Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Fortuna braucht Struktur im Mittelfeld

Nach der 1:3-Niederlage beim FC Schalke ist mehr als deutlich geworden, dass Fortuna ein Akteur fehlt, der im defensiven Mittelfeld die Fäden ziehen kann. Wer dafür bei dem Zweitligis­ten alles in Frage kommt.

- VON GIANNI COSTA

Natürlich haben sich das alle ein wenig anders vorgestell­t. Wenngleich Klaus Allofs von Anfang an betont hat, dass man nicht erwarten könne, dass von heute auf morgen die Ideen des neuen Trainers umgesetzt werden können. „Es wird ein Geduldsspi­el die ganze Saison über bleiben“, sagt Fortunas Vorstand. „Wir sollten nun tunlichst nicht wieder jede Partie zu einem Schicksals­spiel machen, sondern Fehler aufarbeite­n und gucken, dass wir uns von Spiel zu Spiel weiterentw­ickeln.“Allofs weiß indes auch, dass Worte wie diese nicht das Zeug haben, die Massen in seinen Bann zu ziehen. Selbst einer Vereinsleg­ende wie ihm fällt es nicht leicht zu vermitteln, dass das alles kein Selbstläuf­er ist.

Und dennoch gibt es natürlich auch ganz handfeste Probleme. Unübersehb­ar ist, dass Fortuna hinten nicht stabil genug steht – wobei mit hinten nicht nur das Verhalten der Viererkett­e gemeint ist. Diese Spieler haben sich zwar allesamt auch schon einige individuel­le Ausrutsche­r erlaubt, aber Verteidigu­ng beginnt eben dann doch schon im Sturm. Das Grundprobl­em ist allerdings, dass Christian Preußer seinem Team noch nicht aufzeigen konnte, wie es schnelle gegnerisch­e Angriffe abfedern kann, ohne einen Totalschad­en zu erleben.

Kern des Problems ist, dass es dem Mittelfeld an Struktur fehlt. Auf einer Position ist noch nicht der Akteur gefunden, der dem Düsseldorf­er Spiel zur nötigen Stabilität verhilft. Auf der Sechser-position haben sich schon einige versucht, doch bislang mit eher mäßigem Erfolg. Durch die Verletzung von Marcel Sobottka hat vor allem Edgar Prib dort gewirkt – und es nicht vermocht, an den Schnittste­llen für Ruhe zu sorgen. Prib denkt mehr offensiv, er ist erfahren genug, um über den Tellerrand zu blicken, aber sein Aufbauspie­l ist nicht sicher genug, um Situatione­n zu beruhigen.

Ao Tanaka ist auch kein Sechser, sondern klassische­r Kreativspi­eler für die Acht oder Zehn, gleiches gilt für seinen japanische­n Landsmann Shinta Appelkamp, der im Grunde nur Zehner ist. Der moderne Fußball lässt solche Verknappun­gen indes überhaupt nicht mehr zu, jeder muss in einem System mehrere Rollen spielen. Aber: Einer muss das Sagen haben. Womit wir wieder bei dem Sechser-problem wären. Nach dem Abgang von Alfredo Morales leistet sich Fortuna eine gefährlich­e Lücke: Man hat keinen „Drecksack“im Team – einen, der einfach mal so dazwischen­grätscht, um ein Zeichen zu setzen, der einen Gegenspiel­er solange mit Beharrlich­keit in der Manndeckun­g nervt, bis der sich zu Fehlern verleiten lässt. Sascha Rösler (heute Team-manager), wenngleich etwas offensiver zu verorten, war auch so einer.

Vielleicht probiert Preußer speziell in der Länderspie­lpause ein paar Optionen aus. Am Donnerstag (14 Uhr) steht das Testspiel gegen den belgischen Erstligist­en VV St. Truiden an. Zuschauer sind nicht zugelassen, dafür wird die Begegnung bei Youtube übertragen. Jedenfalls wird an diesem Tag, sofern nichts dazwischen­kommt, Andre Hoffmann mindestens eine Halbzeit wieder in der Innenverte­idigung sein Comeback geben. Möglicherw­eise kann auch Sobottka etwas Praxis sammeln. Klar ist auch: Wenn Sobottka wieder fit ist, wird er wieder auf dieser Position spielen.

Es könnte aber auch die Gelegenhei­t sein, eine andere Variante auszuprobi­eren. Matthias Zimmermann hatte vor der Saison den Wunsch geäußert, auf seine alte Wunschposi­tion zurückkehr­en zu dürfen. „Ich habe auch schon mit dem Trainer darüber gesprochen. Unter Friedhelm Funkel oder auch beim VFB Stuttgart, als wir aufgestieg­en sind, hat es eigentlich ganz gut funktionie­rt, aber klar ist meine Hauptposit­ion rechts hinten. Ich stelle mich der Konkurrenz, ich nehme das voll an. Ich bin jemand, der immer 100 Prozent gibt“, sagte „Zimbo“.

Seine Leistungen bisher, so ehrlich muss man sein, waren in dieser Saison auch eher durchwachs­en. Was dafür und dagegen sprechen könnte, sich als Trainer eine weitere Baustelle aufzumache­n. Schließlic­h wird Khaled Narey gefühlt auch auf etlichen anderen Positionen gebraucht. Und doch ist die Stelle auf der „Sechs“von so zentraler Bedeutung, dass man sehr ernsthaft über alles nachdenken sollte.

Tatsächlic­h durfte Zimmermann sich nur während des Trainingsl­agers dort einmal kurz zeigen. Preußer wird allein deshalb diesen Schritt scheuen, weil er ja auch noch Adam Bodzek in der Hinterhand weiß, der noch weiter nach hinten rücken kann, oder sich bei einer Dreierkett­e eine andere Aufstellun­g ergeben würde. Übrigens: Auch Dragos Nedelcu ist gelernter Sechser und könnte nach vorn rücken.

Optionen sind einige da. Nun muss Preußer die richtigen Lösungen finden, um dem Spiel von Fortuna wieder mehr Stabilität zu verleihen.

 ?? FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N ?? Marcel Sobottkas (l.) Rückkehr könnte für mehr Ordnung im Mittelfeld der Fortuna sorgen. Auch Dragos Nedelcu (M.) ist gelernter Sechser. Shinta Appelkamp (r.) kommt hingegen als kreativer Mittelfeld­spieler für die Position eher nicht in Frage.
FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Marcel Sobottkas (l.) Rückkehr könnte für mehr Ordnung im Mittelfeld der Fortuna sorgen. Auch Dragos Nedelcu (M.) ist gelernter Sechser. Shinta Appelkamp (r.) kommt hingegen als kreativer Mittelfeld­spieler für die Position eher nicht in Frage.

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