Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Karneval im Oktober
Der gute Saisonstart entfacht in Köln grenzenlose Begeisterung unter den Fans.
KÖLN (dpa) Die Karnevalsession in Köln hat in diesem Jahr verfrüht begonnen. Schon Anfang Oktober sind die vielen Fans des 1. FC Köln jeck und berauscht von ihrem neuen Held. Geht es nach den 40.000 Fans, die am Freitagabend beim 3:1 nach 0:1-Pausenrückstand gegen Aufsteiger Greuther Fürth eine riesige Party feierten, kann der neue Fc-coach Steffen Baumgart alles erreichen. „Bundeskanzler Steffen Baumgart“, hallte es immer wieder durch das endlich wieder annähernd voll besetzte Stadion in Müngersdorf.
Der uneitle neue Regierungschef beim FC quittierte diese weitere Erhöhung seiner Person gewohnt trocken. „Jetzt kommen wir alle mal wieder runter“, sagte der 49-Jährige, der vor kurzem mit der Bezeichnung „Trendsetter“wegen seiner Liebe zu Schiebermützen schon nicht viel hatte anfangen können. Dass der Spaß generell und insbesondere im verrückten Köln aber an Baumgart nicht vorbeigeht, ist auch bekannt. Der des Ex-profis erscheint nur realitätsnäher.
Mutterwitz, Humor oder die hinlänglich bekannte Leidenschaft des neuen Trainers spielen bei der erstaunlichen Metamorphose des „Effzeh“vom Abstiegskandidaten zum Europacup-aspiranten neben den Basiskriterien wie Fußball-wissen und Trainingslehre keine unwesentliche Rolle. „Der Teamspirit und natürlich der neue Coach treiben uns an. Wir arbeiten zusammen“, sagte etwa Matchwinner Ellyes Skhiri, der die Tore zum 2:1 und 3:1 (55. und 89. Minute) schoss.
Köln, das im Sommer gerade noch in der Relegation die Klasse gehalten hatte, ist nach sieben Spielen mit zwölf Punkten auf Kurs internationales Geschäft. Die Mannschaft „macht gute Arbeit“, entspreche seinen Vorstellungen, „ergebnisunabhängig“zu spielen, und habe sich auch in „schwierigen Phasen wieder hereingearbeitet“, sagte Baumgart. Wie man in Köln hört, sollen vor allem seine didaktischen Fähigkeiten herausragen - also die Vermittlung der Trainingsinhalte.
Davon haben offensichtlich der lange verletzte Andersson und auch Skhiri bislang profitiert. „Er läuft sehr viel“, sagte Baumgart am Beispiel Skhiri und mit Blick auf dessen über zwölf Kilometer gegen Greuther Fürth, findet aber auch in dieser Hinsicht beim Tunesier Nachbesserungsbedarf: „Manchmal aber läuft er zu viel - und auch nicht richtig.“
Wertvolle Informationen für einen Profi, um besser zu werden. Vor allem, wenn diese leidenschaftlich, authentisch und zuweilen an der passenden Stelle auch mit einem Augenzwinkern vermittelt werden. Baumgart sieht den 1. FC Köln auf einem „sehr, sehr guten Weg“, der aber „noch nicht zuende“sei. So sind gegenwärtig für Baumgart alle Hirngespinste obsolet: „Das Kanzleramt muss noch ein bisschen warten.“