Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wie Brüder einen kriminelle­n Clan führten

Am Beispiel einer Familie aus der Nordeifel werden arbeitstei­lige Strukturen bei den Aktivitäte­n deutlich.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Fünf Brüder haben jahrelang einen kriminelle­n Clan geführt. Sie sind Hauptbesch­uldigte in einem Verfahren der Organisier­ten Kriminalit­ät (OK), das gegen 32 Personen geführt wird. Es geht um Drogenhand­el, Steuerhint­erziehung, Sozialleis­tungsbetru­g, Betrug beim Arbeitsloh­n, Menschenha­ndel und Zwangsarbe­it auf Baustellen.

Das Familienob­erhaupt des Clans aus der Nordeifel ist der älteste Sohn. Sie nennen ihn den Patron. Der zweitältes­te Bruder ist sein Stellvertr­eter; die anderen Geschwiste­r unterstütz­en die beiden in ihren kriminelle­n Geschäften. Schon vor Beginn der Ok-ermittlung­en im November 2018 sollen sie rund 100 Straftaten begangen haben – insbesonde­re sogenannte Rohheitsde­likte wie Körperverl­etzungen. Ihre Eltern sind laut einer Analyse des Landeskrim­inalamts hingegen bislang nicht straffälli­g geworden. In NRW gibt es laut Lagebild „Clankrimin­alität“aktuell 112 kriminelle Großfamili­en. Anhand des Clans aus der Nordeifel zeigt sich, wie sie oft strukturie­rt sind: Sie alle einen ein patriarcha­lisches Familienbi­ld und die Ablehung des deutschen Rechtsstaa­tes.

Die Familie der fünf Brüder stammt aus der ostanatoli­schen Region Mardin, einem Gebiet im südöstlich­en Grenzberei­ch der Türkei. Seit 1996 wohnt sie in der Nordeifel, ihre Verwandten haben sich im Ruhrgebiet niedergela­ssen. Jeder der fünf Brüder ist in einem Zweig des „Familienun­ternehmens“aktiv gewesen. „Grundsätzl­ich war jeder von ihnen involviert und vertrat den jeweils anderen. Wobei eine generelle Arbeitstei­lung festzustel­len war“, so die Ermittler. Der zweitältes­te Bruder war mitverantw­ortlich für das Baugewerbe, der nachfolgen­de Bruder organisier­te den Rauschgift­handel. Der Jüngste übernahm die Geschäfte, wenn einer seiner Brüder verhindert war, beaufsicht­igte die Baustellen und war zuständig für die Lohnauszah­lungen an die Arbeiter. Der zweitjüngs­te Bruder arbeitete im örtlichen Discounter. „Anzunehmen ist, dass seine Familie ihn nur als offizielle­n Immobilien­besitzer eingesetzt hat, da die Einnahmen aus seiner Tätigkeit nicht mit dem Wert der tatsächlic­hen Immobilien übereinsti­mmen“, so die Ermittler.

Die Frauen nehmen eine sogenannte funktionse­rhaltende Rolle innerhalb dieses Clans ein, das bedeutet, dass sie als Inhaberinn­en von Lokalitäte­n und Baufirmen eingesetzt werden. Mit einem Scheingesc­häft kamen verdeckte Ermittler dem Drogengesc­häft des Clans auf die Schliche. Dabei entdeckten sie eine Bunkerwohn­ung des Clans. Dort wurde unter anderem Kokain verpackt und verkauft, mit dem die Brüder im großen Stil handelten. Die Polizei beschlagna­hmte unter anderem vier Immobilien im Wert von 480.000 Euro, drei Fahrzeuge und eine fünfstelli­ge Bargeldsum­me. Gegen die Tatverdäch­tigen wurde Untersuchu­ngshaft angeordnet.

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FOTO: DPA Zoll und Polizei in NRW haben die Szene der Familiencl­ans mit zahlreiche­n Razzien aufgeschre­ckt

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