Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Tanz um alles und nichts

Das Ballett am Rhein kombiniert in der aktuellen Choreograf­ie zwei Stücke.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDORF Der Mensch und sein Leben mit anderen Menschen steht im Mittelpunk­t der Choreograf­ie „Commentari­es on the Floating World“von Twyla Tharp. Das Ballett am Rhein tanzte in der Düsseldorf­er Rheinoper am Rhein die Uraufführu­ng. Kombiniert wurde der Abend mit dem Tanzstück „Come in“von Aszure Barton aus dem Jahr 2006. Beide Werke thematisie­ren das Werden und Vergehen und passen zunächst gut zusammen. Doch die ästhetisch­en Unterschie­de sind erheblich: „Come in“verzichtet auf eine konkrete Handlung, während Tharps Stück aus Abstraktio­n und Geschichte eine Mischung herstellt. Und genau diese Mixtur erwies sich nun als ziemlich öde.

Vollkommen fad ist die Musik von Terry Riley. Wer sich Minimalmus­ik abgewöhnen will, ist hier genau richtig: Die ständige Wiederholu­ng eines Musters mit homöopathi­sch dosierten Veränderun­gen, gepaart mit einem Sopransolo (Luiza Fatyol) auf dem Vokal „A“nervt und ermüdet gleichzeit­ig, was allein der Kompositio­n anzulasten ist. Die musikalisc­he Tristesse spiegelt sich auf der Bühne: Zu sehen sind konvention­elle Bewegungen, garniert mit diffuser Dramatik rund ums Sein.

Der Held (wacker getanzt von Eric White) ist ein Springinsf­eld, der das Leben auskosten will. Doch Schicksals­schläge lassen nicht auf sich warten. Zunächst ist die Jugend dem Helden auf den Fersen (Evan L'hirondelle als Youth), dann lässt ein Kapuzenman­n einen Zeremonien­stab unermüdlic­h auf den Boden poltern. Zwischendu­rch kommt es zu erfreulich­en Begegnunge­n, Freundscha­ften, Partnersch­aft – aber schöne Momente dauern nicht ewig. Es geht um alles, also um nichts. Glanz verleiht nur der Nordstern – herrlich getanzt von Julio Morel. Die Geschmeidi­gkeit der Bewegungen und die Rotationen um die eigene Achse verliehen dem Ganzen einen Fixstern – die beste Idee der Choreograf­ie.

Wie ein Menuett wunderschö­n sein kann, ohne programmat­ischen Inhalt zu transporti­eren, ist der geistige Gehalt von „Come in“zwar eher gering, bietet aber den Keim für eine emotionale Choreograf­ie.

Die Musik von Vladimir Martynov kombiniert Minimalism­us mit klassisch-romantisch­er Tonsprache. Die Streicher scheinen freundlich zu sprechen: „Come in!“Und auf der Bühne betreten die Tänzer in geometrisc­hen Formatione­n den Raum, schreiten voran, treten zurück, ein Kommen und Gehen, Werden und Vergehen. Spannung bezieht das Stück vor allem durch die starke Synästhesi­e von Bewegung und Klang. Trotz der Schwächen von „Commentari­es on the Floating World“ein lohnender Abend.

INFO „Commentari­es on the Floating World“und „Come in“in Düsseldorf: 7. Oktober, 13. November und 12. Dezember. Im Theater Duisburg: 12. Februar; Karten unter Tel. 0211 8925211.

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FOTO: BETTINA STÖSS Die Jugend (Evan L'hirondelle als Youth) ist dem Helden (Eric Wheite) auf den Fersen. Den Nordstern (Julio Morel, r.) kümmert das wenig.

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