Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das Dream-team des satirische­n Talks

Die Wahlnachle­se von Peer Steinbrück und Kabarettis­t Florian Schroeder im Zakk war ein unterhalts­amer Schlagabta­usch.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF Drei Tage nach der Wahl trafen sich der ehemalige nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Peer Steinbrück und der Kabarettis­t Florian Schroeder für eine Bestandsau­fnahme. Rund zwei Stunden lang warfen sich die Herren die Bälle auf der Zakk-bühne zu. Schroeder, ganz Talkmaster hinter einem Schreibtis­ch, Steinbrück entspannt mit einem Glas Wein in einem Sessel sitzend.

Die beiden sind längst ein eingespiel­tes Team. 2017 trafen sie zum ersten Mal in der von Florian Schroeder moderierte­n „Satireshow“aufeinande­r. Steinbrück­s norddeutsc­h-spröde Art und sein trockener Humor waren die perfekte Ergänzung zum wortgewand­ten Kabarettis­ten. Das kam beim Publikum an. So gingen die beiden mit ihrem abendfülle­nden Bühnentalk erstmals 2017 auf Tour. 2019 folgte eine zweite Auflage und am Mittwochab­end ein weiterer Blick aus zwei Perspektiv­en auf das aktuelle Geschehen.

Die erste Stunde stand ganz im Zeichen der Wahlnachle­se. Da gab es einiges zu klären. Etwa was Steinbrück über die Kandidaten und ihren Kampf um die Kanzlersch­aft denkt. Auf Schroeders Frage, bei wem Steinbrück denn sein Kreuzchen gemacht habe, konterte der kryptisch: „Bei der Partei, die es mir nicht übelnimmt, wenn ich sie nicht wähle.“Er sehe sich, schiebt der 74-Jährige hinterher, als loyale, mit der SPD verbundene Instanz“. Genüsslich sezierten die beiden Pleiten, Pech und Pannen der Kanzlerkan­didaten. Annalena Baerbock attestiert­e Steinbrück, mit einem klugen Schachzug „von Sieg auf Platz gewechselt zu haben“, nachdem deutlich geworden war, dass sie keine Chance haben würde, Angela Merkel abzulösen.

Das meiste Fett bekam wenig überrasche­nd Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet ab. Steinbrück ertappte man dabei, ihn in Schutz zu nehmen. „Die CDU kann knallhart sein“, ebenso die Medien. Hätten sie sich einmal auf jemanden eingeschos­sen, könnte der eigentlich nichts mehr richtig machen. Eine Erfahrung, die er selbst gemacht habe, ebenso wie sein Parteikoll­ege Martin Schulz. Erst hochgejube­lt, dann fallengela­ssen.

Bei allem Witz wurden die beiden auch ernst. Steinbrück mahnte die Solidaritä­t der älteren Generation mit den Jüngeren an, die er als die größten Verlierer der Pandemie ausmachte. Er ärgerte sich darüber, dass während des Wahlkampfs, abgesehen vom Klimawande­l, wichtige Zukunftsth­emen wie die Digitalisi­erung, die überfällig­e Diskussion einer Zuwanderun­gsregelung, eine Überarbeit­ung der Rentenpoli­tik und die Schaffung der Vereinbark­eit von Beruf und Familie, vor allem für Alleinerzi­ehende, kaum eine Rolle gespielt hätten. Er forderte mehr Mut seiner Politikerk­ollegen, der Bevölkerun­g reinen Wein einzuschen­ken, beispielsw­eise darüber, dass Klimaschut­z teuer werde und Einschränk­ungen bedeute.

Steinbrück diagnostiz­ierte, dass besonders die gering verdienend­en Bevölkerun­gsschichte­n den Anschluss an die Politik mehr und mehr verlören. Die zweite Hälfte des Abends plauderten die beiden über „Querdenker“, Gendern in der Sprache, Sinn und Unsinn von Influencer­n und die Veränderun­g der Mediennutz­ung. Florian Schroeder streute hier und da Parodien auf Markus Lanz, Spd-chefin Saskia Esken und seinen Talkgast ein. Bei aller Unterschie­dlichkeit waren sich die Herren in vielen Themen, die sie an diesem Abend besprachen, einig. Etwa wenn es um E-scooter ging, die der Politiker als „überflüssi­ge Lifestyle-geräte“bezeichnet­e und die für eine Verkehrswe­nde praktisch keinen Nutzen hätten.

Blieb am Schluss noch die Frage zu klären, welche Antwort Peer Steinbrück auf die Kanzlerfra­ge hätte. „Bin ich das Orakel von Berlin?“, fragte er zurück, um dann aber doch eine Ampel-koalition vorauszusa­gen.

Das Wdr-fernsehen sendet einen Zusammensc­hnitt des Abends im Zakk am Freitagabe­nd (1. Oktober) ab 23 Uhr. WDR 5 strahlt die Aufzeichnu­ng in der „Unterhaltu­ng am Wochenende“am Samstag (2.Oktober) ab 16 Uhr aus.

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FOTO: FRANK EIDEL Peer Steinbrück (l.) und Florian Schroeder sind auf der Kabarett-bühne ein eingespiel­tes Duo.

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