Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Söders Taktik
Der Einfluss des Csu-chefs innerhalb der Union wächst nach der Wahlschlappe. Zum Leidwesen von Kanzlerkandidat Armin Laschet.
völlig dahingestellt, weil es völlig irrelevant ist, zunächst einmal.“Er räumt das Gerücht nicht ab – wohl wissend, dass derartige Spekulationen für Laschet verheerend sind.
Dass Söders Wort derartiges Gewicht hat, liegt nicht nur an seinem ausgeprägten Machtinstinkt. Er hat auch gezeigt, dass er ein Gespür für gesellschaftliche Veränderungen hat und die Bereitschaft, den eigenen Kurs anzupassen. Weil das Problembewusstsein für die Klimakrise wächst, umarmt Söder mittlerweile Bäume und sagt Sätze wie: „Man kann auch grüne Politik machen ohne die Grünen.“Weil es große Defizite bei der Gleichberechtigung gibt, gerade in der Politik, hat die CSU für diese Wahl erstmals eine paritätisch besetzte Liste aufgestellt.
Besonders schmerzlich nach dieser Wahl ist aus Söders Sicht, dass man bei konservativen Kernkompetenzen wie innerer Sicherheit oder Wirtschaftspolitik an Wählervertrauen verloren hat und der Rückhalt in der älteren Stammklientel bröckelt. Auch deswegen verfestigt sich in der CSU das Bewusstsein dafür, dass die Union sich grundlegend erneuern muss, wenn sie Volkspartei bleiben will. Man will es mit mehr Einbindung der Basis, Dialog und Partizipation versuchen. Ob das die alleinige Antwort auf die Krise sein kann, ist fraglich. Den Problembefund zieht jedenfalls keiner mehr in Zweifel. Auch in der CDU teilt man Söders Analysen: „Erst haben wir die Stammwähler verloren, dann die MerkelWähler“, sagt ein Vorstandsmitglied. Ein anderes betont: Koalitionsverhandlungen könne man nur führen, „wenn man weiß, wofür man steht“. Die CDU müsse daher ihren „Markenkern wieder nach vorne bringen“. Es sind Erkenntnisse, die Söder teilt – und die ihn stärken.
Es ist freilich nicht so, dass Armin Laschet null Einsicht hätte und er zu allem gedrängt werden müsste, wie die CSU gerne suggeriert. Am
Montag im Cdu-vorstand räumt der Parteichef „persönliche Fehler im Wahlkampf“ein. Egal ob die CDU regiere oder nicht, alles müsse aufgearbeitet werden. Am Dienstag in der Fraktionssitzung beruhigt der Kanzlerkandidat die Gemüter, indem er um Entschuldigung bittet. Es sind Reaktionen unter Druck.
Doch auch Söders Drang nach Erneuerung speist sich nicht nur aus politischem Weitblick. Dem starken Mann an der Spitze der CSU geht es auch um die eigene Haut. Und um die zu retten, ist ihm jedes Mittel recht. Die CSU hat sich bei dieser Wahl nur knapp über die 30-Prozent-marke gerettet und im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 ordentlich Federn gelassen. Söder blickt bereits auf die Landtagswahl in Bayern in zwei Jahren. Bei jedem Manöver, das er dieser Tage vollzieht, geht es auch um die Frage, wie er seine Macht in Bayern stabilisieren kann. Insider glauben sogar, dass eine Ampel im Bund Söder nützen würde. „Armin und Markus, das wird ein tolles Team“, tönte Laschet im Wahlkampf-endspurt. Nach der Wahl ist davon nichts zu sehen.