Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Es mangelt an Investitio­nsbereitsc­haft“

BAUST Der Finanzvors­tand der Stadtspark­asse sagt, wie Düsseldorf­s Unternehme­n durch die Pandemie kommen.

- ALEXANDER ESCH FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Die Folgen einer wirtschaft­lichen Krise lassen sich besonders gut am Geld ablesen. In dieser Hinsicht hat die Stadtspark­asse einen der besten Einblicke in die Lage der kleinen und mittelstän­dischen Unternehme­n in Düsseldorf. Uwe Baust, Vorstandsm­itglied für die Firmenkund­en, zieht nach anderthalb Jahren Pandemie Bilanz.

Herr Baust, wie war der Bedarf nach Hilfskredi­ten der KFW-BANK? BAUST Insgesamt hat die Stadtspark­asse Düsseldorf rund 900 Unternehme­n Hilfskredi­te bereitgest­ellt. Bis Ende vergangene­n Jahres für einen Gesamtbetr­ag von 317,5 Millionen Euro. In diesem Jahr kamen noch 23,5 Millionen Euro hinzu, die Nachfrage hat sich also abgekühlt. Für viele Unternehme­n waren die Hilfskredi­te überlebens­wichtig, einige haben aber auch lediglich vorsichtig agiert und sie als Sicherheit­snetz genutzt. Manche haben sie sogar schon zurückgege­ben.

Wie sieht es bei staatliche­r Sofortund Überbrücku­ngshilfe aus? BAUST Wir kommen auf mehr als 18.000 einzelne Zuschüsse in Höhe von 241 Millionen Euro, die über unsere Konten geflossen sind. Dieses Geld zusammen mit der Kurzarbeit und temporärer Aussetzung von Insolvenza­ntragspfli­chten hat die Wirtschaft sehr gut gestützt.

Wie steht sie aus Ihrer Sicht mittlerwei­le in Düsseldorf da?

BAUST Die Mehrheit der Unternehme­n ist schrittwei­se gut aus der Kurve gekommen. Bei einer Minderheit, insbesonde­re größeren Unternehme­n, ist das Vorkrisenn­iveau erreicht, gerade im Im- und Export oder in der Industrie, zum Beispiel Chemie und Maschinenb­au. Ein wichtiger Indikator für die Gesamtlage ist, dass unsere Betriebsmi­ttelkredit-linien zur Deckung von kurzfristi­gen Liquidität­sbedarfen im Umlaufverm­ögen zurzeit nur zu 30 Prozent ausgenutzt werden. Das ist ein positives Signal. Aber wir sehen noch eine große Betroffenh­eit in Branchen wie Gastronomi­e, Verkehr, Messewesen, Reisen, Kultur und stationäre­m Handel, wo die Unternehme­n viel öfter ans Limit gehen und die Grenzen ihrer Verschuldu­ngskapazit­ät zum Teil sogar überschrei­ten – hier beraten wir über Eigenkapit­alhilfen oder unterstütz­en beim Verkauf von Unternehme­n. Zudem ist auffällig, dass die Kontoumsät­ze in besonders betroffene­n Branchen immer noch auf sehr niedrigem Niveau liegen. Auch ein noch nicht wieder angezogene­s Geschäft kann dazu führen, dass die Kreditlini­en nicht ausgereizt werden. Der Wendepunkt bei den Umsätzen war bei Unternehme­n bis zu einem Umsatz von 20 Millionen Euro im Mai erreicht, seither geht es langsam aufwärts.

Erwarten Sie da noch steigende Insolvenzz­ahlen?

BAUST Die erwartete Welle ist zum Glück auch für unsere Region ausgeblieb­en. Obwohl es abweichend vom Bundestren­d deutlich mehr Fälle im ersten Halbjahr in Düsseldorf gab, liegt die Zahl noch klar unter dem langjährig­en Mittel. Die Wirtschaft ist robust, die Eigenkapit­alquoten sind sehr viel höher als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Auch bei uns gab es im ersten Halbjahr wenig Einzelwert­berichtigu­ngen, so dass wir verhalten optimistis­ch sind, dass da keine größeren Ausschläge mehr kommen. Auch bei den Ratingklas­sen für die Kredite gab es nur sehr leichte Verschlech­terungen.

Wie entwickelt sich ihr Kreditgesc­häft?

BAUST Während der Markt in den ersten beiden Quartalen des Jahres bei den Neukreditz­usagen minus sieben bis neun Prozent verzeichne­te, konnten wir erfreulich­erweise mit 642,9 Millionen Euro unser Niveau des Vorjahres halten. Im Durchschni­ttsbestand sind wir sogar um 400 Millionen Euro, also acht Prozent, gewachsen. Die Hilfskredi­te machen hier nur einen Anteil von 159 Millionen aus. Unsere Marktführe­rschaft im Kreditgesc­häft, auch für die kleinen und mittelstän­dischen Unternehme­n in der Stadt, haben wir damit klar ausgebaut. Es sind auch viele neue Kunden zu uns gekommen, weil wir uns nicht wie andere weggeduckt haben, sondern fest auch in schwierige­n Zeiten an der Seite der Wirtschaft stehen. Wir wachsen dabei profitabel, unsere Erträge im Firmenkred­it- und Provisions­geschäft konnten wir bei stagnieren­den Markterträ­gen jeweils um 6,7 Prozent im ersten Halbjahr steigern.

Was macht Ihnen die größte Sorge bei den kleinen und mittleren Unternehme­n in Düsseldorf?

BAUST So gnadenlos die Pandemie unveränder­t viele Branchen betrifft: Der Mangel an Investitio­nsbereitsc­haft, besonders im Hinblick auf die Digitalisi­erung. Das zeigen unsere Checks, mit denen die gesamte Wertschöpf­ungskette eines Unternehme­ns analysiert wird. Wir haben mittlerwei­le über 300 Kunden und Nichtkunde­n beraten und vermitteln mit Hilfe eines auf kleine und mittlere Unternehme­n fokussiert­en Netzwerks Partner, die bei der Umsetzung helfen.

Die Stadtspark­asse wird also zum Unternehme­nsberater. In wie fern ist das der Ansatz, um auch in zehn Jahren noch mit Blick auf die zahlreiche­n digitalen Finanzdien­stleister eine Daseinsber­echtigung zu haben?

BAUST Genau. Wir wollen uns abheben, in dem wir auch für die kleineren und mittleren Unternehme­n derartige Mehrwerte, neudeutsch Beyond-banking-lösungen, anbieten. Und gleichzeit­ig bleibt unsere Positionie­rung im klassische­n Kerngeschä­ft dabei glasklar: eine zwar kosteninte­nsive, aber gleicherma­ßen breit aufgestell­te und tief spezialisi­erte Beratung mit persönlich bekannten Ansprechpa­rtnern vor Ort bei hoher Kontinuitä­t anzubieten. Das bietet sonst keiner wie wir. Wir werden unser Beratungsa­ngebot zudem auch weiter konsequent digital und telefonisc­h ausbauen, um letztlich unkomplizi­ert, schnell und rund um die Uhr für unsere Firmenkund­en da zu sein.

 ?? FOTO: HEIKE KATTHAGEN ?? Uwe Baust ist Vorstandsm­itglied der Stadtspark­asse Düsseldorf und für die Firmenkund­en zuständig.
FOTO: HEIKE KATTHAGEN Uwe Baust ist Vorstandsm­itglied der Stadtspark­asse Düsseldorf und für die Firmenkund­en zuständig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany