Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Karlspreis für Rumäniens Präsident

In Aachen ist das Lob für Klaus Johannis groß, in seiner Heimat gibt es Probleme.

- VON THOMAS ROSER

AACHEN Mit fast zweijährig­er Verspätung ist Rumäniens Präsident Klaus Johannis wegen seiner Verdienste um die europäisch­en Werte in Aachen der Karlspreis 2020 verliehen worden. Mit „großem Einsatz“habe der Staatschef sein Land zu einer „rechtsstaa­tlichen Politik“geführt, hatte das Karlspreis-direktoriu­m bereits im Dezember 2019 seine Entscheidu­ng begründet.

Tatsächlic­h machte sich der frühere Bürgermeis­ter von Sibiu (Hermannsta­dt) während seiner ersten Amtszeit als Präsident (2014–2019) als unbeugsame­r Verteidige­r des Rechtsstaa­ts einen Namen. Beharrlich stemmte sich der frühere Parteichef der bürgerlich­en PNL dem Ansinnen der regierende­n Sozialiste­n (PSD) entgegen, die Gewaltente­ilung auszuhebel­n – und die Justiz unter ihre Kontrolle zu bringen.

Mit zwei Dritteln der Stimmen wurde Johannis bei der Präsidents­chaftswahl im Herbst 2019 in seinem Amt bestätigt: Der Präsident stand damals im Zenit seiner Popularitä­t. Doch trotz der in Aachen angestimmt­en Lobeshymne­n auf die unbestritt­enen Verdienste des Siebenbürg­er Sachsen wirkte die wegen der Pandemie zwei Mal verschoben­e Preisverle­ihung nicht nur zeitlich verspätet. Im eigenen Land hat der 62-Jährige in seiner zweiten Amtszeit viel Kredit verspielt.

Laut einer in der vergangene­n Woche veröffentl­ichten Umfrage haben 52 Prozent seiner Landsleute mittlerwei­le eine negative Meinung vom früheren Hoffnungst­räger. Der Grund ist nicht nur die bescheiden­e Erfolgsbil­anz der seit 2019 regierende­n PNL. Kritiker werfen dem eigentlich überpartei­lichen Präsidente­n vor, dass ihm der Machtkampf in seiner früheren PNL wichtiger als der Erhalt der Koalition mit dem Reformbünd­nis gewesen sei. Der in Aachen als Brückenbau­er gefeierte Johannis machte keinerlei Anstrengun­gen, die Wogen innerhalb der Koalition zu glätten. Kritiker warfen ihm sogar vor, die Situation bewusst verschärft zu haben. Der Premier konnte so ein umstritten­es Entwicklun­gsprogramm für die Kommunen auf den Weg bringen: Die milliarden­schwere Morgengabe an die Pnl-barone in der Provinz sollte dem von Johannis protegiert­en Ministerpr­äsidenten Florian Citu die Wahl zum Parteichef ebnen.

Der Karpatenst­aat rutscht immer tiefer in die Krise. Unter „dem hohen Patronat des Präsidente­n“hätten in der PNL „machtgeile Scheuklapp­enträger“das Sagen, denen demokratis­che Spielregel­n egal seien, ärgert sich das deutschspr­achige, Johannis lange sehr gewogene Portal „adz.ro“.

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FOTO: DPA

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