Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Preisvergleich für mehr Transparenz
Eine neue Regelung soll Autofahrern dabei helfen, die Kosten von Antriebsarten zu vergleichen – und den Abschied von Benzin und Diesel schmackhafter machen. Das soll dem Klimaschutz helfen, aber die Tankstellenbranche ist sauer.
DÜSSELDORF Wer mit dem Auto zur Tankstelle fährt, schaut oft zuerst auf die Spritpreise: Meist erschließen sich Autofahrer diese Informationen mithilfe der Preismasten, die an den Tankstellen stehen. Sie zeigen an, wie viel Geld sie für Super, Diesel oder Erdgas pro Liter zahlen müssen. Ab dem 1. Oktober gibt es an vielen deutschen Tankstellen eine neue Möglichkeit, sich darüber zu informieren, wie viel Autofahrer mit einem bestimmten Kraftstoff sparen können – oder eben nicht.
Ab dann müssen Tankstellen mit mehr als sechs Zapfsäulen einen Energiekostenvergleich anzeigen. Der Vergleich ist ein schwarz-gelber Aushang, herausgegeben vom Bundeswirtschaftsministerium. Auf ihm stehen sieben verschiedene Kraftstoffe, unter anderem Wasserstoff, Strom, Diesel und Super. Und darauf steht, wie viel Geld Autofahrer mit den jeweiligen Antrieben pro 100 Kilometer zahlen müssen. So zahlt ein Kleinwagenfahrer nach der Rechnung des Wirtschaftsministeriums 9,26 Euro pro 100 Kilometer mit Super, 6,55 Euro mit Diesel und 4,74 Euro auf 100 Kilometer mit Strom, der günstigsten Antriebsart. Den „Energiekostenvergleich für Pkw“müssen die Tankstellenbetreiber gut sichtbar aufhängen.
Grund dafür ist die Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes, die am 26. Juli vollzogen worden ist. Die Regelung setzt eine Eu-vorgabe aus dem Jahr 2014 um und soll, wie es im Gesetzestext heißt, dabei helfen, „künftige Kaufentscheidungen der Verbraucher bei der Personenkraftfahrzeugwahl zu unterstützen“. Sie soll ein weiterer Anreiz dafür sein, dass Autofahrer immer weniger auf den Verbrennermotor setzen – und stattdessen auf alternative Antriebe umsteigen.
Die E-mobilität soll massiv ausgebaut werden. In Deutschland, in der Europäischen Union – und weltweit. Inzwischen setzt sich auch die Autoindustrie dafür ein; Volkswagen-chef Herbert Diess forderte nach der Bundestagswahl via Twitter von der neuen Bundesregierung, die Ladestruktur für E-mobilität zu verbessern und die Kaufprämie von bis zu 9000 Euro für E-autos bis 2025 beizubehalten. Dabei befindet sich die E-mobilität schon im Aufwind: In Deutschland wurden nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes 2020 dreimal mehr E-autos zugelassen als im Vorjahr. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite ist der Gesamtanteil von E-autos auf den deutschen Straßen noch gering: 2020 machten sie nur 1,2 Prozent des Gesamtfahrzeugbestandes aus. Der Energiekostenvergleich an den Tankstellen soll dabei helfen, diesen Anteil zu erhöhen.
„Die Aktion ist schon etwas seltsam. Als ob Leute nun das Auto wechseln, nur weil sie einen Hinweis auf günstigere E-autos lesen, während sie sich über ihre aktuell ja sehr hohe Tankrechnung ärgern. So tickt doch niemand“, sagt dagegen Wirtschaftsprofessor und Automarkt-experte Ferdinand Dudenhöffer. Der ADAC hingegen befürwortet die neue Regelung. „Es ist nur ein Hinweis. Aber es ist ein guter Hinweis“, sagt ein Sprecher des größten deutschen Automobilclubs. Aber der neue Aushang alleine werde natürlich nicht die Wende bringen. „Das ist nur ein Mosaikstein“, so der Sprecher.
Der Tankstellen-interessenverband ist gar nicht angetan vom
Energievergleich. „Aus meiner Sicht macht das überhaupt keinen Sinn“, sagt Jochen Wilhelm, Geschäftsführer des Verbandes. Er sei sowieso gegen die Umstellung auf Elektromobilität. „Ich sehe das natürlich mit einer Tankstellenbrille, aber: Für uns ist die E-mobilität existenzbedrohend.“Sie zerstöre das Geschäftsmodell der Tankstellen. Die Politik solle sich nicht auf E-AUtos festlegen, sondern auch andere Möglichkeiten wie synthetische Kraftstoffe „offen diskutieren“, sagt er. Dann würden die Tankstellen weiter gebraucht. Dass es zu immer mehr E-mobilität kommt, ist sehr wahrscheinlich. Aber Autofahrer werden nicht an jeder Tankstelle darauf hingewiesen, wie viel sie mit dem jeweiligen Kraftstoff sparen werden: Nur bei Tankstellen mit mehr als sechs verschiedenen Zapfsäulen muss der Energievergleich angebracht werden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums trifft das nur auf rund zehn Prozent der Tankstellen zu.
Die fehlenden Technologieoffenheit ist zudem nicht das Einzige, was Tankstellen-interessenvertreter Schreiner an dem neuen Gesetz kritisiert: „Bei den angegebenen Preisen für Strom bedient sich das Wirtschaftsministerium beim durchschnittlichen Haushaltsstrompreis“, sagt er. Öffentliches Laden sei oft viel teurer, tauche in der Rechnung aber gar nicht auf. Das verzerre die Preisangaben.
„Der Ladestrompreis für Elektrofahrzeuge entspricht dem Durchschnittspreis für Ladestromtarife am Haushaltsanschluss. Mehr als 80 Prozent der Ladevorgänge finden zu Hause statt“, schreibt das Ministerium. Der Kostenvergleich wird alle drei Monate aktualisiert und zeigt die Durchschnittspreise an.
Ob mit oder ohne Energievergleich bleibt die Frage: Lohnt sich ein E-auto finanziell und fürs Klima? Es könne sich lohnen, sagt Autoexperte Dudenhöffer: „Je mehr Kilometer ich fahre, umso mehr kann ich durch das E-auto sparen. Das liegt vorrangig daran, dass der Staat die Anschaffung derart massiv subventioniert, dass dies die Bürger massiv entlastet.“Zudem würden E-autos immer günstiger, weil die Autobauer in einem harten Wettbewerb stehen. E-autos allein werden den Verkehr aber auch nicht klimaneutral machen. Zumindest solange der Strom zu einem Drittel aus nicht-erneuerbaren Energien gewonnen wird. Als Gegenstrategie brauche es schnellen Ausbau der Stromtrassen und der Ökoenergien, sagt Dudenhöffer.