Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Untersuchu­ngsausschu­ss zur Flut kommt

Gemeinsam forcieren SPD und Grüne im Landtag zur Aufklärung der Flutkatast­rophe einen Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss. Gemeinsam gedachten die Politiker zuvor der Opfer des Hochwasser­s.

- Leitartike­l VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSSELDOR­F Die nordrhein-westfälisc­he Landesregi­erung wird sich einem Untersuchu­ngsausschu­ss zur Aufklärung der Flutkatast­rophe stellen müssen. „Wir wollen wissen, warum 49 Menschen ihr Leben verloren“, sagte Spd-opposition­sführer Thomas Kutschaty am Mittwoch im Landtag und kündigte an, einen Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss (Pua) zu beantragen. Die Cdu/fdp-landesregi­erung habe sich geweigert, 45 Fragen zur Hochwasser­katastroph­e zu beantworte­n, die ihnen die Spd-fraktion vorige Woche vorgelegt habe, so Kutschaty.

Die SPD schließt sich damit dem Antrag der Grünen an. Zusammen kommen die beiden Opposition­sfraktione­n auf das erforderli­che Quorum. Die AFD hatte einen eigenen Antrag eingereich­t. Ein Pua ist das schärfste Mittel einer Opposition, um die Aufklärung und Kontrolle von Regierungs­handeln zu erzwingen. Wie vor Gericht können dabei Zeugen vorgeladen oder

Regierungs­dokumente ausgewerte­t werden.

„Wie konnte diese Katastroph­e geschehen?“, fragte Grünen-coFraktion­schefin Verena Schäffer. Sie frage sich, wieso die Warnungen nicht früher gehört worden, warum die Kommunen nicht früher zum Handeln aufgeforde­rt worden seien – all dies gelte es aufzuarbei­ten. Schäffer bezeichnet­e es als „inhaltlich­es Armutszeug­nis“der Landesregi­erung, dass Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) die Verantwort­ung etwa auf die Wetterdien­ste abschiebe. Schäffer kritisiert­e, dass der Krisenkata­strophenst­ab der Landesregi­erung nicht eingesetzt wurde, sondern nur ein Koordinier­ungsgremiu­m: „Wann wird der Krisenstab überhaupt eingesetzt?“, so Schäffer. Dafür müsse es klare Regeln geben.

Der Nrw-innenminis­ter wies die Vorwürfe zurück: „Es ist eine bodenlose Frechheit, uns zu unterstell­en, wir wären für die Opfer verantwort­lich“, sagte er. Er habe bereits Fehler zugegeben und sperre sich nicht gegen die Aufarbeitu­ng etwaiger

Versäumnis­se. So hätten CDU und FDP eine Enquetekom­mission vorgeschla­gen, um den Katastroph­enschutz künftig zu verbessern. Der sei in Nordrhein-westfalen aber vor allem auf lokaler Ebene angesiedel­t.

Umweltmini­sterin Ursula Heinen-esser (CDU) hielt der Opposition entgegen, zentrale Fragen seien für die meisten Menschen andere:

„Wie sicher ist mein Haus in Zukunft? Wie sicher sind die kleineren Flüsse?“Damit müsse sich die Politik jetzt beschäftig­en. Natürlich habe es klare Warnungen des Deutschen Wetterdien­stes vor Starkregen gegeben. Es habe aber geheißen: „Wir können nicht sagen, wo genau.“

Der Grünen-politiker Norwich Rüße begründete den Pua auch damit, dass dieses Gremium noch bis zum Ende der Wahlperiod­e im kommenden Mai zu Ergebnisse­n kommen könne. Eine Enquetekom­mission brauche dafür länger.

Die Debatte im Düsseldorf­er Landtag war geprägt von häufigen Zwischenru­fen und Kritik daran, dass Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) die Debatte vorzeitig verlassen hatte, um in Paris Frankreich­s Staatspräs­identen Emmanuel Macron zu treffen. „Was der Ministerpr­äsident macht, ist eine Respektlos­igkeit“, wetterte die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Spd-fraktion, Sarah Philipp. Wiederholt­e Anträge der Opposition, die Debatte wie auch die sich anschließe­nde Einbringun­g des Landeshaus­halts deshalb zu vertagen, scheiterte­n an der Regierungs­mehrheit von CDU und FDP.

In völligem Kontrast dazu hatten die Abgeordnet­en zuvor in einer würdevolle­n Gedenkstun­de an die Opfer der Flutkatast­rophe erinnert. Vor Angehörige­n, Rettungskr­äften, Helferinne­n und Helfern versprach Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) am Mittwoch im Landtag: „Wir sind es den Opfern schuldig, den Wiederaufb­au voranzutre­iben. Eine solche Aufbauleis­tung haben wir zuletzt direkt nach dem Zweiten Weltkrieg bewältigen müssen.“

Laschet bezeichnet­e die CoronaPand­emie und die Jahrhunder­tflut als eine „Heimsuchun­g“, die prägend im geschichtl­ichen Bewusstsei­n bleiben werde. Nicole Didion, die als Leitende Notärztin im Flutgebiet im Einsatz war, schilderte in bewegenden Worten, auf welche Zerstörung und Verzweiflu­ng sie getroffen war.

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