Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Wie Brüder einen kriminellen Clan führten
Am Beispiel einer Familie aus der Nordeifel werden arbeitsteilige Strukturen bei den Aktivitäten deutlich.
DÜSSELDORF Fünf Brüder haben jahrelang einen kriminellen Clan geführt. Sie sind Hauptbeschuldigte in einem Verfahren der Organisierten Kriminalität (OK), das gegen 32 Personen geführt wird. Es geht um Drogenhandel, Steuerhinterziehung, Sozialleistungsbetrug, Betrug beim Arbeitslohn, Menschenhandel und Zwangsarbeit auf Baustellen.
Das Familienoberhaupt des Clans aus der Nordeifel ist der älteste Sohn. Sie nennen ihn den Patron. Der zweitälteste Bruder ist sein Stellvertreter; die anderen Geschwister unterstützen die beiden in ihren kriminellen Geschäften. Schon vor Beginn der Ok-ermittlungen im November 2018 sollen sie rund 100 Straftaten begangen haben – insbesondere sogenannte Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen. Ihre Eltern sind laut einer Analyse des Landeskriminalamts hingegen bislang nicht straffällig geworden. In NRW gibt es laut Lagebild „Clankriminalität“aktuell 112 kriminelle Großfamilien. Anhand des Clans aus der Nordeifel zeigt sich, wie sie oft strukturiert sind: Sie alle einen ein patriarchalisches Familienbild und die Ablehung des deutschen Rechtsstaates.
Die Familie der fünf Brüder stammt aus der ostanatolischen Region Mardin, einem Gebiet im südöstlichen Grenzbereich der Türkei. Seit 1996 wohnt sie in der Nordeifel, ihre Verwandten haben sich im Ruhrgebiet niedergelassen. Jeder der fünf Brüder ist in einem Zweig des „Familienunternehmens“aktiv gewesen. „Grundsätzlich war jeder von ihnen involviert und vertrat den jeweils anderen. Wobei eine generelle Arbeitsteilung festzustellen war“, so die Ermittler. Der zweitälteste Bruder war mitverantwortlich für das Baugewerbe, der nachfolgende Bruder organisierte den Rauschgifthandel. Der Jüngste übernahm die Geschäfte, wenn einer seiner Brüder verhindert war, beaufsichtigte die Baustellen und war zuständig für die Lohnauszahlungen an die Arbeiter. Der zweitjüngste Bruder arbeitete im örtlichen Discounter. „Anzunehmen ist, dass seine Familie ihn nur als offiziellen Immobilienbesitzer eingesetzt hat, da die Einnahmen aus seiner Tätigkeit nicht mit dem Wert der tatsächlichen Immobilien übereinstimmen“, so die Ermittler.
Die Frauen nehmen eine sogenannte funktionserhaltende Rolle innerhalb dieses Clans ein, das bedeutet, dass sie als Inhaberinnen von Lokalitäten und Baufirmen eingesetzt werden. Mit einem Scheingeschäft kamen verdeckte Ermittler dem Drogengeschäft des Clans auf die Schliche. Dabei entdeckten sie eine Bunkerwohnung des Clans. Dort wurde unter anderem Kokain verpackt und verkauft, mit dem die Brüder im großen Stil handelten. Die Polizei beschlagnahmte unter anderem vier Immobilien im Wert von 480.000 Euro, drei Fahrzeuge und eine fünfstellige Bargeldsumme. Gegen die Tatverdächtigen wurde Untersuchungshaft angeordnet.