Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Gesundheit geht vor Datenschut­z

- VON ANTJE HÖNING

Gut 60 Prozent der Bevölkerun­g sind geimpft. Zu Beginn der Pandemie glaubte man, damit Herdenimmu­nität erreichen und das Virus stoppen zu können. Doch es ist zäh, wegen der Delta-variante müsste die Impfquote nun bei 85 Prozent liegen. Die Gesellscha­ft muss also noch lange mit Corona leben. Damit Betriebe den neuen Pandemie-alltag besser organisier­en können, fordern sie eine Auskunftsp­flicht zum Impfstatus der Mitarbeite­r. Persönlich­keitsschut­z ist zwar ein hohes Gut, die Latte zur Abfrage von Gesundheit­sdaten liegt für Arbeitgebe­r aus gutem Grund hoch. Doch auch Gesundheit­sschutz ist ein wertvolles Gut. Und dazu gehört es, geimpfte Mitarbeite­r vor ungeimpfte­n Kollegen zu schützen. Die Güterabwäg­ung ist eindeutig, die Koalition sollte rasch eine Auskunftsp­flicht schaffen.

Denn sie ist erstens keine Impfpflich­t durch die Hintertür. Die Entscheidu­ng, sich impfen zu lassen, ist und bleibt frei. Aber wer sich nicht impfen lassen möchte, muss mit den Konsequenz­en leben. Das fängt im Betrieb an und hört im Fußballsta­dion auf. Die Auskunftsp­flicht ist zweitens nur konsequent. Wenn es um Urlaub und Freizeit geht, sind alle gerne bereit, ihren Impfpass zu zücken. Hier gilt er als Ticket in die Freiheit, gegenüber dem Arbeitgebe­r aber soll er als Verschluss­sache behandelt werden. Das passt nicht zusammen. Die Auskunftsp­flicht ist drittens solidarisc­h. Umso erstaunlic­her ist es, dass ausgerechn­et der Gewerkscha­ftsbund sie ablehnt. Die Neuinfekti­onen unter Kindern sind dramatisch hoch. Und anders als die meisten Arbeitnehm­er können sich Kinder unter zwölf noch nicht impfen lassen. Es ist die Verantwort­ung der Erwachsene­n, sich zu immunisier­en, mindestens aber in Betrieben die Verbreitun­g des Virus zu verhindern. Dazu gehört es auch, die Karten auf den Tisch zu legen – zum Schutz der Schwächste­n. BERICHT DER CHEF WILL'S WISSEN, TITELSEITE

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