Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Alle vier Jahre wieder

Regierungs­bildung – das heißt Ausnahmesi­tuation. Gute Nerven brauchen alle.

- KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Warten, auf verwaiste Mikrofone starren, noch mal warten – das gehört zum Alltag von Journalist­en, nicht nur in der Hauptstadt. Doch alle vier Jahre wird diese Alltagssit­uation zu einem Ritual, das eigenen Ritualen folgt: Regierungs­bildung ist angesagt.

Zunächst ist immer alles sehr hektisch im sogenannte­n Berliner Politbetri­eb. Zeit und Ort von Sondierung­sverhandlu­ngen sollen ja vertraulic­h sein. Was in schöner Regelmäßig­keit zu Trauben von Journalist­en vor Berliner Hotels, Landesvert­retungen oder Bürogebäud­en führt. Auch Statements gibt es zunächst nicht – klar, alles geheim. Doch dann kann doch kaum ein Politiker an Kameras vorbeigehe­n, sicherheit­shalber schicken Pressestel­len doch noch einen ungefähren Zeitpunkt hinterher.

Damit auch ja kein Generalsek­retär unbemerkt über eine Türschwell­e tritt. Inhaltlich sagen will man aber nichts, es geht um Atmosphäri­sches. In diesem Jahr wird allerdings nicht verraten, ob und was es zu essen gab. Das könnte zu oberflächl­ich wirken. Dafür gibt es dann Überraschu­ngsSelfies. Dieser Coup war zugegebene­rmaßen gelungen. Überhaupt hat sich der Vorsitzend­e der Liberalen, Christian Lindner, zum spannendst­en Teilnehmer der Verhandlun­gen gemausert. Selfie oder dramatisch­er Abbruch von Koalitions­gesprächen im kalten Novemberre­gen? Bei ihm kann man nie sicher sein.

Besonders häufig trifft man sich an Wochenende­n, besonders gern auch am Abend. Gilt übrigens auch für die

Koalitions­ausschüsse in den Jahren danach. Woher der Glaube kommt, dass man zu nachtschla­fender Zeit besonders gut rüberkommt, wird auch in der neuen Legislatur­periode zu ergründen sein.

So wie im Übrigen ausgerechn­et die Christlich-demokratis­che Union ihre Parteitage in früheren Jahren immer an Wochenende­n in der Adventszei­t stattfinde­n ließ. Wenn man die Debatte in der Partei gerade aufmerksam verfolgt, dann dräut das auch in diesem Jahr. Motto: Morgen, Kinder, wird's was geben.

Unsere Autorin ist Leiterin des Berliner Parlaments­büros. Sie wechselt sich hier mit ihrem Stellvertr­eter Jan Drebes und Elisabeth Niejahr, der Geschäftsf­ührerin der Hertie-stiftung, ab.

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