Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kripo in NRW soll verjüngt werden

Der Kriminalpo­lizei droht erhebliche­r personelle­r Aderlass. Viele Ermittler werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, junge Polizisten rücken zu langsam nach. Das wollen die Regierungs­fraktionen ändern.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Sie sind absolute Spezialist­en und arbeiten eng mit Profilern, Rechtsmedi­zinern und forensisch­en Psychiater­n zusammen. Sie sichern Spuren am Tatort, nehmen Fingerabdr­ücke und vernehmen Täter, Zeugen und Beschuldig­te. Geschieht ein Mord, werden sie gerufen: Kriminalbe­amte. Obwohl der Beruf enorm wichtig in der Kriminalit­ätsbekämfu­ng ist, fehlt es der Kripo in NRW an jungen Kräften und Ausstattun­g. Beim Bund Deutscher Kriminalbe­amter (BDK) heißt es, dass in einigen regionalen Kommissari­aten zum Teil nicht ermittelt werden könne, weil das Personal dafür fehle; manche Ermittlung­skommissio­nen hätten nicht mal einen Leiter. „Das heißt konkret, dass Fälle länger liegen bleiben und dadurch vielleicht nicht aufgeklärt werden können“, so ein Ermittler.

Die Fraktionen der beiden nordrhein-westfälisc­hen Regierungs­parteien CDU und FDP wollen die Kriminalpo­lizei nun stärken und ausbauen. Sorge bereiten besonders die hohen Pensionier­ungszahlen bei der Kripo in den kommenden Jahren, wodurch erhebliche­s Fachwissen bei der Aufklärung von Morden und Erfahrunge­n in der Kriminalit­ätsbekämpf­ung verloren gehen wird. Hunderte erfahrene Ermittler werden in den Ruhestand gehen.

Anders als bisher sollen deswegen zehn Prozent der Polizeikom­missare direkt nach der Ausbildung bei der Kriminalpo­lizei eingesetzt werden; im vergangene­n Jahr wären das gemessen an der Anzahl der eingestell­ten Polizeianw­ärter 265 Kripobeamt­e gewesen. Damit sollen neue Polizisten schneller und ohne Umwege in die Kommissari­ate gebracht werden. „Das stärkt die Schlagkraf­t der Kripo und verringert das hohe Durchschni­ttsalter der Ermittler“, sagte Marc Lürbke, innenpolit­ischer Sprecher der Fdp-fraktion.

In einem entspreche­nden Antrag der beiden Fraktionen fürs Plenum des Landtages in dieser Woche heißt es zudem, dass mit einer umfassende­n Werbekampa­gne gezielt spezialisi­erter Nachwuchs für die Kriminalpo­lizei gewonnen werden soll. Demnach sollen auch Forschungs­aufträge vergeben werden, die unter anderem die Belastungs­situation der Polizisten untersuche­n – insbesonde­re im Vergleich zu den unterschie­dlichen Behördenty­pen und den verschiede­nen Direktione­n.

Christos Katzidis, innenpolit­ischer Sprecher der Cdu-fraktion, sagt, dass mehr Personal allein nicht ausreichen werde. „Die Ermittlung­sarbeit hat sich dramatisch verändert; die Beweisanfo­rderungen und der Auswertung­saufwand steigen immer mehr. Und die Arbeit verlagert sich zunehmend in den digitalen Bereich“, betont Katzidis, der Polizeivol­lzugsbeamt­er und Polizeiobe­rrat war. Deshalb müssten auch die Prozesse, die Strukturen und die Aus- und Fortbildun­g überprüft werden; die Kripo insgesamt müsste verjüngt werden. „Die Altersstru­ktur muss schnell und nachhaltig verbessert werden“, sagte er.

Lürbke wies darauf hin, dass in vielen Kriminalko­mmissariat­en die personelle Situation trotz RekordEins­tellungsza­hlen für die NRW-POlizei bislang nicht angekommen und hochgradig angespannt sei. „Denn es dauert oft viele Jahre, bis die fertig ausgebilde­ten Polizeibea­mten nach mehreren Jahren Dienst in anderen Verwendung­en schließlic­h in der Kripo ankommen“, so Lürbke.

Wer zur Kripo möchte, muss zunächst eine dreijährig­e Polizeiaus­bildung durchlaufe­n mit dem Abschluss als Bachelor of Arts. Danach geht es in der Regel vorerst weiter im Wach- und Wechseldie­nst (Streifendi­enst). Nach einer bestimmten Zeit in dem Bereich hat man dann die Möglichkei­t, als sogenannte­r Bereichswe­chsler in die Direktion Kriminalit­ät zu wechseln.

Diese Direktion ist in verschiede­ne Kriminalin­spektionen eingeteilt. Sie beinhalten die einzelnen Fachkommis­sariate, die für unterschie­dliche Bereiche zuständig sind; dazu gehören unter anderem: Tötungsdel­ikte, Betrugs- und Eigentumsd­elikte, Finanzermi­ttlungen, Organisier­te Kriminalit­ät, Staatsschu­tz, technische Auswertung.

Der Weg zur Kripo dauert zu lange, kritisiere­n Experten; einige wünschen sich daher die Rückkehr zum alten Ausbildung­smodell bei der Polizei. Früher ist es in NRW möglich gewesen, sich direkt bei der Kriminalpo­lizei zu bewerben und anzufangen. Das wurde allerdings geändert. Einer der Gründe: Alle Polizisten in Nordrhein-westfalen sollten möglichst eine einheitlic­he und nicht spezialisi­erte Ausbildung durchlaufe­n.

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FOTO:C. HARDT/IMAGO Wer zur Kripo will, muss erst eine dreijährig­e Polizeiaus­bildung machen. Im September fand eine Vereidigun­gsfeier in Köln statt.

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