also rund 47 Millionen Menschen. Impfdurchbrüche zeigen sich bislang also nicht als großes Problem. Sie stellen darum laut RKI die Effektivität der Impfung nicht infrage.
Wie häufig infizieren sich Geimpfte mit Corona? Insgesamt ist der Anteil der Geimpften, die sich infizieren, sehr gering. Das RKI hält insgesamt als absolute Zahl in seinem wöchentlichen Situationsbericht gut 18.000 Impfdurchbrüche seit dem 1. Februar 2021 in Deutschland fest. Zum Vergleich: Insgesamt sind derzeit gut 50 Millionen Menschen vollständig geimpft. Impfdurchbrüche sind also selten. Neben Impfdurchbrüchen können sogenannte Impfversager Ursache für eine Corona-infektion sein. Diese werden entweder durch falsche Impfung verursacht, oder weil Menschen schlicht nicht auf den Impfstoff reagieren. In den Zulassungsstudien für die mrna-impfstoffe kam es bei rund fünf bis zehn Prozent der Probanden zu solchen Impfversagern, sagt Christian Bogdan, Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Erlangen und Mitglied der Ständigen Impfkommission, im ZDF.
Wie kann man feststellen, ob der Immunschutz fehlt? Ob eine Impfung wirklich schützt oder nicht, lässt sich nur schwer feststellen. Der Grund: Es gibt zwar die Möglichkeit, über einen Bluttest nach Antikörpern zu suchen, die der Körper nach einer durchgemachten Infektion ebenso wie nach einer Impfung bildet. Doch weiß man derzeit noch nicht, ab welchem Schwellenwert ein sicherer Impfschutz vorliegt.