Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Spahn warnt vor schwerer Grippewelle
Der Minister und das RKI rufen zur Grippeschutzimpfung auf. Die Impfquote der über 60-Jährigen sei zu gering. Dabei gibt es ein Hochdosis-vakzin für sie. Auch eine parallele Immunisierung gegen Corona und Influenza ist möglich.
BERLIN Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Chef des Robert-koch-instituts (RKI), Lothar Wieler, rufen die Bevölkerung auf, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Weil es im vergangenen Winter wegen der Corona-maßnahmen kaum Grippefälle gegeben habe, sei in diesem Jahr das Risiko einer gefährlichen Grippewelle umso größer, sagte Spahn am Mittwoch. Eine Influenza-impfung könne helfen, eine Überlastung des Gesundheitssystems im Winter zu vermeiden.
Wie schlimm wird die Grippewelle? „Das kann man nicht vorhersehen. Wir müssen aber verhindern, dass eine schwere Grippe- und Coronawelle zusammen auftreten“, sagte Wieler. Der RKI-CHEF bedauert, dass noch immer drei Millionen Bürger über 60 Jahre nicht gegen Corona geimpft sind: „Wenn diese infiziert werden, werden viele auf der Intensivstation landen und auch sterben“, warnte Wieler. Bislang sind erst 85 Prozent der über 60-Jährigen gegen Corona geimpft.
Wer sollte sich gegen Influenza impfen lassen? „Ich appelliere vor allem an Ältere, Schwangere und medizinisches Personal, sich impfen zu lassen“, sagte Spahn. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt dies für alle ab 60 und für Personen jeden Alters mit einer chronischen Erkrankung von Herz, Leber oder Niere, mit Diabetes oder mit Multipler Sklerose. Zudem sollten sich Personen impfen lassen, die mit Risikopatienten zusammen leben. Das Gleiche gilt für Bürger, die durch ihren Beruf ein erhöhtes Risiko tragen. Dazu zählt die Stiko medizinisches Personal und Mitarbeiter in Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr wie Ämtern, Schulen und Kitas.
Was ist mit Schwangeren? Die Stiko rät, dass sich Schwangere ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft immunisieren. Bei erhöhter Gefährdung wegen eines Grundleidens kann das auch früher erfolgen. Schwangere haben ein erhöhtes Risiko für schwere Influenza-verläufe. Da es sich um Totimpfstoffe handele, sei eine Impfung unbedenklich.
Gibt es genug Impfstoff?
Für diesen
Winter stehen 27 Millionen Dosen Grippe-impfstoff zur Verfügung, so Spahn. „Und zwar frühzeitig.“Im vergangenen Winter hatte es 22 Millionen Dosen gegeben, teilweise waren diese jedoch erst im Januar verfügbar, was auf Kritik gestoßen war. Es gebe genug für alle, für die eine Impfung empfohlen sei, so Spahn.
Was ist der Hochdosis-impfstoff für Ältere? Bei Älteren fällt die Immunantwort oft schwächer aus, die Impfung ist weniger wirksam. Daher haben Hersteller für sie nun ein Hochdosis-vakzin entwickelt. Es enthält die vierfache Antigen-menge. Die Stiko empfiehlt dessen Einsatz ab 60 Jahren. „Für Ältere sollte bevorzugt der Hochdosis-impfstoff eingesetzt werden“, betonte StikoChef Thomas Mertens. Der spezielle Impfstoff kann mehr lokale Nebenwirkungen verursachen wie Schmerz oder Schwellung. Daneben gibt es für Ältere auch adjuvantierte Impfstoffe, denen ein Wirkstoffverstärker zugesetzt ist. Obwohl die Gefahr eines schweren Verlaufs groß ist, lassen sich zu wenig Ältere gegen Grippe impfen, bedauert Mertens. Die Grippe-impfquote bei Älteren liege in Deutschland bei 30 bis 40 Prozent – das sei zu wenig.
Kann man sich gleichzeitig gegen Corona und Influenza impfen lassen? Das fragen sich viele, die zur Auffrischung ihrer Corona-impfung aufgerufen sind. Zunächst hatte die Stiko einen Abstand von 14 Tagen empfohlen. Inzwischen aber hält sie eine parallele Impfung für unbedenklich. „Jetzt wissen wir, wie verträglich Corona-impfstoffe sind“, sagte Mertens. Noch gibt es zwar keinen kombinierten GrippeCorona-impfstoff. Doch eine gleichzeitige Impfung in den linken und in den rechten Arm sei nun möglich. Patienten brauchen dann nur einen Termin beim Hausarzt.
Können Kinder geimpft werden? Ja. Die Stiko empfiehlt dies zwar nur für Kinder mit erhöhter Gefährdung, und das ab einem Alter von sechs Monaten. Aber: „Ob eine Impfung medizinisch angezeigt ist, entscheidet der Arzt individuell mit Blick auf den Gesundheitszustand des Kindes“, so die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein. Kinder erhalten in der Regel dieselbe Dosis wie Erwachsene. Neben dem klassischen Totimpfstoff gibt es für Kinder zwischen zwei und 17 Jahren auch einen Lebendimpfstoff, der als Nasenspray gegeben wird.
Wo kann man sich gegen Grippe impfen lassen? Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, aber auch in vielen Betrieben wird die Grippeschutzimpfung angeboten. Zudem gibt es Modellversuche mit Apotheken: Im Rheinland etwa können sich AOKVersicherte in über 500 Apotheken gegen die Grippe impfen lassen. Die Krankenkassen tragen die Kosten.