Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Tollhaus Union
Alexander Dobrindt erfand eine besonders süffisante Bemerkung: Er sei Zeuge, so führte der Csu-landesgruppenchef genüsslich aus, dass die Parteichefs von CDU und CSU dem neuen Unions-fraktionsvorsitzenden und CDUPolitiker Ralph Brinkhaus zur Wahl gratuliert hätten.
CDU-CHEF Armin Laschet und der Csu-vorsitzende Markus Söder konnten das leider nicht selbst bestätigen. Beide waren zur Pressekonferenz nach der Fraktionssitzung am späten Dienstagabend gar nicht erst erschienen. Söder hatte vorher aber schon SPDKanzlerkandidat Scholz zum Wahlerfolg gratuliert. Abgestimmt war das nicht. Auch der frisch – für die erstaunliche Zahl von sieben Monaten – ins Amt gewählte Brinkhaus wies den Parteichef am Abend öffentlich in die Schranken. Auf die Frage, was Laschet tun werde, wenn die Union in die Opposition gehe, meinte Brinkhaus lapidar, ein Parteivorsitzender sei ja ganz gut beschäftigt. Politische Gegner braucht die Union gerade gar nicht, das erledigt sie von selbst.
Diese Vielstimmigkeit ist ein Indiz für die Unordnung, ja das Chaos in der Union nach dem verheerenden Wahlergebnis. Laschet hat zu viele „Mission Impossibles“zugelassen. Er vermochte es nicht, personelle Konflikte im Vorfeld abzuwenden. Dazu muss man gar nicht persönlich in Erscheinung treten – aber Leute haben, die das für einen erledigen. Es gab keine vertraulichen Gespräche mit der Fraktionsspitze in Berlin. Ebenso wie zuvor schon der Machtkampf mit Söder nicht hatte vermieden werden können.
Der Aachener hat nun eine gewisse Schonfrist bekommen. Für ihn gilt noch mehr als vor der Wahl: alles auf eine Karte. Doch die Chance, Kanzler zu werden, ist nicht mehr sehr hoch. Passiert das nicht, steht er vor einem politischen Scherbenhaufen – den dann wahrscheinlich andere aufkehren.
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