Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Das Dream-team des satirischen Talks
Die Wahlnachlese von Peer Steinbrück und Kabarettist Florian Schroeder im Zakk war ein unterhaltsamer Schlagabtausch.
DÜSSELDORF Drei Tage nach der Wahl trafen sich der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück und der Kabarettist Florian Schroeder für eine Bestandsaufnahme. Rund zwei Stunden lang warfen sich die Herren die Bälle auf der Zakk-bühne zu. Schroeder, ganz Talkmaster hinter einem Schreibtisch, Steinbrück entspannt mit einem Glas Wein in einem Sessel sitzend.
Die beiden sind längst ein eingespieltes Team. 2017 trafen sie zum ersten Mal in der von Florian Schroeder moderierten „Satireshow“aufeinander. Steinbrücks norddeutsch-spröde Art und sein trockener Humor waren die perfekte Ergänzung zum wortgewandten Kabarettisten. Das kam beim Publikum an. So gingen die beiden mit ihrem abendfüllenden Bühnentalk erstmals 2017 auf Tour. 2019 folgte eine zweite Auflage und am Mittwochabend ein weiterer Blick aus zwei Perspektiven auf das aktuelle Geschehen.
Die erste Stunde stand ganz im Zeichen der Wahlnachlese. Da gab es einiges zu klären. Etwa was Steinbrück über die Kandidaten und ihren Kampf um die Kanzlerschaft denkt. Auf Schroeders Frage, bei wem Steinbrück denn sein Kreuzchen gemacht habe, konterte der kryptisch: „Bei der Partei, die es mir nicht übelnimmt, wenn ich sie nicht wähle.“Er sehe sich, schiebt der 74-Jährige hinterher, als loyale, mit der SPD verbundene Instanz“. Genüsslich sezierten die beiden Pleiten, Pech und Pannen der Kanzlerkandidaten. Annalena Baerbock attestierte Steinbrück, mit einem klugen Schachzug „von Sieg auf Platz gewechselt zu haben“, nachdem deutlich geworden war, dass sie keine Chance haben würde, Angela Merkel abzulösen.
Das meiste Fett bekam wenig überraschend Nrw-ministerpräsident Armin Laschet ab. Steinbrück ertappte man dabei, ihn in Schutz zu nehmen. „Die CDU kann knallhart sein“, ebenso die Medien. Hätten sie sich einmal auf jemanden eingeschossen, könnte der eigentlich nichts mehr richtig machen. Eine Erfahrung, die er selbst gemacht habe, ebenso wie sein Parteikollege Martin Schulz. Erst hochgejubelt, dann fallengelassen.
Bei allem Witz wurden die beiden auch ernst. Steinbrück mahnte die Solidarität der älteren Generation mit den Jüngeren an, die er als die größten Verlierer der Pandemie ausmachte. Er ärgerte sich darüber, dass während des Wahlkampfs, abgesehen vom Klimawandel, wichtige Zukunftsthemen wie die Digitalisierung, die überfällige Diskussion einer Zuwanderungsregelung, eine Überarbeitung der Rentenpolitik und die Schaffung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vor allem für Alleinerziehende, kaum eine Rolle gespielt hätten. Er forderte mehr Mut seiner Politikerkollegen, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken, beispielsweise darüber, dass Klimaschutz teuer werde und Einschränkungen bedeute.
Steinbrück diagnostizierte, dass besonders die gering verdienenden Bevölkerungsschichten den Anschluss an die Politik mehr und mehr verlören. Die zweite Hälfte des Abends plauderten die beiden über „Querdenker“, Gendern in der Sprache, Sinn und Unsinn von Influencern und die Veränderung der Mediennutzung. Florian Schroeder streute hier und da Parodien auf Markus Lanz, Spd-chefin Saskia Esken und seinen Talkgast ein. Bei aller Unterschiedlichkeit waren sich die Herren in vielen Themen, die sie an diesem Abend besprachen, einig. Etwa wenn es um E-scooter ging, die der Politiker als „überflüssige Lifestyle-geräte“bezeichnete und die für eine Verkehrswende praktisch keinen Nutzen hätten.
Blieb am Schluss noch die Frage zu klären, welche Antwort Peer Steinbrück auf die Kanzlerfrage hätte. „Bin ich das Orakel von Berlin?“, fragte er zurück, um dann aber doch eine Ampel-koalition vorauszusagen.
Das Wdr-fernsehen sendet einen Zusammenschnitt des Abends im Zakk am Freitagabend (1. Oktober) ab 23 Uhr. WDR 5 strahlt die Aufzeichnung in der „Unterhaltung am Wochenende“am Samstag (2.Oktober) ab 16 Uhr aus.