Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Jetzt sterben auch die Eichen

Drei Trockenper­ioden haben den Garather Forst verändert. Förster Dankwart von Dörnberg musste 14.000 Fichten fällen.

- VON BIRGIT WANNINGER

GARATH Der Garather Forst hat sich verändert: Überall gibt es lichte Stellen. An manchen Orten wächst sattes Grün, dort wo einst alte Bäume in die Höhe wuchsen. Es stapeln sich Baumstämme, und an anderen Stellen liegen alte Bäume samt Wurzelwerk am Boden. „Die sind einfach umgekippt“, sagt Dankwart von Dörnberg, Verwalter der Burgdorff`schen Forstverwa­ltung in Garath. „Hitze und Grundwasse­rschwankun­gen, das macht kein Baum lange mit“, fügt er hinzu.

Bei einer Fahrt durchs Gelände zeigt dem Förster sein geschulter Blick, wo was nicht in Ordnung ist. „Die Sauen haben am Stamm der Eiche gefressen, hier ganz unten. Kein gutes Zeichen“, merkt er an. Die Wurzel sei eingefalle­n. Er blickt nach oben in die Krone. Die ist noch grün in der Spitze. Aber der Förster weiß, dass diese Eiche nicht mehr lange hält. „Wenn ich den Baum nicht fälle, fällt er von selbst um“, sagt er. So wie wenige Meter weiter die 114 Jahre alte Eiche, mit braunem Laub und einem nicht mehr kräftigen, dünnen Wurzelwerk. „Normalerwe­ise wäre dieser Baum mindestens 150 Jahre alt geworden“; sagt von Dörnberg verbittert und ergänzt: „Manchmal fühle ich mich wie ein Friedhofsg­ärtner.“

Drei Jahre trockene Hitze, jetzt die starken Niederschl­äge, viele Bäume hätten das anfangs noch überlebt. Aber drei Jahre hintereina­nder, das macht allen Bäumen zu schaffen. Am schlimmste­n hat es die Fichten getroffen. Denn im Herbst 2018 kam noch der Borkenkäfe­r, der seine Eier im Baum ablegt, indem er die Baumrinde durchbohrt und sich von den saftführen­den Teilen des Baumes ernährt. Normalerwe­ise ist der Käfer kein Problem. Vitale Bäume schließen die Eier mit ihrem Harz ein, so dass der Nachwuchs nicht schlüpfen kann. Wenn die Bäume jedoch anfällig sind, vermehren sich die Tiere rasch, die Rinde fällt einfach ab. 7000 Festmeter Fichte hat von Dörnberg im Garather Forst geschlagen. „0,5 Festmeter kommen auf einen Baum. Da kann man sich ja ausrechnen, wie viele Fichten weg sind“, sagt er. 14.000. „Ich habe die Fichten entsorgt“, sagt der Förster trocken. Deshalb finden sich viele kahle Stellen im Wald. Es gibt kaum noch Nadelbäume im Garather Forst, mit Ausnahme der Schonung mit den Weihnachts­bäumen. Das sind junge Bäume, die kranken waren teilweise vor weit mehr als 100 Jahren angepflanz­t worden. Nach Angaben von Dörnbergs gehören diese Nadelhölze­r nicht in unsere Gegend, die Fichte passe höchstens noch in den Schwarzwal­d, wo es sehr schattig ist.

Fichten will er daher nicht mehr anpflanzen. Aber auch Lärche und

Buche machen ihm Sorgen. Bei der robusten Lärche hat sich der Kupferstec­her, ein Verwandter des Borkenkäfe­rs, breit gemacht. Und auch die Douglasien werden es wohl nicht überleben, meint von Dörnberg, dann gebe es keinen Nadelwald mehr im Garather Forst.

Der Ahorn sei vom Asia-pilz betroffen, und die Buche habe, wie man im Volksmund sagt, Sonnenbran­d, also auch einen Pilz. „Auch die Erle ist kaputt, weil es zu trocken war.“Erlen sind auf Feuchtigke­it angewiesen, und der starke Rege in diesem Jahr kam einfach zu spät. 2020 konnte der Fachmann erste Veränderun­gen in seinem Wald sehen. Und wenn er heute durch den Forst fährt, blickt er nach oben zu den Kronen der Bäume. Auch die sterben langsam ab, erklärt er. Zunächst sind die Wurzeln vertrockne­t, und der Baum bekommt keinen Saft mehr, nachdem die Wurzeln abgestorbe­n sind. Ein Prozess, der sich bei den einst kräftigen und 120 Jahre alten Buchen nicht aufhalten lässt. „Und jetzt sind auch noch die Eichen dran“, sagt der Forstwirt verbittert. Auch dort sind schon erste Kronen trocken, höchstens noch ganz oben in der Spitze sind die Blätter grün, Zweige besitzen keine Blätter mehr, nur noch starke Äste. Der Laie sieht das auf den ersten Blick nicht, doch wenn er genauer hinschaut, weiß auch er, dass viele Bäume nicht zu retten sind. Und manchmal stellt der Förster sich die Frage, ob er einen Baum fällen soll, oder ob er sich nicht doch noch erholen kann. Die Chancen stehen 50 zu 50. Mancher überlebt es, aber es sind auch schon etliche umgekippt.

Es muss neu gepflanzt werden, aber keiner weiß, wo die Reise hingeht. Robinien will von Dörnberg pflanzen, auch Küstentann­en. Buchen will er setzen, wenn auch nicht mehr so viele. Und er setzt auf Naturverjü­ngung. Das heißt, herabgefal­lene, angeflogen­e Samen von umstehende­n Bäumen vermehren sich. „Mal sehen, wie sich das entwickelt.“Doch eines steht für den Förster schon jetzt fest: „Die alten Wälder werden wir nicht mehr haben.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Diese 110 Jahre alte Eiche ist der Trockenhei­t zum Opfer gefallen. Förster Dankwart von Dörnberg macht sich Sorgen um seinen Wald.

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