Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Tollhaus Union

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Alexander Dobrindt erfand eine besonders süffisante Bemerkung: Er sei Zeuge, so führte der Csu-landesgrup­penchef genüsslich aus, dass die Parteichef­s von CDU und CSU dem neuen Unions-fraktionsv­orsitzende­n und CDUPolitik­er Ralph Brinkhaus zur Wahl gratuliert hätten.

CDU-CHEF Armin Laschet und der Csu-vorsitzend­e Markus Söder konnten das leider nicht selbst bestätigen. Beide waren zur Pressekonf­erenz nach der Fraktionss­itzung am späten Dienstagab­end gar nicht erst erschienen. Söder hatte vorher aber schon SPDKanzler­kandidat Scholz zum Wahlerfolg gratuliert. Abgestimmt war das nicht. Auch der frisch – für die erstaunlic­he Zahl von sieben Monaten – ins Amt gewählte Brinkhaus wies den Parteichef am Abend öffentlich in die Schranken. Auf die Frage, was Laschet tun werde, wenn die Union in die Opposition gehe, meinte Brinkhaus lapidar, ein Parteivors­itzender sei ja ganz gut beschäftig­t. Politische Gegner braucht die Union gerade gar nicht, das erledigt sie von selbst.

Diese Vielstimmi­gkeit ist ein Indiz für die Unordnung, ja das Chaos in der Union nach dem verheerend­en Wahlergebn­is. Laschet hat zu viele „Mission Impossible­s“zugelassen. Er vermochte es nicht, personelle Konflikte im Vorfeld abzuwenden. Dazu muss man gar nicht persönlich in Erscheinun­g treten – aber Leute haben, die das für einen erledigen. Es gab keine vertraulic­hen Gespräche mit der Fraktionss­pitze in Berlin. Ebenso wie zuvor schon der Machtkampf mit Söder nicht hatte vermieden werden können.

Der Aachener hat nun eine gewisse Schonfrist bekommen. Für ihn gilt noch mehr als vor der Wahl: alles auf eine Karte. Doch die Chance, Kanzler zu werden, ist nicht mehr sehr hoch. Passiert das nicht, steht er vor einem politische­n Scherbenha­ufen – den dann wahrschein­lich andere aufkehren.

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