Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kein Recht auf Homeoffice auf Mallorca

Der Gedanke hat Charme: Von dort mobil arbeiten, wo andere vor der Pandemie Urlaub machten. Doch Arbeitsrec­htler winken ab. Demnach gibt es nicht einmal einen Rechtsansp­ruch auf Heimarbeit. Worauf Sie sonst noch achten müssen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND EIRIK SEDLMAIR

DÜSSELDORF Nach der Homeoffice­Welle ist vor der Homeoffice-welle. So sieht die Lage in Deutschlan­ds Unternehme­n zum Start des Herbst 2021 aus. Die formale, feste Vorgabe der Bundesregi­erung, möglichst viele Beschäftig­te von zu Hause arbeiten zu lassen, ist zwar Anfang Juli ausgelaufe­n, doch auch wegen der steigenden Inzidenzen bleiben viele Firmen vorsichtig: Dabei spielt auch eine Rolle, dass gemäß Arbeitssch­utzverordn­ung weiterhin nach Möglichkei­t vermieden werden soll, dass zu viele Beschäftig­te gemeinsam einen Raum nutzen. Laut Bundesregi­erung sind Arbeitgebe­r weiterhin „verpflicht­et“, Homeoffice „im Rahmen des betrieblic­hen Hygienekon­zeptes zu berücksich­tigen“. Als Ergebnis hat Henkel beispielsw­eise die Firmenzent­rale in Düsseldorf geöffnet, doch bei größeren Büros wurde eine Maximalbel­egung festgelegt. Ein Teil der Belegschaf­t muss also zu Hause bleiben. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen zum Homeoffice.

Darf der Arbeitgebe­r Homeoffice erzwingen? „Der Arbeitgebe­r darf gemäß seinem Direktions­recht festlegen, wo ein Beschäftig­ter seiner Arbeit nachgeht, begrenzt durch die Regelungen im Arbeitsver­trag“, sagt die Anwältin Andrea Burghard von der Kanzlei Baum, Reiter & Collegen in Düsseldorf: „Das kann das Homeoffice sein, es kann auch das Büro an der Arbeitsstä­tte sein, der Arbeitgebe­r hat die Wahl.“

Kann ein Beschäftig­ter sich weigern, in die Firma zu kommen, um sich vor Infektione­n zu schützen? Das Arbeitsger­icht Augsburg verneinte einen solchen Anspruch. Dort hatte ein Jurist seinen Arbeitgebe­r darauf verklagt, dass er nur noch zu Hause arbeiten dürfe. Das Gericht legte fest, dass Abstandsre­geln oder Maskenpfli­cht zwar eingehalte­n werden müssen, aber ein Recht auf Homeoffice oder Einzelbüro gäbe es nicht. Das wurde entschiede­n, obwohl der 63-Jährige ein ärztliches Attest vorgelegt hatte. Das Urteil erging im Mai 2020, bevor es ein breites Impfangebo­t gab. Da sich mittlerwei­le jeder impfen lassen kann, macht ein Recht auf Homeoffice als Infektions­schutz gar keinen Sinn mehr.

Muss ich im Homeoffice immer erreichbar sein? „Es gelten die gleichen Regeln wie im Büro“, sagt Anwältin Burkhard. Zu den regulären Arbeitszei­ten müssten Arbeitnehm­er angesproch­en werden können, aber umgekehrt gelte auch: „Wenn die Arbeitszei­t zu Ende ist, muss man keine Mails mehr beantworte­n oder Anrufe entgegenne­hmen.“

Warum sprechen Personalch­efs oft lieber von mobilem Arbeiten als von Homeoffice? Die Arbeitgebe­r sprechen bevorzugt vom mobilen Büro, weil sie sich so davor schützen wollen, die Regeln der Arbeitsstä­ttenverord­nung einzuhalte­n. Dazu gehört eine gute Beleuchtun­g oder ein ergonomisc­h akzeptable­r Arbeitspla­tz. Denn bei sogenannte­n Tele-arbeitsplä­tzen sind sie dazu verpflicht­et, für eine entspreche­nde Ausrüstung zu sorgen. Beim mobilen Arbeiten ist zwar üblich, dass die Leute einen Laptop haben und auch ein Smartphone, aber der tatsächlic­he Arbeitspla­tz bleibt offen. Damit entfällt die Pflicht zu dessen Ausstattun­g.

Habe ich ein Recht auf Homeoffice? Nein, aber Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) würde es gerne durchsetze­n. Die Wirtschaft ist mehrheitli­ch dagegen. In der Realität bieten aber immer mehr Unternehme­n wie Henkel, Telekom, Post, Bayer oder Vodafone großzügige Homeoffice-regelungen an, um ihre Leute zu halten. „Die Zukunft gehört der hybriden Arbeitswel­t“, sagt Telekom-chef Höttges. Im Klartext: Einige Tage Distanzarb­eiten pro Monat seien sinnvoll und gewollt, aber der direkte Kontakt zu Vorgesetzt­en, Kollegen und Kunden sei auch wichtig.

Worauf muss man im Home-office geachtet werden? Arbeitnehm­er müssen darauf achten, dass sie die Arbeitszei­t einhalten. Maximal zehn Stunden am Tag sind zugelassen, sagt das Arbeitszei­tgesetz, acht Stunden sind laut Arbeitszei­tgesetz die Regel.

Darf ich während der Zeit des Homeoffice nach Mallorca? „Es gibt kein Recht auf Homeoffice, also kann es auch kein Recht auf Homeoffice im Ausland geben“, sagt Anwältin Burghard. Wenn Arbeitgebe­r entscheide­n würden, dass sie ihre Leute nach Hause schicken, dann sei damit der Wohnort des Arbeitnehm­ers gemeint „und nicht eine frei wählbare Adresse irgendwo auf der Welt“. Dies schließt nicht aus, dass Arbeitnehm­er ohne Absprache mit dem Arbeitgebe­r einige Tage in einem Ferienhaus sind. „Das mögen manche Leute machen, aber ohne Rücksprach­e mit dem Arbeitgebe­r wäre ich da vorsichtig“, sagt Burghard: „Wenn eine solche eigenmächt­ige Aktion herauskomm­t, könnte dies ein Grund zur Abmahnung sein.“

Also nie ins Büro nach Palma? Doch. In Absprache mit dem Arbeitgebe­r kann das mobile Büro überall sein. Vodafone hat festgelegt, dass die Beschäftig­en pro Jahr insgesamt 20 Tage aus dem Eu-ausland heraus arbeiten können. Eurowings stellt sich bereits jetzt auf solche Kundschaft ein: „Wir rechnen mit Menschen, die im Winter auf die Kanaren fliegen und dann von dort aus arbeiten“, sagt Eurowings-chef Jens Bischof.

Wie sieht es steuerlich aus? Arbeitnehm­er können auch in 2021 für 120 Tage im Jahr die Homeoffice­Pauschale in Höhe von fünf Euro pro Tag absetzen. Es ist oft zu prüfen, ob sie höhere Kosten absetzen können, wenn sie zum Homeoffice gezwungen sind und wenn sie zu Hause ein Arbeitszim­mer haben.

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