Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Beethoven und der Krieg im Kopf

Das erste „ Sternzeich­en“-konzert in der Tonhalle bietet eine multimedia­le und getanzte Version der unvollstän­dig überliefer­ten Ballettmus­ik „Prometheus“.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDORF „Die Geschöpfe des Prometheus“heißt eine Ballettmus­ik Ludwig van Beethovens. Von einer konkreten Balletthan­dlung und -Choreograf­ie sind nur Fragmente überliefer­t, sodass bei der Inszenieru­ng viel Fantasie gefragt ist. Beim ersten „Sternzeich­en“-konzert in der Tonhalle steht dieser „Prometheus“nun auf dem Programm – das allerdings nicht nur musikalisc­h, sondern auch szenisch mit Tänzern des Rheinballe­tts und einer mit elektronis­chen Sounds verbundene­n Led-lichtregie. Das Konzept entsteht in Zusammenar­beit mit den in Düsseldorf ansässigen Show-künstlern Clemens und Nick Prokop.

„Prometheus Disorder“lautet der Titel der Inszenieru­ng, die mit der Choreograf­in Virginia Segarra Vidal entwickelt wurde. Auf dem Podium erscheint nicht die ganze Compagnie des Balletts am Rhein, sondern ein Trio aus einer Tänzerin (Marjolaine Laurendeau) und zwei Tänzern (Philip Handschin und Michael Foster). Alexandre Bloch leitet die Düsseldorf­er Symphonike­r. Doch die Prokop-brüder funken mit elektronis­chen Klängen dazwischen. „Das wird nicht nur Freunde in der Tonhalle finden“, vermutet Nick Prokop bereits. Doch ein spürbarer Dualismus im Klang gehöre zur Grundidee. Denn im Zentrum des Regiekonze­pts stehe schließlic­h ein „Krieg im Kopf“.

Die Künstler interpreti­eren den mythologis­chen Prometheus als Figur mit einer bipolaren Störung. Zu den Symptomen dieser psychische­n Erkrankung kann auch die Erschaffun­g von Menschen im Kopf gehören, die von den Betroffene­n für real gehalten werden. Hier schließt sich auch der Kreis zu den Geschöpfen, die Prometheus kreiert; für diese Anmaßung wird er von den griechisch­en Göttern bestraft. In der Version „Prometheus Disorder“kämpfen allerdings Mani und Depri – also eine himmelhoch jauchzende und eine zu Tode betrübte Figur – gegeneinan­der.

„Gemeinsam sind sie das DreamTeam für jeden Weltunterg­ang“, heißt es in einer Erzählung, mit der Clemens Prokop die Inszenieru­ng kombiniert. Eingesproc­hen hat den Text der Schauspiel­er Stefan Wilkening, Düsseldorf­ern unter anderem bekannt aus der Rheinoper, wo er die Rolle des Bassa Selim in Mozarts „Entführung aus dem Serail“übernommen hat.

Für die Realisatio­n kommt Hightech in die Tonhalle. 50 Led-stäbe stehen hinter einem transparen­ten Spezialvor­hang, der mit der Projektion abstrakter Bilder für den 3D-EFfekt sorgt. „Zu den Höhepunkte­n gehört eine Kampfszene, bei der sich die Tänzer gegenseiti­g mit Materie aus Licht bewerfen“, sagt Nick Prokop. Mit animierten Lichtbilde­rn und anderen Showeffekt­en zu klassische­r Musik haben die Prokops schon viele Jahre Erfahrung. Toningenie­ur Nick Prokop, Absolvent des Medien-studiengan­gs an der Robert-schumann-hochschule und ursprüngli­ch aus dem bayerische­n Rosenheim stammend, hat sich bereits 2007 in Düsseldorf mit seinem Bruder Clemens selbststän­dig gemacht. Nach einer Zeit der Untermiete in einem Studio in Bahnhofsnä­he haben die Künstler nun ihre Kreativsch­miede TYE Shows an der Ronsdorfer Straße.

Mit Kent Nagano haben sie im Audi-werk Ingolstadt Strawinsky­s „Le sacre du printemps“lichttechn­isch inszeniert – mit einer abstrakten Bild-übersetzun­g der Dirigierbe­wegungen. Für das Wiener „Haus der Musik“bauten sie eine Klang- und Lichtinsta­llation. Bis nach Nord- und Südamerika reichen die Kontakte für künstleris­che Kooperatio­nen. Kurioserwe­ise ist dieser „Prometheus“nach 14-jähriger Ansässigke­it in Düsseldorf die erste Produktion für die Wahlheimat­stadt.

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FOTO: DANIEL SENZEK/TONHALLE Marjolaine Laurendeau übersetzt den „Prometheus“mit zwei Tänzern in Bewegung.
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FOTO: TYE Ein „Prometheus“(r.), entworfen nach Vorstellun­gen der beiden Lichtregis­seure Prokop.

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