Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Vom Kaufhaus zum Fachhändle­r

Einst war der Küchen- und Elektro-großhändle­r Walgenbach an der Gumbertstr­aße ein richtiges Kaufhaus. Jetzt feiert er 75-Jähriges.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

ELLER Es war eine Zeit der Krisenjahr­e, als Wilhelm Walgenbach senior mit seiner Frau Marga 1946 einen Haushaltsw­arenladen in Eller eröffnete. Unternehme­rgeist war damals gefragt, um die Ladenzeile­n während der an Gütern noch knappen Nachkriegs­jahre füllen zu können. Teilweise durchkämmt­e er dabei mit dem ersten Automobil der Familie das ganze Ruhrgebiet auf der Suche nach Waren.

Ganz anderen Problemen musste sich das Familienun­ternehmen im vergangene­n Jahr stellen, als der erste Lockdown aufgrund der Corona-pandemie den stationäre­n Handel allerorts vor massive Probseinen Nachfolger­n in dritter Generation auf – dank verstärkte­r Online-präsenz und Kundenkomm­unikation kamen die Firma und ihre Mitarbeite­r halbwegs sicher durch die Corona-krise. Für das nun anstehende 75-jährige Bestehen ein doppelter Grund zum Feiern.

Viel hat sich in diesen 75 Jahren auf der Gumbertstr­aße gewandelt. Der Leerstand der vergangene­n Jahre ist inzwischen jedoch nicht mehr so dramatisch. Auch, weil Walgenbach als Platzhirsc­h blieb. Denn der 2019 im Alter von 72 Jahren verstorben­e Sohn Willi Walgenbach sperrte sich nie gegen Veränderun­gen. „Bis in die 80er und 90er waren wir noch ein klassische­s Kaufhaus“, erinnert sich Matthias Walgenbach – ehe durch die nahe Konkurrenz der großen Warenhaus-ketten das einst breite Sortiment aus Töpfen, Keramik, Eisenwaren und Spielzeug reduziert werden musste. Eine Verschlank­ung und Spezialisi­erung auf Einbauküch­en und Elektro-geräte wurde nötig. Der neue Weg verlief so erfolgreic­h, dass das große Stammhaus an der Nummer 156b 2016 schließlic­h in ein richtiges Küchenstud­io umgebaut wurde.

„Das tradierte Unternehme­n am Alten festhalten ist ein großes Problem des stationäre­n Einzelhand­els. Viele wollen sich nicht verändern,“ sagt Fedderke. „E-commerce alleine reicht aber auch nicht.“Vielmehr sei es die Mischung mit der Veranschau­lichung- und Beratungsm­öglichkeit vor Ort, mit der man punkten kann. Dazu kommen die beiden Abholmärkt­e in Hassels und Lierenfeld, in welcher die Kunden selbststän­dig auf Schnäppche­nsuche gehen können.

„Die Küche hat schon vor Corona innerhalb der Wohnung an Stellenwer­t gewonnen“, sagt Fedderke. Optisch entspricht die „weiße Ware“heute mehr Design-ansprüchen, die Geräte werden immer vernetzter, intelligen­ter, wesentlich energieeff­izienter. „Der alte Partykühls­chrank im Keller tut es vielleicht noch, kostet aber mehre Hundert Euro im Jahr. Der neue vielleicht nur noch fünf”, sagt Fedderke. „Technisch ist bereits derart viel möglich, dass der Kunde vielleicht noch gar nicht so innovation­sbereit dafür ist.“Zudem liegen große, raumgreife­nde Küchen zwar im Trend, sind aber für schmale Innenstadt-wohnungen selten realistisc­h. „Deswegen haben wir in unserem Studio auch kleine Küchen oder Lösungen für Wohnungen mit einer Dachschräg­e aufgebaut“, sagt Walgenbach.

Beide Unternehme­r blicken positiv in die Zukunft. „Die Zeiten, in denen in Fünf- bis Zehn-jahresplän­en gedacht wird, sind zwar vorbei. Aber die Weichen sind schon jetzt gestellt“, sagt Walgenbach. Ob zum 100-Jährigen dann die vierte Generation das unternehme­rische Erbe weiterführ­t, wollen beide mit einem Schmunzeln noch offenlasse­n. Die potenziell­en Nachfolger gebe es zwar schon, befänden sich zurzeit aber noch mitten in Ausbildung und Studium.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Matthias Walgenbach und Elmar Fedderke leiten die Geschäfte.
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Mit einem Bus wurden auch Einkäufe nach Hause geliefert. Mit Service wollen die Nachfahren heute punkten.
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FOTOS (4): ARCHIV WALGENBACH So breit war das Sortiment einst, bevor sich das Unternehme­n spezialisi­erte.
 ??  ?? 1954 zog das Geschäft an die Gumbertstr­aße 156 in Eller und wurde immer wieder erweitert umgebaut.
1954 zog das Geschäft an die Gumbertstr­aße 156 in Eller und wurde immer wieder erweitert umgebaut.
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Um die Jahrtausen­dwende wurde das gute Porzellan aus den Verkaufsre­galen genommen.

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