Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Eltern schlagen Alarm wegen Corona
Die Unzufriedenheit bei den Verbänden über die Landesregierung wächst. Immer lauter werden die Rufe nach einem Umsteuern bei Raumluftfiltern und Quarantäneregeln. Die Inzidenz bei den Zehn- bis 19-Jährigen liegt bei 316.
Elternvertreter von Schülern und Kita-kindern haben die Landesregierung im Zusammenhang mit der hohen Zahl von Corona-fällen bei Jüngeren massiv kritisiert. Franz-josef Kahlen, Sprecher der Elterninitiative Mobile Raumluftfilter NRW, sagte der schwarz-gelben Regierung voraus, dass sie im Wahlkampf auf unzufriedene Eltern treffen werde. „Die Landesregierung hat sich entschieden, den Elternwillen zu ignorieren“, sagte Kahlen und forderte die flächendeckende Einführung von mobilen Luftfiltern sowie eine Regelung, wonach damit ausgestattete Schulen geöffnet bleiben dürften. Das Land setze auf eine Durchseuchung der Schülerschaft.
Der Landeselternbeirat der Kitas appellierte in einem offenen Brief an die Landesregierung, die Quarantäneregelungen zu überarbeiten. „Es muss geprüft werden, ob nicht auch mildere Mittel wie Tests infrage kommen“, schreibt der Verband. Bereits heute hätten die Einschränkungen enorme Auswirkungen auf die körperliche, seelische und geistige Entwicklung. „Nun ist es an der Zeit, dass die Landesregierung Verantwortung übernimmt und im Sinne der Kinder in NRW handelt“, schreiben die Eltern.
Das Land hält jedoch daran fest, dass Kinder für volle 14 Tage in die Quarantäne müssen. Das Gesundheitsministerium verwies darauf, dass es insbesondere in der Zeit nach den Sommerferien zu einem vermehrten Infektionsgeschehen und damit zu Quarantäneverpflichtungen kommen könne. Mit Blick auf die im Ländervergleich hohen Zahlen sagte eine Sprecherin: „NRW ist eines der ersten bevölkerungsreichen Bundesländer, die wieder mit der Schule gestartet sind. Zudem führt NRW, anders als andere Bundesländer, flächendeckend in Grund- und Förderschulen Pcr-tests durch.“
Das Ministerium habe in einem Runderlass vom 12. August über das Vorgehen bei Risikokontakten informiert. Darin war festgelegt worden, dass in der Regel nur einzelne Schüler, nicht jedoch ganze Klassen, Kurse oder Gruppen in Quarantäne müssen. Lehrerverbände und auch die Opposition im Landtag hatten zuletzt jedoch erklärt, dass diese Regelung nicht praktikabel sei und deshalb kaum angewendet werde.
Bei den Kindern und Jugendlichen liegt die Inzidenz laut Ministerium bei 232,3 (Kinder bis neun Jahre) und 316,4 (Zehn- bis 19-Jährige). Im Vergleich dazu liegt sie in den höheren Altersgruppen, die eine weit höhere Impfquote aufweisen, bei etwa 20. „Damit übersteigt der Wert deutlich den landesweiten Durchschnittswert aller Altersgruppen von aktuell 124,9“, so die Sprecherin. Die Inzidenz bei der momentan am stärksten betroffenen Altersgruppe der Zehn- bis 19-Jährigen sei seit Beginn der aktuellen Kalenderwoche jedoch wieder rückläufig, der Spitzenwert der vergangenen Woche habe am 25. August bei 373,5 gelegen. Bei den Kindern unter zehn Jahren stagniert die Inzidenz weitestgehend seit dem 26. August.
Das Ministerium verwies auf die Pflicht zum Tragen der Masken in den Schulen und die Pcr-pooltests an den Grund- und Förderschulen. Diese seien deutlich genauer und schlügen vor allem zu einem früheren Zeitpunkt der Corona-infektion an als die Antigen-schnelltests.
Doch gerade den Zeitansatz kritisiert nun der der bildungspolitische Sprecher der Spd-landtagsfraktion, Jochen Ott. Ihm zufolge vergeht zu viel Zeit, ehe das Ergebnis der Pool-tests vorliegt. Er plädierte dafür, die Schüler gleichzeitig mit den Pooltests Individualtests machen zu lassen, damit diese bei Auffälligkeiten schnell ausgewertet werden könnten. Zudem verlangte er, dass künftig drei- und nicht mehr nur zweimal pro Woche getestet werden müsse.
Unterdessen hat Köln ein SchulModellprojekt angekündigt. Die Stadt will künftig nur noch positiv getestete Schüler in Quarantäne schicken. Direkte Sitznachbarn der Infizierten sollen stattdessen täglich getestet werden und nicht mehr mit in Quarantäne müssen, wie ein Sprecher mitteilte. Die Stadt führe wegen des Modellversuchs Gespräche mit der Universitätsklinik Köln. Elternvertreter Kahlen kritisierte das Vorhaben. Das sei mit Blick auf die hochansteckende Delta-variante „ein äußerst riskantes Spiel“.