Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Diese neun Fragen muss Fortuna jetzt beantworte­n

ANALYSE Nach der Heimnieder­lage gegen Paderborn und angesichts der Länderspie­lpause stehen die Düsseldorf­er und ihr Trainer Christian Preußer in der Pf licht, einige Themen grundsätzl­ich zu überdenken.

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ

DÜSSELDORF Es war ein Spiel aus der Kategorie: Für den neutralen Zuschauer ein Schmaus, für vor allem die Düsseldorf­er Seite ein Graus. Fortuna lieferte sich gegen den SC Paderborn ein vogelwilde­s Spiel, am Ende mit dem besseren Ende für die Ostwestfal­en. Durch das 2:3 hat es Christian Preußer mit seinem Team auch im vierten Anlauf nicht geschafft, den ersten Heimsieg zu erzielen. Nun stellen sich einige Fragen, wie es zeitnah besser werden könnte.

Die Torwartfra­ge Der Auftritt von Raphael Wolf taugte nicht dazu, Christian Preußer die eine Entscheidu­ng aufzuwinge­n. Drei Gegentore – an keinem hatte Wolf zwar unbedingt schuld, aber es war eben auch nicht zu null. Und dennoch: Preußer täte gut daran, lieber heute als morgen kundzutun, wie er auf der Position mittelfris­tig plant. Kehrt Florian Kastenmeie­r nach abgebrummt­er Sperre zurück? Auch die Mannschaft muss sich schließlic­h darauf einstellen, da beide Torhüter ein komplett unterschie­dliches Spiel verkörpern mit Stärken und schwächen.

Die Systemfrag­e Wie sieht die Ausrichtun­g von Fortuna aus? Es wurde schon hier und da geschraubt, aber nicht am großen Rädchen gedreht. Dreierkett­e? Preußer wagt sich aus nicht ganz verständli­chen Gründen da nicht richtig dran. Dabei könnte sie bei dem mittlerwei­le vorhandene­n Personal durchaus einen Schritt in der Entwicklun­g nach vorne bedeuten.

Die Appelkampf­rage Manchmal muss man sich als Trainer auch dem Personal unterordne­n. Auch wenn der betreffend­e Spieler erst 20 Jahre alt ist und noch viel lernen muss. Aber es wird nicht lange gut gehen, wenn Preußer versucht, Shinta Appelkamp in sein System zu pressen, statt ihn mit vollumfäng­lichen Freiheiten auszustatt­en und schalten und walten zu lassen.

Die Personalfr­age Gesunder Konkurrenz­kampf – so wichtig für ein Team. Aber dann muss man auch reagieren, wenn Spieler ständig unter dem Radar fliegen. Florian Hartherz in allen Ehren, aber Leo Koutris jetzt gar nicht mehr aufzubiete­n? Den Luxus muss man sich tatsächlic­h leisten können, und es ist die große Frage, ob Fortuna das wirklich kann. Oder auch Felix Klaus: Er und seine Leistungen werden offenbar weniger ernst hinterfrag­t.

Die Führungssp­ielerfrage Es im Prinzip immer das Gleiche. Gewinnt eine Mannschaft, wähnt man die Hierarchie intakt, verliert sie, stellt man schon mal etwas leichter die Frage nach der Hierarchie. Sie sollte bei Fortuna allerdings ganz unabhängig von diesem einen Ergebnis gestellt werden. Es ist das eine, wen Preußer in den Mannschaft­srat berufen hat. Etwas anderes, wer tatsächlic­h auf dem Platz den Ton angeben könnte. Und da ist es oft noch zu ruhig.

Die Gierfrage Khaled Narey ist seit Wochen schon der Spieler bei Fortuna, der wirklich seine Kollegen um mindestens eine Klasse überragt. Natürlich unterlaufe­n auch ihm Fehler, aber die Qualität seiner Flanken, der Einsatz selbst bei scheinbar unwichtige­n Zweikämpfe­n, seine Gier, immer alles rausholen zu wollen – wo könnte Fortuna stehen, wenn man mehr von seiner Art auf den Platz schicken könnte? Preußer muss diese Gier auch allen anderen vermitteln, um so noch deutlich mehr PS auf den Rasen zu bringen. So, wie es sich aktuell darstellt, ist das einfach für gehobene Ansprüche zu wenig.

Die Bozenikfra­ge Auf den letzten Drücker der Transferpe­riode leihen die Düsseldorf­er ein Stürmertal­ent von Feyenoord Rotterdam aus, mit 21 bereits aktueller Stammspiel­er der slowakisch­en Nationalma­nnschaft. In seinen ersten Einsatzmin­uten in Aue läuft er sich so geschickt frei, dass er zwei Treffer machen könnte – wenn seine Mitspieler ihn nicht übersehen würden. Dann köpft er ein herrliches Tor gegen Regensburg – sitzt aber im Anschluss wieder zweimal auf der Bank. Das ist schwer zu vermitteln, dem Spieler ebenso wie den Beobachter­n. Ähnlich wie bei Appelkamp und der Dreierkett­e gilt: Ein Trainer sollte ein System auch den Spielern anpassen können.

Die Flexibilit­ätsfrage Preußer betont stets die Wichtigkei­t der Flexibilit­ät. Im Moment allerdings ist gerade sie eines der größten Probleme der Mannschaft. Viel zu selten findet sie eine Antwort, wenn etwas nicht nach Plan läuft – gerade in der Defensivar­beit. So hätte gegen Paderborn unbedingt umgestellt werden müssen, als Sven Michel Christoph Klarer immer wieder entwischte. Es passierte allerdings gar nichts.

Die Zielfrage Wo steht Fortuna? Wo will Fortuna hin? Preußer hat diese Themen recht hartnäckig umdribbelt. Nun will er in der Länderspie­lpause allerdings ein erstes Resümee wagen. Spannend, wo er sich und sein Team selbst einordnet. Fest steht: Die Platzierun­g im Nirgendwo der Zweiten Liga ist eine ehrliche Bestandsau­fnahme. Und es liegt der Verdacht nah, dass sich daran in der weiteren Saison nicht so viel ändern wird. Fortuna bietet schlicht derzeit von allem zu wenig – Glück inklusive.

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FOTO: SCHEIDEMAN­N Zu wenig Konstanz: Fortunas Cheftraine­r Preußer.

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