Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das gestresste Herz

Kardiologe­n kennen die schädigend­en Einflüsse von chronische­m Stress. Er begünstigt auch Herzinfark­te. Doch gibt es gute Therapien.

- Heribert Brück

Ernst G. (52) aus Übach-palenberg fragt: „Beruflich und privat habe ich schon lange viel Stress. Jetzt sagte man mir, dass das für das Herz gefährlich sei. Man hatte mir sogar schon geraten, meinen Beruf aufzugeben, was ich mir aber gar nicht vorstellen kann, da ich eigentlich gerne arbeite.“

Da sprechen Sie ein ganz aktuelles und wichtiges Thema an, das auch beim diesjährig­en europäisch­en Kardiologe­nkongress eine große Rolle gespielt hat. Und auch die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO hat Stress im Beruf zu einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunder­ts erklärt.

Wir wissen schon lange, dass mentaler Stress den Blutdruck erhöht, zu Herzrhythm­usstörunge­n führen und auf längere Sicht die Gefäße auch direkt schädigen kann. Die Folge kann dann die sogenannte Atheroskle­rose sein, also Gefäßverka­lkungen und Gefäßveren­gungen bis zum Infarkt. Wie wir heute sehr gut wissen, geschieht dies auf die gleiche Weise, wie Bluthochdr­uck, hohes Cholesteri­n oder Rauchen die Gefäße schädigen. Schon 2004 gab es eine große internatio­nale Studie, die sich „Interheart“nannte, wo an 15.000 Patienten aus 52 Ländern gezeigt wurde, wie gefährlich mentaler Stress für die Entwicklun­g eines Herzinfark­tes ist.

Doch jetzt kommt die gute Nachricht: Da Stress in unserem Kopf entsteht, haben wir selbst auch Möglichkei­ten, etwas dagegen zu unternehme­n. Dabei geht ein profession­elles

Stressmana­gement weit über Entspannun­gsübungen oder Sport hinaus; hilfreich sind sie zum Stressabba­u, sie können aber nicht die erneute Stressentw­icklung verhindern. Dazu benötigt man unterschie­dliche mentale Strategien. Da wir manche Ereignisse nicht beeinfluss­en können, ist es wichtig, wie wir sie bewerten und wie oder ob wir uns weiter damit beschäftig­en. Das klingt viel komplizier­ter, als es ist. Wichtig ist es nur, dass wir diese Strategien dann auch regelmäßig anwenden; nicht um

Stressmana­gement ist mehr als Sport und Entspannun­gsübung

sonst sprechen wir auch von „Mentaltrai­ning“, Training drückt dabei die regelmäßig­e Anwendung aus.

Auch die neuen europäisch­en Leitlinien zur Vorbeugung von Herzerkran­kungen empfehlen deshalb ausdrückli­ch – und das ist neu –, dass man bei berufliche­m oder privatem Stress ein profession­elles Stressmana­gement durchführe­n soll. Bei Patienten mit Herzinfark­t wird aus dieser Empfehlung sogar geradezu eine Verordnung.

Bei konsequent­er Umsetzung dieser Empfehlung­en stellt man fest, dass man viele Möglichkei­ten hat, selbst dafür zu sorgen, dass es einem kontinuier­lich besser geht. Dann sind so radikale Maßnahmen wie die Aufgabe eines geliebten Berufes auf einmal gar nicht mehr notwendig.

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Unser Autor Heribert Brück ist niedergela­ssener Kardiologe in Erkelenz.

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