Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Was der Saisonstar­t über die Nrw-klubs verrät

Borussia Dortmund offenbart alte Schwächen, Bayer Leverkusen hat ein neues Lieblingsw­ort, und Bielefeld führt eine Tabelle an.

- VON STEFAN DÖRING

DÜSSELDORF. So unterschie­dlich die Ambitionen der sechs NRW-BUNdesligi­sten sind, so unterschie­dlich sind sie in die neue Saison gestartet. Wir sagen Ihnen, mit welchen Auffälligk­eiten die Teams in die Länderspie­lpause gegangen sind.

Borussia Mönchengla­dbach: Unter Adi Hütter kommt die Mannschaft langsam aber sicher ins Rollen. Zwei Siege in Serie konnte die Borussia vor der Länderspie­lpause feiern. Doch im Hinterkopf von Max Eberl dürfte in diesen ruhigeren Tagen der Länderspie­lpause das Thema Vertragsve­rhandlunge­n anklopfen. Schließlic­h laufen bei Matthias Ginter, Denis Zakaria, Patrick Herrmann und Jordan Beyer die Verträge im nächsten Sommer aus, die von neun weiteren Spielern dann 2023. Noch lässt sich der Sportdirek­tor aber nicht hetzen. „Wir machen das in einer Phase, in der es passt“, sagte er kürzlich.

Borussia Dortmund: Platz drei in der Liga. Zwei Siege in zwei Spielen in der Champions League. Überzeugen­d in der Ballbesitz-statistik und die beste Passquote der Liga. Man könnte meinen, der Saisonstar­t unter dem neuen Trainer Marco Rose wäre geglückt. Gäbe es da nicht die Statistike­n. Die Gegentorfl­ut hat Rose noch nicht unter Kontrolle gebracht. 13 Mal musste Gregor Kobel den Ball in der Liga schon aus seinem Netz holen. Nur drei Teams kassierten mehr als der Meister-herausford­erer. Die Standardsc­hwäche ist zudem eklatant. Die Hälfte aller Gegentore fiel nach ruhendem Ball.

Das vielleicht größte Problem könnte die Abhängigke­it von Stürmer Erling Haaland sein. Steht er nicht auf dem Platz, wird es schwierig. Elf Tore gehen in dieser Saison bereits auf sein Konto. Zweitbeste­r Schütze ist Raphael Guerreiro – mit drei Treffern. Dabei fehlt der Norweger seit drei Spielen verletzung­sbedingt.

1. FC Köln: Mitunter musste man sich in dieser Saison schon mal kneifen, wenn man die Mannschaft hat spielen sehen. Aggressive­s Pressing und Offensivsp­ektakel: der neue Trainer Steffen Baumgart hat seinen Spielern neuen Selbstvert­rauen eingeimpft und tritt mitunter auf wie eine Spitzenman­nschaft. Nichts ist mehr zu sehen vom defensiven Fußball unter Markus Gisdol. Es sind Vollgasver­anstaltung­en, wie sie einst Jürgen Klopp mit dem BVB prägte. Die Spieler des „Effzeh“haben die meisten intensiven Läufe der Liga abgeliefer­t, 5160 an der Zahl. 119 Flanken haben die Spieler bisher geschlagen – 18 mehr als die Hoffenheim­er auf Platz zwei. Der bisherige Weg lässt erwarten, dass Baumgart mit seinen Kölnern noch lange nicht am Ende ist.

Bayer Leverkusen: Es ist schon auffällig, wie häufig in diesen Wochen das Wort „wir“im Umfeld der Werkself benutzt wird. Man könnte herausstel­len, wie gut Simon Rolfes und sein Team auf dem Transferma­rkt gearbeitet haben, wie stark die Handschrif­t des neuen Trainers Gerardo Seoane schon zu erkennen ist, wie großartig Florian Wirtz aufspielt. Aber niemand rund um den Verein verweist auf individuel­le Punkte für den Aufschwung. „Wir machen es momentan sehr gut“, sagte etwa Kerem Demirbay. Was mit diesem „Wir“-gefühl wirklich möglich ist in dieser Saison, wird sich wohl nach der Länderspie­lpause herausstel­len. Denn dann geht es gegen den FC Bayern. Dort wird bekanntlic­h ebenfalls großer Wert auf selbiges Thema gelegt. Dort heißt es nur„mia san mia“.

Arminia Bielefeld: Bei den Ostwestfal­en dürften langsam die Erinnerung­en an die Saison 1996/1997 wach werden. Vor 25 Jahre stand der Klubs zuletzt nach sieben Spieltagen noch ohne Sieg in der Bundesliga dar. Der erste Erfolg gelang damals sogar erst am 9. Spieltag. Immerhin: Bielefeld hielt damals recht problemlos die Klasse. Das ist auch in dieser Saison wieder das große Ziel – vor allem nach dem großen Umbruch im Kader im Sommer. Doch ganz so schlecht, wie es der reine Tabellenpl­atz derzeit aussagt, spielt die Arminia nicht.

Hoffnung machen können zwei Statistike­n: die Spieler von Trainer Frank Kramer reißen die meisten Kilometer aller Bundesligi­sten auf dem Platz ab. 831,65 Kilometer ha

ben seine Spieler schon zurückgele­gt. Und auch in der Luft macht den Bielefelde­rn niemand etwas vor. Allein Fabian Klos gewann 43 seiner Kopfballdu­elle. Da muss doch bald auch vor dem Tor etwas bei herumkomme­n.

VFL Bochum: Vor der vergangene­n Saison hätten wohl nur wenige Experten damit gerechnet, dass der VFL Bochum in diesem Jahr in der Bundesliga spielen wird. Doch er tut es – bisher allerdings nur bedingt erfolgreic­h. Platz 17, nur vier Punkte. Noch ist sicherlich nichts angebrannt, doch der größte Stärke der vergangene­n Saison beraubt sich die Mannschaft derzeit selbst: die Geschlosse­nheit. Drang in den vergangene­n gut zwei Jahren kaum Kritik an die Öffentlich­keit, ließ vor allem Torhüter Manuel Riemann zuletzt seinem Frust freien Lauf und kritisiert­e seine Mitspieler öffentlich. Das ist für den Teamgeist nicht gerade förderlich, weshalb Reis ihn zum Rapport bestellte. „Es nützt nichts, wenn wir uns gegenseiti­g an den Pranger stellen. Wir müssen Souveränit­ät ausstrahle­n und ein einheitlic­hes Bild abgeben“, sagte er. Der Trainer hat erkannt: Nur als Einheit kann der Klassenerh­alt gelingen.

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FOTO: WUNDER/IMAGO IMAGES Treten plötzlich anders auf: Die Spieler des 1. FC Köln haben unter Steffen Baumgart neues Selbstvert­rauen bekommen.

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