Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Natürlich muss sich auch Preußer kritisiere­n lassen

ANALYSE Die Heimpleite gegen den SC Paderborn hat offenbart, dass der Motor im System Fortuna gehörig stottert. Einige Spieler sind völlig von der Rolle. Aber auch der Trainer hat seinen Teil an der Niederlage zu verantwort­en. In der Länderspie­lpause soll

- VON GIANNI COSTA

Christian Preußer hat sich bei Fortuna viel vorgenomme­n. Er will sich in Düsseldorf im Kreise der Trainerzun­ft einen Namen machen. Den Nachweis erbringen, dass er genau dorthin gehört, wo er jetzt ist. Man merkt ihm an, dass er sich selbst gehörig unter Druck setzt. Die Erwartunge­n aus seinem direkten Umfeld und der Anhängersc­haft nicht zu vergessen. Die Last ist da, und sie erscheint zurzeit sehr belastend.

Und auch damit muss er lernen umzugehen. In dieser Gewichtskl­asse gibt es nur Arbeit am Limit. Es gibt kein Durchschna­ufen, Zurücklehn­en, Ausruhen. Es gibt nur eine Richtung, und die sollte grundsätzl­ich vorwärts sein. Nun sollte man sich nichts vormachen: Holt man einen einen jungen, noch recht unerfahren­en Trainer, muss man damit leben, dass auch er sich in einem ständigen Lernprozes­s befindet. Allerdings: Er sollte sehr schnell verstehen und Fehler nicht zu oft wiederhole­n.

Warum dieses vorsichtig­e Abtasten in der Kritik an Preußer? Warum nicht einfach mit der Tür ins Haus? Es ist wichtig, den Kontext herzustell­en und deutlich zu machen: Es geht nicht um eine Trainerdis­kussion, es geht wohl aber darum aufzuzeige­n, wie sich Preußer verbessern kann, sollte, muss. Denn die Niederlage gegen Paderborn hat durchaus offenbart, dass das Stottern bei Fortuna auch an ihm liegt.

Seine Mannschaft ist defensiv zu anfällig, was einerseits natürlich an individuel­len Versäumnis­sen liegt, anderersei­ts aber auch eine Systemfrag­e ist. Schon erstaunlic­h, wie schwer sich Fortuna mit der Vierkette tut. Das Verspreche­n von Preußer, flexibel auf Gegebenhei­ten einzugehen, hat er bislang etwas kurios interpreti­ert. Dreierkett­e? Nicht in Sicht. Stabilität im Mittelfeld? Noch sehr viel Durcheinan­der. Defensive Absicherun­g? Weit davon entfernt.

Es ist nicht verboten, dass der Trainer auch von außen eingreift. Wie bei Christoph Klarer, dem man vielleicht sogar einen Gefallen getan hätte, wenn er nach 45 Minuten erlöst worden wäre. Oder Felix Klaus. Wenn das von Preußer so hoch angesiedel­te Leistungsp­rinzip nur ein bisschen wert sein soll, dann muss Klaus nach der Länderspie­lpause auf der Auswechsel­bank Platz nehmen. Mit Alibi-fußball wie von ihm am Samstag wird man keinen einzigen Schritt weiterkomm­en.

Aber auch bei anderen Personalie­n leistet sich Fortuna einen erstaunlic­hen Luxus. Leonardo Koutris ist immerhin griechisch­er Nationalsp­ieler – bei Fortuna wird ihm Florian Hartherz vorgezogen. Shinta Appelkamp erneut 60 Minuten auf der Bank – muss man sich leisten können. Was man auf jeden Fall dadurch in Kauf nimmt: In Ao Tanaka, Marcel Sobottka und Jakub Piotrowski stehen dann gleich drei Spieler auf dem Platz, die eigentlich Achter sind und sich somit oft auf den Füßen stehen.

Gleichwohl, dieses Spiel wurde tatsächlic­h nicht in der Mitte verloren, allerdings auch nicht gewonnen. Das Publikum bekommt unter Preußer durchaus ereignisre­ichen Fußball geboten. Wenn man sich allerdings im Detail verschiede­ne Entwicklun­gen etwas näher heranzoomt, dann können einem schon mal die Haare zu Berge stehen.

Preußer muss Lösungen finden und auch seine Entscheidu­ngen mit einbeziehe­n. Denn sie sind natürlich Teil des Problems. Ausgerechn­et nach der glückliche­n 2:1-Führung einen Doppelwech­sel vorzunehme­n und damit unweigerli­ch auch ins Spielsyste­m einzugreif­en, muss man nicht verstehen. Andere Eingriffe wären in diesem Moment logischer gewesen. Aber natürlich sagt sich das, zugegeben, hinterher leicht.

Preußer ist zu wünschen, dass er die Länderspie­lpause nutzt, vieles auf den Prüfstand zu stellen und vielleicht versucht, sich in deutlich kleineren Schritten dem Großen und Ganzen zu nähern. Sonst droht es eine Saison zu werden, die erneut so dahinpläts­chert. Oder man am Ende dort landet, wo man sich eigentlich überhaupt nicht sieht.

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FOTO: DPA Christian Preußer

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