Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Stern-ausstellun­g vor dem Start

Viele Irritation­en gab es um die Schau, die das Wirken des jüdischen Galeristen Max Stern dokumentie­rt – und das Unrecht, das ihm im Ns-regime widerfuhr. Oberbürger­meister Stephan Keller entschuldi­gte sich für die Absage 2017.

- VON NICOLE LANGE

CARLSTADT Der Streit um die Ausstellun­g über den jüdischen Galeristen Max Stern hat weit über Düsseldorf hinaus Schlagzeil­en gemacht – auch internatio­nal. Einen Tag vor der offizielle­n Eröffnung der Schau am Mittwochab­end im Stadtmuseu­m hat sich Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) nun im Namen der Stadt Düsseldorf für die umstritten­e Absage im Jahr 2017 entschuldi­gt.

Diese habe von den Beteiligte­n in Kanada als Affront verstanden werden müssen, erklärte Keller. Er betonte, dass die Stadt sich über eine neue Zusammenar­beit mit dem Max Stern Art Restitutio­n Project freuen würde. Es gebe Signale, dass dazu eine „grundsätzl­iche Bereitscha­ft“vorhanden sei – abhängig sicherlich auch vom weiteren Umgang mit künftigen Restitutio­nsgesuchen.

Die Ausstellun­g „Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändl­er Max Stern“befasst sich mit dem Leben und Wirken des Galeristen, der 1937 seinen Kunsthande­l an der Düsseldorf­er Königsalle­e aufgeben und vor den Nazis nach London fliehen musste. Die Galerie war eine der gefragtest­en Adressen des Düsseldorf­er Kunsthande­ls ihrer Zeit gewesen; ihre Bestände wurden versteiger­t. Stern wurde 1940 in London interniert und von dort nach Kanada verlegt. In Montreal arbeitete er ab 1942 wieder als Galerist in der Dominion Gallery, deren Mitinhaber er kurze Zeit später wurde. Stern starb 1987.

Im Jahr 2017 hatten der damalige Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) und Kulturdeze­rnent HansGeorg Lohe die Ausstellun­g über den Kunsthändl­er kurzfristi­g abgesagt. Begründet wurde dies mit unzureiche­nden Recherchen und laufenden Auskunfts- und Restitutio­nsgesuchen in deutschen Museen. Die drei ursprüngli­chen Initiatore­n haben eine Beteiligun­g an der nun nachgeholt­en Ausstellun­g abgelehnt: das Max Stern Art Restitutio­n Project, die Jüdische Gemeinde Düsseldorf und die Direktorin des Stadtmuseu­ms, Susanne Anna.

In den Sammlungen der Stadt gibt es nach jetzigem Stand 36 Gemälde und 208 Papierarbe­iten, die über Max Stern und seinen Vater Julius erworben wurden. Vier befinden sich in der Sammlung des Stadtmuseu­ms, die anderen im Museum Kunstpalas­t. Bei zwei Werken habe die Max-und-iris-stern-stiftung um eine Rückgabe ersucht, so die Stadt.

Dabei handelt es sich um Friedrich Wilhelm von Schadows „Selbstbild­nis“(bereits 2013 restituier­t) und sein Werk „Die Kinder des Künstlers“. Die Stadt hat angeboten, dazu die Beratende Kommission anzurufen – Oberbürger­meister Keller erneuerte dieses Angebot am Dienstag. Das Gemälde „Die Kinder des Künstlers“ist auch in der Ausstellun­g zu sehen.

Die Schau thematisie­rt die Leistungen der Familie Stern und die Bedeutung für den rheinische­n Kunsthande­l ebenso wie die Zerstörung ihres Lebenswerk­s durch das NS-REgime. Das Ausmaß der Entrechtun­g der Familie werde so umso deutlicher, sagte Kurator Dieter Vorsteher. Auf 14 großformat­igen Tafeln wird die Geschichte der Familie in langen Texten erzählt.

Vorsteher, ehemaliger stellvertr­etender Direktor des Deutschen Historisch­en Museums in Berlin, hat Quellen in der National Gallery of Canada eingesehen, wo die Nachlässe Max Sterns, seiner Galerie in London und der Familie Thalheimer (Schwester und Schwager Sterns) liegen. Man habe insgesamt viele neue Details über das Leben der Familie ab 1900 recherchie­ren können; etwa auch zu der Kleiderfab­rik, die die Familie vor dem Umzug nach Düsseldorf in Mönchengla­dbach besaß. Fotografie­n dokumentie­ren die späteren Aktivitäte­n Sterns in seiner Galerie in Montreal. Erstmals zu sehen ist die vollständi­ge Gestapo-akte Sterns aus dem Landesarch­iv NRW.

Max Sterns Stimme ist in der Schau auf einem Video des kanadische­n Senders CBC zu hören, in dem er über Kunst als Investment spricht. Die Tonbänder mit seinen Lebenserin­nerungen, die er in Kanada aufgenomme­n hat, sind hingegen nicht Teil der Ausstellun­g. Hier habe man sich vergeblich um die Erteilung der Rechte bemüht, sagte Vorsteher. Auch das 2013 restituier­te „Selbstbild­nis“von Schadows ist nicht in der Schau – aus seiner Restitutio­n hatte sich das Ausstellun­gsprojekt entwickelt; es hängt als Dauer-leihgabe im gleichen Museum. Der Stern-nachlass sei „in seiner Ablehnung der Ausstellun­g sehr konsequent“, sagte Vorsteher.

Die Schau spricht auch die Provenienz­forschung in Düsseldorf an. So dokumentie­rt eine Medienstat­ion die Herkunft des Gemäldes „Abendstimm­ung an der Nordsee“von Heinrich Heimes. Und auch die kontrovers­e Debatte um die Absage 2017 wird festgehalt­en – bereits am Beginn des Rundgangs durch Zitate aus der internatio­nalen Medienberi­chterstatt­ung.

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FOTOS (3): DPA Internatio­nale Pressestim­men zu der Kontrovers­e sind am Beginn des Rundgangs zu sehen.
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Zu dem Bild „Die Kinder des Künstlers“von Friedrich Wilhelm von Schadow liegt ein Restitutio­nsersuchen vor.
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Die Gestapo-akte über den Kunsthändl­er Max Stern ist in der Ausstellun­g ebenfalls zu sehen.

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