Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Kein Recht auf Homeoffice auf Mallorca
Der Gedanke hat Charme: Von dort mobil arbeiten, wo andere vor der Pandemie Urlaub machten. Doch Arbeitsrechtler winken ab. Demnach gibt es nicht einmal einen Rechtsanspruch auf Heimarbeit. Worauf Sie sonst noch achten müssen.
DÜSSELDORF Nach der HomeofficeWelle ist vor der Homeoffice-welle. So sieht die Lage in Deutschlands Unternehmen zum Start des Herbst 2021 aus. Die formale, feste Vorgabe der Bundesregierung, möglichst viele Beschäftigte von zu Hause arbeiten zu lassen, ist zwar Anfang Juli ausgelaufen, doch auch wegen der steigenden Inzidenzen bleiben viele Firmen vorsichtig: Dabei spielt auch eine Rolle, dass gemäß Arbeitsschutzverordnung weiterhin nach Möglichkeit vermieden werden soll, dass zu viele Beschäftigte gemeinsam einen Raum nutzen. Laut Bundesregierung sind Arbeitgeber weiterhin „verpflichtet“, Homeoffice „im Rahmen des betrieblichen Hygienekonzeptes zu berücksichtigen“. Als Ergebnis hat Henkel beispielsweise die Firmenzentrale in Düsseldorf geöffnet, doch bei größeren Büros wurde eine Maximalbelegung festgelegt. Ein Teil der Belegschaft muss also zu Hause bleiben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Homeoffice.
Darf der Arbeitgeber Homeoffice erzwingen? „Der Arbeitgeber darf gemäß seinem Direktionsrecht festlegen, wo ein Beschäftigter seiner Arbeit nachgeht, begrenzt durch die Regelungen im Arbeitsvertrag“, sagt die Anwältin Andrea Burghard von der Kanzlei Baum, Reiter & Collegen in Düsseldorf: „Das kann das Homeoffice sein, es kann auch das Büro an der Arbeitsstätte sein, der Arbeitgeber hat die Wahl.“
Kann ein Beschäftigter sich weigern, in die Firma zu kommen, um sich vor Infektionen zu schützen? Das Arbeitsgericht Augsburg verneinte einen solchen Anspruch. Dort hatte ein Jurist seinen Arbeitgeber darauf verklagt, dass er nur noch zu Hause arbeiten dürfe. Das Gericht legte fest, dass Abstandsregeln oder Maskenpflicht zwar eingehalten werden müssen, aber ein Recht auf Homeoffice oder Einzelbüro gäbe es nicht. Das wurde entschieden, obwohl der 63-Jährige ein ärztliches Attest vorgelegt hatte. Das Urteil erging im Mai 2020, bevor es ein breites Impfangebot gab. Da sich mittlerweile jeder impfen lassen kann, macht ein Recht auf Homeoffice als Infektionsschutz gar keinen Sinn mehr.
Muss ich im Homeoffice immer erreichbar sein? „Es gelten die gleichen Regeln wie im Büro“, sagt Anwältin Burkhard. Zu den regulären Arbeitszeiten müssten Arbeitnehmer angesprochen werden können, aber umgekehrt gelte auch: „Wenn die Arbeitszeit zu Ende ist, muss man keine Mails mehr beantworten oder Anrufe entgegennehmen.“
Warum sprechen Personalchefs oft lieber von mobilem Arbeiten als von Homeoffice? Die Arbeitgeber sprechen bevorzugt vom mobilen Büro, weil sie sich so davor schützen wollen, die Regeln der Arbeitsstättenverordnung einzuhalten. Dazu gehört eine gute Beleuchtung oder ein ergonomisch akzeptabler Arbeitsplatz. Denn bei sogenannten Tele-arbeitsplätzen sind sie dazu verpflichtet, für eine entsprechende Ausrüstung zu sorgen. Beim mobilen Arbeiten ist zwar üblich, dass die Leute einen Laptop haben und auch ein Smartphone, aber der tatsächliche Arbeitsplatz bleibt offen. Damit entfällt die Pflicht zu dessen Ausstattung.
Habe ich ein Recht auf Homeoffice? Nein, aber Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) würde es gerne durchsetzen. Die Wirtschaft ist mehrheitlich dagegen. In der Realität bieten aber immer mehr Unternehmen wie Henkel, Telekom, Post, Bayer oder Vodafone großzügige Homeoffice-regelungen an, um ihre Leute zu halten. „Die Zukunft gehört der hybriden Arbeitswelt“, sagt Telekom-chef Höttges. Im Klartext: Einige Tage Distanzarbeiten pro Monat seien sinnvoll und gewollt, aber der direkte Kontakt zu Vorgesetzten, Kollegen und Kunden sei auch wichtig.
Worauf muss man im Home-office geachtet werden? Arbeitnehmer müssen darauf achten, dass sie die Arbeitszeit einhalten. Maximal zehn Stunden am Tag sind zugelassen, sagt das Arbeitszeitgesetz, acht Stunden sind laut Arbeitszeitgesetz die Regel.
Darf ich während der Zeit des Homeoffice nach Mallorca? „Es gibt kein Recht auf Homeoffice, also kann es auch kein Recht auf Homeoffice im Ausland geben“, sagt Anwältin Burghard. Wenn Arbeitgeber entscheiden würden, dass sie ihre Leute nach Hause schicken, dann sei damit der Wohnort des Arbeitnehmers gemeint „und nicht eine frei wählbare Adresse irgendwo auf der Welt“. Dies schließt nicht aus, dass Arbeitnehmer ohne Absprache mit dem Arbeitgeber einige Tage in einem Ferienhaus sind. „Das mögen manche Leute machen, aber ohne Rücksprache mit dem Arbeitgeber wäre ich da vorsichtig“, sagt Burghard: „Wenn eine solche eigenmächtige Aktion herauskommt, könnte dies ein Grund zur Abmahnung sein.“
Also nie ins Büro nach Palma? Doch. In Absprache mit dem Arbeitgeber kann das mobile Büro überall sein. Vodafone hat festgelegt, dass die Beschäftigen pro Jahr insgesamt 20 Tage aus dem Eu-ausland heraus arbeiten können. Eurowings stellt sich bereits jetzt auf solche Kundschaft ein: „Wir rechnen mit Menschen, die im Winter auf die Kanaren fliegen und dann von dort aus arbeiten“, sagt Eurowings-chef Jens Bischof.
Wie sieht es steuerlich aus? Arbeitnehmer können auch in 2021 für 120 Tage im Jahr die HomeofficePauschale in Höhe von fünf Euro pro Tag absetzen. Es ist oft zu prüfen, ob sie höhere Kosten absetzen können, wenn sie zum Homeoffice gezwungen sind und wenn sie zu Hause ein Arbeitszimmer haben.