Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Söder fährt Laschet erneut in die Parade
Während der CSU-CHEF Jamaika jetzt ausschließt, hält sich der Kanzlerkandidat diese Option weiter offen.
BERLIN Endlich Klarheit. Das Durchatmen ist bei einigen Unionsgranden am Mittwoch unüberhörbar. „De facto“, so CSU-CHEF Markus Söder in München, hätten Grüne und FDP einem Jamaika-bündnis eine Absage erteilt. „Jetzt ist die Ampel die klare Nummer eins“, so der CSUChef, der kaum enttäuscht wirkt. Im 600 Kilometer entfernten Düsseldorf tritt zur selben Zeit ein anderer im Landtag auf: Unions-kanzlerkandidat und CDU-CHEF Armin Laschet. Die Entwicklung wird für seine politische Zukunft womöglich nichts Gutes bedeuten.
Laschet und Söder haben vor ihren Auftritten telefoniert. Dass beide fast gleichzeitig vor die Presse treten und danach unterschiedliche Richtungen vorgeben, lässt den Rückschluss zu, dass das Telefonat kein harmonisches gewesen ist. Während Söder von einer „klaren Vorentscheidung“spricht, davon, dass man nicht in einer „Dauerlauerstellung“auf ein Scheitern der Ampel-gespräche warten werde, es auch „um Selbstachtung und Würde“gehe, sendet Laschet noch einmal ein verzweifeltes Jamaika-signal. Man respektiere zwar, dass es nun gemeinsame Gespräche gebe zwischen FDP, den Grünen und der SPD. „Wir haben signalisiert: Wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit.“Der eine beerdigt die Bündnisoption, der andere beatmet sie weiter. Es ist nicht das erste Mal, dass der Bayer und der NRW-MANN in ihren Einschätzungen auseinanderdriften.
Hartnäckig hält sich ohnehin in Berlin die These, Söder wolle ein Jamaika-bündnis aus eigenem Kalkül sowieso nicht. Gestreut wird sie vor allem von Cdu-leuten. Besonders deutlich wird etwas später CSULandesgruppenchef Alexander Dobrindt. Man werde sich jetzt auf die Opposition einstellen mit einer veränderten Aufstellung in Berlin, um den „Ministern einer Ampelkoalition“auch Paroli bieten zu können. Er rät dann noch, „solche Realitäten zu akzeptieren“. Ein indirekter Ratschlag für Kanzlerkandidat Armin Laschet. In Wahrheit ist es eine Watsche.
Dass es nicht klappen würde mit weiteren Jamaika-beratungen, hatte sich tags zuvor schon abgezeichnet, nachdem die Union mit den Grünen zu Vorsondierungen zusammengekommen war. Wieder wurden Interna aus den Gesprächen durchgestochen, wie schon nach der Unionsrunde mit der FDP. Indiskretionen, die bei der CDU verortet wurden – und die auch in der Union Empörung auslösten. Worte wie „Sabotage“fielen, SchleswigHolsteins Bildungsministerin Karin Prien, Mitglied in Laschets Zukunftsteam, schrieb bei Twitter sogar von einer „charakterlos miesen Nummer“. Auch in der Union glaubt man, dass die Durchstechereien die Entscheidung für Ampel-sondierungen im Dreierformat und gegen Jamaika-gespräche beeinflusst haben. Wer dann noch bei der Pressekonferenz der Parteichefs von Union und Grünen genau hinhörte, dem wurde schnell klar: Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne. Es kristallisierten sich unüberwindbare Hindernisse heraus. Bei den Gesprächen lagen sie im Bereich der Zuwanderung, beim Thema der Vergemeinschaftung von Schulden in Europa, in der Drogenpolitik, in der Landwirtschaft. Offenbar bescheinigten sich beide Seiten zunächst, was nicht geht.
Nun sind die Würfel erst einmal gefallen– mit Tendenz zur Ampel. Während Laschet den Jamaika-strohhalm noch nicht ganz loslassen will, sind andere schon weiter. CDU-VIZE Julia Klöckner sieht die Union nun vor einem weitreichenden Umbruch. „Nach 16 Jahren Regierungsführung stehen wir vor einer Zäsur. So hart das ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen“, so Klöckner zu unserer Redaktion. FDP und Grüne hätten sich für einen anderen Weg entschieden. „Wir als Union haben die Aufgabe, uns inhaltlich und personell zu prüfen.“Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sieht seine Partei nur noch in der Rolle des „Beobachters“, wie er twittert. „Wir müssen jetzt zeigen, dass wir die Lektion vom 26.9. verstanden haben.“Andere Cdu-spitzenkräfte schweigen öffentlich noch. Es heißt aber, die Telefondrähte bei CDU und CSU würden in nächster Zeit heißlaufen.