Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
„Es mangelt an Investitionsbereitschaft“
BAUST Der Finanzvorstand der Stadtsparkasse sagt, wie Düsseldorfs Unternehmen durch die Pandemie kommen.
DÜSSELDORF Die Folgen einer wirtschaftlichen Krise lassen sich besonders gut am Geld ablesen. In dieser Hinsicht hat die Stadtsparkasse einen der besten Einblicke in die Lage der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Düsseldorf. Uwe Baust, Vorstandsmitglied für die Firmenkunden, zieht nach anderthalb Jahren Pandemie Bilanz.
Herr Baust, wie war der Bedarf nach Hilfskrediten der KFW-BANK? BAUST Insgesamt hat die Stadtsparkasse Düsseldorf rund 900 Unternehmen Hilfskredite bereitgestellt. Bis Ende vergangenen Jahres für einen Gesamtbetrag von 317,5 Millionen Euro. In diesem Jahr kamen noch 23,5 Millionen Euro hinzu, die Nachfrage hat sich also abgekühlt. Für viele Unternehmen waren die Hilfskredite überlebenswichtig, einige haben aber auch lediglich vorsichtig agiert und sie als Sicherheitsnetz genutzt. Manche haben sie sogar schon zurückgegeben.
Wie sieht es bei staatlicher Sofortund Überbrückungshilfe aus? BAUST Wir kommen auf mehr als 18.000 einzelne Zuschüsse in Höhe von 241 Millionen Euro, die über unsere Konten geflossen sind. Dieses Geld zusammen mit der Kurzarbeit und temporärer Aussetzung von Insolvenzantragspflichten hat die Wirtschaft sehr gut gestützt.
Wie steht sie aus Ihrer Sicht mittlerweile in Düsseldorf da?
BAUST Die Mehrheit der Unternehmen ist schrittweise gut aus der Kurve gekommen. Bei einer Minderheit, insbesondere größeren Unternehmen, ist das Vorkrisenniveau erreicht, gerade im Im- und Export oder in der Industrie, zum Beispiel Chemie und Maschinenbau. Ein wichtiger Indikator für die Gesamtlage ist, dass unsere Betriebsmittelkredit-linien zur Deckung von kurzfristigen Liquiditätsbedarfen im Umlaufvermögen zurzeit nur zu 30 Prozent ausgenutzt werden. Das ist ein positives Signal. Aber wir sehen noch eine große Betroffenheit in Branchen wie Gastronomie, Verkehr, Messewesen, Reisen, Kultur und stationärem Handel, wo die Unternehmen viel öfter ans Limit gehen und die Grenzen ihrer Verschuldungskapazität zum Teil sogar überschreiten – hier beraten wir über Eigenkapitalhilfen oder unterstützen beim Verkauf von Unternehmen. Zudem ist auffällig, dass die Kontoumsätze in besonders betroffenen Branchen immer noch auf sehr niedrigem Niveau liegen. Auch ein noch nicht wieder angezogenes Geschäft kann dazu führen, dass die Kreditlinien nicht ausgereizt werden. Der Wendepunkt bei den Umsätzen war bei Unternehmen bis zu einem Umsatz von 20 Millionen Euro im Mai erreicht, seither geht es langsam aufwärts.
Erwarten Sie da noch steigende Insolvenzzahlen?
BAUST Die erwartete Welle ist zum Glück auch für unsere Region ausgeblieben. Obwohl es abweichend vom Bundestrend deutlich mehr Fälle im ersten Halbjahr in Düsseldorf gab, liegt die Zahl noch klar unter dem langjährigen Mittel. Die Wirtschaft ist robust, die Eigenkapitalquoten sind sehr viel höher als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Auch bei uns gab es im ersten Halbjahr wenig Einzelwertberichtigungen, so dass wir verhalten optimistisch sind, dass da keine größeren Ausschläge mehr kommen. Auch bei den Ratingklassen für die Kredite gab es nur sehr leichte Verschlechterungen.
Wie entwickelt sich ihr Kreditgeschäft?
BAUST Während der Markt in den ersten beiden Quartalen des Jahres bei den Neukreditzusagen minus sieben bis neun Prozent verzeichnete, konnten wir erfreulicherweise mit 642,9 Millionen Euro unser Niveau des Vorjahres halten. Im Durchschnittsbestand sind wir sogar um 400 Millionen Euro, also acht Prozent, gewachsen. Die Hilfskredite machen hier nur einen Anteil von 159 Millionen aus. Unsere Marktführerschaft im Kreditgeschäft, auch für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Stadt, haben wir damit klar ausgebaut. Es sind auch viele neue Kunden zu uns gekommen, weil wir uns nicht wie andere weggeduckt haben, sondern fest auch in schwierigen Zeiten an der Seite der Wirtschaft stehen. Wir wachsen dabei profitabel, unsere Erträge im Firmenkredit- und Provisionsgeschäft konnten wir bei stagnierenden Markterträgen jeweils um 6,7 Prozent im ersten Halbjahr steigern.
Was macht Ihnen die größte Sorge bei den kleinen und mittleren Unternehmen in Düsseldorf?
BAUST So gnadenlos die Pandemie unverändert viele Branchen betrifft: Der Mangel an Investitionsbereitschaft, besonders im Hinblick auf die Digitalisierung. Das zeigen unsere Checks, mit denen die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens analysiert wird. Wir haben mittlerweile über 300 Kunden und Nichtkunden beraten und vermitteln mit Hilfe eines auf kleine und mittlere Unternehmen fokussierten Netzwerks Partner, die bei der Umsetzung helfen.
Die Stadtsparkasse wird also zum Unternehmensberater. In wie fern ist das der Ansatz, um auch in zehn Jahren noch mit Blick auf die zahlreichen digitalen Finanzdienstleister eine Daseinsberechtigung zu haben?
BAUST Genau. Wir wollen uns abheben, in dem wir auch für die kleineren und mittleren Unternehmen derartige Mehrwerte, neudeutsch Beyond-banking-lösungen, anbieten. Und gleichzeitig bleibt unsere Positionierung im klassischen Kerngeschäft dabei glasklar: eine zwar kostenintensive, aber gleichermaßen breit aufgestellte und tief spezialisierte Beratung mit persönlich bekannten Ansprechpartnern vor Ort bei hoher Kontinuität anzubieten. Das bietet sonst keiner wie wir. Wir werden unser Beratungsangebot zudem auch weiter konsequent digital und telefonisch ausbauen, um letztlich unkompliziert, schnell und rund um die Uhr für unsere Firmenkunden da zu sein.