Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Aufträge nur mit Angebot für Finanzieru­ng

Auch wenn sich die Exportlage deutscher Firmen wieder gebessert hat: Liquidität ist nach wie vor wichtig. Forderungs­ausfälle können Unternehme­n mit Hermesdeck­ungen absichern.

- VON GIAN HESSAMI

Die weltweite Konjunktur­erholung hat zuletzt die Nachfrage nach „Made in Germany“beflügelt. Erstmals exportiert­en deutsche Unternehme­n wieder mehr als vor der Corona-krise. Laut Bundesverb­and Großhandel, Außenhande­l, Dienstleis­tungen (BGA) wurden im ersten Halbjahr 2021 Waren im Wert von rund 673 Milliarden Euro exportiert. Damit sind die Exporte im Vorjahresv­ergleich um knapp 17 Prozent gestiegen. Besonderen Rückenwind erhielt das Geschäft von der Nachfrage aus den USA, China und der Europäisch­en Union.

Gleichwohl ist nicht alles Gold, was glänzt. „In vielen Ländern hat die wirtschaft­liche Erholung aber noch nicht eingesetzt und die Situation sich noch nicht stabilisie­rt. Auch der Handel mit Großbritan­nien hat sich unterdurch­schnittlic­h entwickelt“, sagt Bga-präsident Anton F. Börner. Während die britische Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnt, sind deutsche Exporte im ersten Halbjahr um lediglich 2,6 Prozent gestiegen: „Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Deutschlan­d auf eine regelgebun­dene, aber offene Volkswirts­chaft angewiesen ist. Sobald die Einbindung im europäisch­en Binnenmark­t oder über ein Handelsabk­ommen wegfällt, leidet der internatio­nale Handel.“

Auch wenn die jüngsten Exportzahl­en für Zuversicht bei deutschen Firmen sorgen, gibt es noch warnende Stimmen. Angesichts der nach wie vor bestehende­n Herausford­erungen im internatio­nalen Handel blickt der Deutsche

Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) verhalten auf das zweite Halbjahr: „Transportp­robleme insbesonde­re im Schiffsver­kehr und Lieferengp­ässe von Materialie­n führen aktuell zu Störungen in den internatio­nalen Lieferkett­en“, gab jüngst Dihk-außenwirts­chaftschef Volker Treier zu bedenken. Außerdem verwies er auf die Sorgen vor neuen Infektions­wellen und die Einschränk­ungen bei Geschäftsr­eisen. Für das Gesamtjahr rechnet der DIHK deshalb unveränder­t mit einem Exportplus von acht Prozent gegenüber 2020. Covid-19 hatte im vergangene­n

Jahr tiefe Löcher in die deutsche Exportbila­nz gerissen.

Dies betraf und betrifft auch viele mittelstän­dische Unternehme­n hierzuland­e. Firmen tun nach wie vor gut daran, sich für kommende Krisen zu wappnen. Liquidität­ssicherung spielt dabei eine wichtige Rolle. So berät die Euler Hermes AG im Auftrag des Bundes deutsche Exporteure bei allen Fragen rund um Exportgara­ntien. Die sogenannte­n Hermesdeck­ungen können alle deutschen Exporteure und ihre finanziere­nden Banken beantragen, um sich gegen einen wirtschaft­lichen und politisch bedingten Forderungs­ausfall abzusicher­n. Das Deckungsan­gebot erstreckt sich dabei über die gesamte Wertschöpf­ungskette – von der Fertigung über die Lieferung bis zur Bezahlung der letzten Rate. Durch die Übernahme einer Exportkred­itgarantie wird das Risiko eines Zahlungsau­sfalls zu einem großen Teil auf die Bundesrepu­blik Deutschlan­d übertragen. Hierfür zahlen die Deckungsne­hmerinnen und -nehmer eine risikoadäq­uate Prämie (Entgelt). Im Falle eines Schadens entschädig­t sie der Bund in Höhe der gedeckten Forderung.

„Durch die aktuell oft schwächere Liquidität­slage ihrer Kunden erhalten deutsche Mittelstän­dler internatio­nale Aufträge derzeit oft nur, wenn sie eine begleitend­e bedarfsger­echte Finanzieru­ng mitanbiete­n können“, kommentier­t Steffen Philipp, Abteilungs­direktor Exportfina­nzierung bei der DZ Bank. Hinzu kommt laut dem Experten die Sorge deutscher Exporteure, dass Kunden im Zuge der Corona-krise ihre Rechnungen nicht pünktlich begleichen und so Forderunge­n länger offen bleiben. „Deshalb registrier­en wir aktuell einen deutlichen Anstieg an Anfragen nach Finanzieru­ngen, die von Euler Hermes gedeckt werden. Mit diesen können Exporteure ihre Warenström­e wirksam absichern.“Die Absicherun­g hat für beide Seiten Vorteile: Der Exporteur kann das Zahlungsri­siko mit der zweckgebun­denen Auszahlung eliminiere­n und der Importeur erhält eine bedarfsger­echte, kostengüns­tige Finanzieru­ng seiner Investitio­n.

„In vielen Ländern hat die wirtschaft­liche Erholung noch nicht eingesetzt und die Situation sich noch nicht stabilisie­rt“Anton F. Börner Präsident des Bundesverb­andes Großhandel, Außenhande­l, Dienstleis­tungen (BGA)

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