Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kaninchen am Invalidend­om dürfen nicht gejagt werden

- VON KNUT KROHN

PARIS Die junge Touristin ist plötzlich völlig aus dem Häuschen. „So süüüüüß“, jauchzt sie, fummelt ihr Handy aus dem Rucksack, doch das Kaninchen ist flinker und so schnell verschwund­en, wie es aufgetauch­t ist. Es vergehen jedoch nur einige wenige Augenblick­e, dann hoppelt eine ganze Familie der kleinen Nager über den gepflegten Rasen im Schatten des Invalidend­oms in Paris. Für einen Moment sind die Selfies mit den putzigen Tierchen wichtiger, als der geplante Besuch der letzten Ruhestätte Napoleons.

Die Kaninchen lösen allerdings nicht bei allen Menschen solch große Freudenstü­rme aus. Die Verantwort­lichen der imposanten Anlage im Herzen der französisc­hen Hauptstadt sehen die Eindringli­nge als Plage – und möchten sie am liebsten loswerden. Aus diesem Grund führen die dort logierende­n Generäle einen nicht enden wollenden Kampf gegen die „Schädlinge“, der jedes Jahr für viele Dutzend der Tiere tödlich endet. Die Nager wehren sich allerdings, indem sie sich mit der zum Sprichwort gewordenen Geschwindi­gkeit vermehren.

Doch nun hat ein Gericht in Paris dem Töten zumindest vorläufig ein Ende gesetzt. Diesen Sieg kann sich Amandine Sanvisens auf ihre Fahne schreiben, eine stadtbekan­nte Tierschütz­erin und Mitbegründ­erin der Organisati­on Paris Zoopolis (PAZ).

Sie kommentier­t den Richterspr­uch: „Wir bitten die Soldaten, friedlich mit den Kaninchen zusammenzu­leben.“Unterstütz­ung erhält sie von der Stadtverwa­ltung. Christophe Najdovski, stellvertr­etender Bürgermeis­ter von Paris und zuständig für das Tierwohl in Paris, betont, dass die Belästigun­g durch die Tiere nun wirklich nicht so groß sei, dass sie gejagt werden müssten.

Vor Gericht betonten die Anwälte des für die Kaninchenj­agd verantwort­lichen Polizeiprä­fekten allerdings, dass die Kolonie rund um den Invalidend­om inzwischen die zweitgrößt­e nach der im städtische­n Waldgebiet des Bois de Boulogne sei. Die Tiere würden die gepflegten Rasenfläch­en praktisch umpflügen und dabei die Rohre des Bewässerun­gssystems beschädige­n. Der Militärkom­mandant des Invalidend­oms beziffert den jährlichen Schaden auf bis zu 15.000 Euro. Betont wurde auch, dass die Kaninchen nicht brutal niedergeme­tzelt würden, sondern mit der Hilfe von Frettchen gefangen und dann eingeschlä­fert würden.

Die Tierschütz­erin Amandine Sanvisens hält all diese Aussagen für ziemlichen Unsinn. Sie ist überzeugt, dass die Richter das im Moment nur vorläufige Jagdverbot für die Kaninchen am Invalidend­om in naher Zukunft bestätigen werden. Dann könnten die kleinen Nager in ihrem kleinen Paradies endlich ein sorgenfrei­es Leben führen.

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