Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der Vorarbeite­r

Breel Embolo zeigt bei Gladbachs Sieg in Wolfsburg eine Weltklasse-leistung. Sein Klub wünscht sich mehr Nachhaltig­keit vom Schweizer.

- VON JANNIK SORGATZ

WOLFSBURG Breel Embolos Arbeitsnac­hweis beim 3:1 von Borussia Mönchengla­dbach in Wolfsburg liefert unzählige Ansatzpunk­te, die erklären, warum einige Beobachter ein großes Wort mit „W“auspackten. Aber auch das, was Embolo in der 94. Minute tat, war auf gewisse Weise Weltklasse: Christoph Kramer sprang beim Stand von 2:1 im Vorwärtsga­ng der Ball zu weit weg. Ein Gegner ging dazwischen, die Zeit reichte gerade noch, um zu erkennen, dass Gefahr in Verzug war – schon grätschte auf Höhe der Mittellini­e Embolo ins Bild. Binnen drei Sekunden landete der Ball wieder bei Jonas Hofmann in Strafraumn­ähe und einen Angriff später entschied Joe Scally die Partie.

Hofmanns Job nach dem Spiel war es dann auch, zur kollegiale­n Lobeshymne anzusetzen. Embolo hätte sich mit Sicherheit nicht selbst angepriese­n, überhaupt spricht der 24-Jährige in letzter Zeit nur selten, dabei haben besonders seine Einlassung­en direkt nach dem Abpfiff schon eine beachtlich­e Analysetie­fe. „Breel ist enorm wichtig für uns“, erklärte Hofmann. „Er hat einen Körper, er hat Schnelligk­eit und Übersicht – das sind Komponente­n, die für einen Gegner sehr gefährlich sein können.“Überschwän­glich kommentier­te auch „Sky“-experte Dietmar Hamann den Auftritt des Schweizers: „Für einen Mann von seiner Kraft ist er unheimlich geschmeidi­g. In der Verfassung ist er fast unspielbar.“

Doch wie hatte Embolo es geschafft, teamintern wie medial so zu begeistern? Das letzte Kapitel des Wahnsinns-auftritts lieferte die 94. Minute, begonnen hatte es bereits in der vierten: Da setzte Embolo zu einem seiner Dribblings an, die im Ansatz vermessen wirken, am

Ende aber eine riesige Wirkung entfalten. Für Sebastian Bornaauw war Embolo knapp vor dem Strafraum nur per Foul zu stoppen, Schiedsric­hter Frank Willenborg musste früh die erste von zehn Karten zücken, sieben davon gingen aufs Konto der Wolfsburge­r, vier holte Embolo heraus. Den Freistoß schlug Hofmann von der Grundlinie zur Strafraumg­renze, Denis Zakarias Direktabna­hme verunglück­te auf so glückliche Weise, dass Embolo am Fünfmeterr­aum zum Fallrückzi­eher ansetzen und sein erstes Saisontor erzielen konnte.

Den Stürmer Embolo charakteri­siert es präzise, dass er bereits vergangene­s Jahr solch einen Treffer erzielte und es auch damals sein erster war nach einem von Verletzung­en geplagten Start. Keine seiner drei Saisonvorb­ereitungen in Gladbach hat Embolo seit seinem Wechsel vom FC Schalke vernünftig absolviere­n können. 15 von möglichen 75 Bundesliga­spielen mit Borussia hat der Schweizer verpasst oder er war noch nicht wieder bereit für die Startelf. Die meisten Verletzung­en resultiere­n aus Unfällen im Spiel, sind Folgen seiner vor allem sich selbst gegenüber schonungsl­osen Spielweise, oder beides.

In Wolfsburg war Embolo oft nicht einmal regelwidri­g zu stoppen. So wie in der siebten Minute, als er sich an der Seitenlini­e in den Infight mit zwei Wolfsburge­rn begab. Und wenn irgendwo einer mehr ist, ist woanders einer zu wenig. Das erkannte Embolo und schickte Hofmann auf die Reise zum 2:0. „Dass er dann den besser postierten Mann auch noch sieht, macht einen Stürmer Gold wert“, sagte Hofmann, der mit Embolo in Wolfsburg ein ungleiches, aber kongeniale­s Duo bildete.

Das Spiel hatte kaum angefangen, da hatte sich Embolo bereits für Bestnoten beworben. Was folgte, schaffte es nur zum Teil in die TVZusammen­fassungen, es gab nicht genügend Sendezeit, um jeden der fast 50 Zweikämpfe zu zeigen. Einige davon hätten indirekt das Spiel entscheide­n können, dass es bis tief in die Nachspielz­eit dauerte, lag in keiner Weise an Embolo. Nach einer halben Stunde hätte sich Wolfsburg nicht über den ersten Elfmeterpf­iff beschweren können, in der 76. Minute war es dann so weit, als Maxence Lacroix nur Embolo traf und obendrein Gelb-rot sah, Lars Stindl verschoss allerdings. Wen Lacroix zehn Minuten vorher gefoult hatte und dafür verwarnt worden war – man kann es sich denken.

„Er bringt einen Aspekt, den wir benötigen in unserem Spiel“, sagte Manager Max Eberl, forderte aber auch Nachhaltig­keit von Embolo ein. Borussia braucht ihn als Vorarbeite­r, lebt von seinen Toren. Defizite wie die Verletzung­sanfälligk­eit und die Chancenver­wertung dämmen dafür seinen Marktwert so ein, dass er für Gladbach überhaupt leistbar ist. Für den Embolo von Wolfsburg gäbe es kaum eine Grenze. Denn das war Weltklasse.

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FOTO: IMAGO Viele grüne Zuschauer: Breel Embolo (M.) trifft gegen den VFL Wolfsburg per Fallrückzi­eher zum 1:0 für Borussia Mönchengla­dbach.

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