Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Irene Velten ist die Tante Emma aus Lörick
Vor 40 Jahren hat die heute 79-Jährige an der Löricker Straße ihr Büdchen eröffnet. Doch dessen Ende ist nun in Sicht.
LÖRICK An einem der Wandschränke hängen gut 30 kleine Zettel. „Darauf stehen die ‚Fränzchen`-bestellungen für morgen. Ich muss die Menge im Kopf kalkulieren und mir genau merken, wer welche Brötchen bestellt hat“, erzählt Irene Velten. Dass dazu noch 25 bis 30 Teilchen, mehrere Stücke Blech- und Zwiebelkuchen, Schwarz- und Knäckebrot sowie andere Brotspezialitäten kommen, ist für die 79-Jährige vor allem zum Wochenende Routine: „Ich stehe um 4 Uhr auf, fahre in die Hinkel-backstube an der Hohe Straße und versuche, auf 16 Quadratmetern im Kiosk die gesamte frische Backware und andere Dinge zu sortieren, zu schichten und zu verstauen.“
Diese nicht immer einfachen Handgriffe gehören für Irene Velten seit 40 Jahren zum festen Ritual: „Ich habe am 1. Oktober 1981 hier an der Löricker Straße 51 eröffnet.“Seitdem ist der Kiosk im Tante-emma-stil gleichzeitig Kult und Anlaufstelle im Dorf geworden. Ob Backwaren und feines Gebäck aus dem Café Freund oder Eier und Kartoffeln, Lebensmittel wie Wurst, Eier, Milch oder Nudeln, Süßwaren, Briefmarken, Süßigkeiten, Getränke aller Art einschließlich gekühltem Fassbier – alles ist griffbereit sortiert.
Dass morgens früh um 7 Uhr geöffnet wird und eine frisch gedruckte Zeitung plus zwei Brötchen für einen Stammkunden bereitliegen, ist selbstverständlich: „Bei mir gibt es außerdem immer eine Tasse Kaffee und belegte Brötchen.“Die Kunden, die teils seit mehr als 30 Jahren hier einkaufen, wissen Service und Angebot zu schätzen und sind voll des Lobes: „Frau Velten versucht, alle Wünsche zu erfüllen. Ihr ist nie etwas zu viel. Besser als hier können wir es nirgendwo bekommen.“
Obwohl Irene Velten versucht, alles allein zu packen und auf Hocker und Leiter steigt, um die oberen Regale zu erreichen, ist sie beispielsweise beim Be- und Entladen ihres Autos froh über jede Hilfe. Sie vergleicht ihren Alltag ein wenig mit dem von Don Quijote: „Ich kämpfe ähnlich wie er gegen Windmühlen – es ist ein Kampf ums Überleben.“Dass es ihr trotzdem seit vier
Jahrzehnten gelingt und dazu noch Freude macht, außer am Dienstag täglich insgesamt rund zehn Stunden im Kiosk zu stehen, liegt auch daran, dass aus den vielfältigen Begegnungen im „kleinen Laden mit großer Auswahl“persönliche Kontakte entstanden sind: „Ich habe nur nette Kunden.“
Die wissen, dass im Kiosk ausschließlich bar bezahlt wird und ein rosafarbenes Sparschweinchen bereitsteht, um ein Dankeschön für besondere Aufmerksamkeit oder ähnliches aufzunehmen. Irene Velten freut es sehr, am Freitag ihr 40-jähriges Kiosk-bestehen feiern zu können. Trotzdem ist ein Ende dieser Kleiner-laden-ära in Sicht. Das Haus wurde verkauft, es soll saniert werden, und deshalb ist wohl Ende 2022 Schluss: „Dann bin ich 80 Jahre alt und freue mich auf den Ruhestand. Den habe ich mir dann auch wirklich verdient.“