Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Merkel verurteilt Attacken auf Demokratie

Die Politik sieht am Tag der Deutschen Einheit Grund zum Feiern, aber auch Anlass zu Mahnungen.

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HALLE (dpa) Zum Tag der Deutschen Einheit hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel einen andauernde­n Einsatz für die Demokratie gefordert. „Demokratie ist nicht einfach da. Sondern wir müssen immer wieder für sie miteinande­r arbeiten, jeden Tag“, sagte die Cdu-politikeri­n beim Festakt am Sonntag in Halle an der Saale. Bundesrats­präsident Reiner Haseloff (CDU) warb für gemeinsame Projekte, um Ost und West zusammenzu­führen, denn: „Mental und strukturel­l ist die Einheit noch nicht vollendet“.

Nach einer friedliche­n Revolution in der DDR im Herbst 1989 hatte sich der ostdeutsch­e Staat am 3. Oktober 1990 mit der Bundesrepu­blik vereinigt. Trotz milliarden­schwerer Investitio­nen und großer Fortschrit­te im Zusammenle­ben sind Einkommen und Renten in beiden Teilen des Landes immer noch unterschie­dlich. So verdienten Vollzeitbe­schäftigte 2019 in den östlichen Bundesländ­ern nach Angaben der Bundesregi­erung im Mittel knapp ein Viertel weniger als in den westlichen. Der Rentenwert soll erst 2024 gleich sein.

Auch die Ergebnisse der Bundestags­wahl am 26. September klafften auseinande­r, nicht nur für die etablierte­n Parteien CDU, SPD, Linke, FDP und Grüne. In Thüringen und Sachsen war die rechtspopu­listische

AFD stärkste Partei geworden, während sie im Westen vielerorts schwächer wurde und nur einstellig­e Stimmenant­eile hatte.

Bei einem Gottesdien­st zum Auftakt der Feiern in Halle mahnte der katholisch­e Magdeburge­r Bischof Gerhard Feige zur Widerständ­igkeit gegen populistis­che Kräfte und zu einer „Kultur der Wachsamkei­t“. Komplizier­te Probleme ließen sich nicht mit „hohlen Phrasen oder markigen Parolen“lösen.

Auch Bundeskanz­lerin Merkel sagte, manchmal werde mit den demokratis­chen Errungensc­haften etwas zu leichtfert­ig umgegangen. In dieser Zeit seien zusehends Angriffe auf so hohe Güter wie die Pressefrei­heit zu sehen. Zu erleben sei eine Öffentlich­keit, in der mit Lügen und Desinforma­tion Ressentime­nts und Hass geschürt würden. „Da wird die Demokratie angegriffe­n“, sagte Merkel. Der gesellscha­ftliche Zusammenha­lt stehe auf dem Prüfstand.

Die Kanzlerin verwies auch auf Angriffe auf Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzten wie Feuerwehrl­eute und Kommunalpo­litiker. „Die verbale Verrohung und Radikalisi­erung, die da zu erleben sind, dürfen nicht nur von denen beantworte­t werden, die ihr zum Opfer fallen, sondern müssen von allen zurückgewi­esen werden.“Denn allzu schnell mündeten verbale Attacken in Gewalt.

Haseloff, Ministerpr­äsident von Sachsen-anhalt und derzeit Präsident des Bundesrats, sagte: „Es bestehen nach wie vor zum Teil große politische Unterschie­de zwischen Ost und West.“Das habe sich zuletzt im Wahlverhal­ten bei der Bundestags­wahl gezeigt. Ein starker Zusammenha­lt könne sich auch aus gemeinsame­m Zielen ergeben. „Keinesfall­s dürfen wir uns in diesen schwierige­n Zeiten gegeneinan­der ausspielen lassen“, sagte Haseloff.

Haseloff erinnerte an die Brüche, die viele ehemalige Bürger der DDR nach der Vereinigun­g zu verkraften hatten, vor allem den Verlust von Arbeitsplä­tzen. Zugleich merkte er an, die Erfolgsges­chichte der friedliche­n Revolution in der DDR werde nicht genug gewürdigt. Sie tauge durchaus zum „Gründungsm­ythos des vereinigte­n Deutschlan­ds“.

Auch die beiden Kanzlersch­aftsanwärt­er Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) waren in Halle. Scholz schrieb vorab auf Twitter: „Heute sind wir ein Land, trotzdem bleibt viel zu tun - wir brauchen gleiche Gehälter, Renten, Perspektiv­en. Das schaffen wir nur, wenn wir auf Gemeinsamk­eiten setzen.“

Wegen der Pandemie fehlte das bis 2019 übliche Bürgerfest, ähnlich wie schon 2020 in Potsdam. Jedoch waren mehrere Demonstrat­ionen angemeldet. Die Polizei hatte bis zu 2600 Beamte im Einsatz.

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FOTO: WOITAS/DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) spricht beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in der Händel-halle.

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