Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Das Scheitern des Westens nach 9/11
sen wollen, dürfte eine Regierung an die Macht kommen, die es eher mit dem autoritären Mullah-regime im Iran als mit dem Westen hält.
Die Kosten des bisherigen Krieges gegen den Terror sind gewaltig. Mehr als 3400 Militärangehörige der westlichen Alliierten verloren ihr Leben, darunter auch 59 Bundeswehrsoldaten. Nimmt man alle militärischen und zivilen Opfer zusammen, die der Us-krieg gegen den Terror forderte, kommt das renommierte Watson-institut der amerikanischen Brown-universität auf knapp eine Million Menschen. 8000 Milliarden Dollar (6780 Milliarden Euro) haben die Vereinigten Staaten in den 20 Jahren seit den Anschlägen für ihre Interventionen im Mittleren Osten ausgegeben. Die Schäden durch Zerstörung, ausgebliebenes Wachstum, entgangene Investitionen oder die massenhafte Flucht kommen noch einmal hinzu. Der gigantische Aufwand, aber auch die fürchterlichen Opfer, stehen in keinem Verhältnis mehr zum Ertrag des Kampfes, den die USA freilich für ihre eigene Sicherheit führen mussten.
Die Regierung in Washington hat daraus schon länger die Konsequenzen gezogen. Bereits USPräsident Barack Obama sah es als sinnlos an, sich in die „Stammeskämpfe“in dieser schwierigen Region einzumischen – selbst mit den besten Absichten. „Die USA haben sich damit teilweise als strategischer Spieler aus dem Mittleren Osten zurückgezogen“, meint Thomas Jäger, Professor für internationale Politik an der Universität Köln. Der Politikwissenschaftler macht diesen Beschluss bereits vor zehn Jahren fest, als Obama in den syrischen Bürgerkrieg trotz all der Grausamkeiten nicht eingreifen wolle. „Der Krieg in Afghanistan ist damals einfach weitergelaufen – ohne Strategie, ohne Ziel, ohne Engagement“, sagt der Kölner Professor, ein Kenner der Region.
Tatsächlich glaubte der Westen lange Zeit, er müsse nur demokratisch legitimierte Regierungen einsetzen sowie beim Aufbau der Nationen militärisch, wirtschaftlich und politisch helfen. Dann würde es für die Bevölkerung attraktiv, sich dem Modernisierungskurs anzuschließen. Sowohl der Irak als auch Afghanistan hatten durchaus bürgerliche Eliten, einen Wandel der Gesellschaft und einen gewissen ökonomischen Fortschritt erreicht, ehe Diktatoren und mächtige Stammesführer dort die Herrschaft übernahmen. Selbst der Islamismus ist eine Reaktion auf den damaligen Modernisierungskurs. Dessen Gegner stützten sich vor allem auf solche Gruppen, die nicht ausreichend davon profitierten oder – wie die muslimische Geistlichkeit und manche Stammesführer – ins Abseits gerieten.